Es war eine kuriose Diskussion am Montag im Gemeinderat. Dem Gremium lag der sogenannte Lärmaktionsplan vor. Das ist eine Verkehrslärmuntersuchung, die entsprechende Maßnahme vorschlägt. Sie sagt in Kürze: An der B34 ist es zu laut, deshalb Tempo 30. Nun, der Mehrheit, namentlich CDU und Freien Wählern, passte dies Ergebnis nicht. Deshalb wollten sie es gerne nach ihrem Gusto geändert haben. Laut ihrem Vorschlag sähe das Gutachten so aus: An der B34 ist es zwar zu laut, aber es bleibt bei Tempo 50. Das wiederum gefiel dem Gutachter nicht. Zwischenergebnis: Das Gutachten kann erstmal nicht in die vierwöchige Offenlage, also in die Bürgerbeteiligung. Deshalb geht der Gutachter jetzt nochmal über sein Werk und sucht das Ei des Kolumbus. Aber egal, ob er es findet oder nicht, der Lärmaktionsplan kommt wieder zurück in den Gemeinderat. Vielleicht geht‘s im zweiten Anlauf mit weniger Ideologie.

Lärmaktionsplan ist eine Pflichtaufgabe und keine Kann-Regel

Aber von vorne: Der Lärmaktionsplan entstammt einer EU-Richtlinie und ist eine Pflichtaufgabe einer Gemeinde. „Das mag man beklagten“, sagte Bürgermeister Guhl im Gemeinderat, „aber es ist halt geltendes Recht.“ Danach muss eine Kommune regelmäßig die Lärmbelastung seiner Bürger messen und gegebenenfalls entsprechende Maßnahme vorschlagen. Genau hier liegt der Hase im Pfeffer: Das Gutachten ermittelte über 1500 Menschen entlang der B34-Ortsdurchfahrt, die übermäßig vom Straßenlärm belastet sind. Gutachter Alexander Colloseus berechnete an der B34 eine dauerhafte Belastung von 70 Dezibel am Tag und 60 in der Nacht, was weit über den Grenzwerten für Neubauten liege. „Deshalb müssen wir uns darum kümmern“, sagte Colloseus. Von den verschiedenen lärmmindernden Maßnahmen, z. B. Schallschutzwänden entlang der Ortsdurchfahrt, Einbau von sogenanntem „Flüsterasphalts“ oder Warten auf die A98, komme für ihn als effektivste, schnellste und günstigste Maßnahme lediglich ein 30-Tempo-Limit entlang der B34 in Betracht.

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Damit lagen die Fakten auf dem Tisch. Die brachten in der üblichen Weise CDU-Fraktionssprecher Michael Maier in Wallung. Die Möglichkeit des Flüsterasphaltes sei bereits im vorigen Lärmaktionsplan (2009) vorgeschlagen worden. Dies hätte bei der B34-Straßensanierung 2017 umgesetzt werden können, so Maier. Stattdessen habe sich die zuständige Behörde mit fadenscheinigen Argumenten dagegen gewehrt. Jedenfalls werde die CDU dem Gutachten mit Tempo 30 entlang der B34 nicht zustimmen. Fred Thelen schloss sich dem Votum für die Freien Wählern an. Grüne und SPD sahen das in Teilen anders. Hier ist die Bereitschaft zu Temporeduzierung höher, zudem verwies Grünen-Stadtrat Rolf Joist auf die gesundheitlichen Folgen von anhaltendem Lärm.

Mehrheit lehnt Vorschlag ab, schlägt aber keine Alternative vor

Die Crux an der Sache: CDU und Freie Wähler wollen das Gutachten so nicht akzeptieren, andererseits können sie die Lärmbelastung von über 1500 Anwohnern nicht ignorieren. Bürgermeister und Gutachter machten deshalb klar: Die EU-Richtlinie sei keine Kann-Regel. Spätestens, wenn sich ein B34-Anwohner auf die Lärmwerte berufe, müsse die Stadt handeln. Laut Guhl will Gutachter Colloseus nun prüfen, ob Tempolimits für bestimmte Zeit-Korridore oder eine 40-Beschränkung ausreichende Effekte bringen können. Sicher ist jedenfalls: Das Themen kommt zurück. Die Stadt sei verpflichtet einen Lärmaktionsplan vorzulegen, so Guhl. Falls der Gemeinderat erneut ablehne, werde er als Bürgermeister dem Beschluss widersprechen müssen. Dann müsse die Rechtsaufsicht entscheiden.