Charlotte Fröse

Die Notwenigkeit einer Tagespflege-Einrichtung für Senioren in Görwihl ist seit einigen Jahren da, allerdings gibt es in den Reihen der Gemeinderäte und der Bevölkerung Vorbehalte für die Realisierung des Projekts. In der Sitzung des Gemeinderats am Montagabend wurde dennoch der Planungssauftrag vergeben und die Verwaltung bevollmächtigt, Verhandlungen zur Aufnahme des Betriebs mit dem potentiellen Partner Caritas aufzunehmen.

Kritische Stimmen aus dem Gemeinderat

Das Architekturbüro Schanz aus Hohentengen-Lienheim wurde mit der konkreten Planung der Tagespflege beauftragt. Die Grünen-Gemeinderäte Susanne Köstlin und Roland Mutter stimmten dagegen. Mutter argumentierte, dass sich die Gemeinde damit finanziell übernehme. Gemeinderätin Köstlin, die auch gegen die Aufnahme der Verhandlungen mit dem potentiellen Partner Caritas stimmte, wollte das Projekt nicht weiterverfolgen, wenn nicht klar sei, wo Einsparungen getätigt werden können.

Matthias Schauer (CDU) enthielt sich der Stimme. Er votierte für Einsparungen vor allem im Bereich des "Luxusdaches". Die Kostenschätzung beläuft sich derzeit, laut dem Architekten, Peter Schanz, auf rund zwei Millionen Euro. Mit 1,5 Millionen Euro hat die Gemeinde bisher gerechnet. Franz Eckert (CDU) plädierte dafür, wegen der Frage der finanziellen Problematik mit der Realisierung erst noch einmal zu warten. Fraktionskollege Peter Keck hielt dagegen. Er betonte, dass man bereits drei Jahre in Planung sei und es nun wichtig würde, eine grundsätzliche Entscheidung zu treffen. Wenn das Projekt noch einmal verschleppt werde, dann liefen die Baukosten weiter davon.

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Architekt Peter Schanz, der das Projekt in der Sitzung vorstellte, betonte, dass bei der Planung auf ein "wohnliches Haus" und nicht nur auf ein Funktionshaus wert gelegt wurde. "Die Senioren sollen sich wie zuhause fühlen und das Gebäude soll in die Landschaft passen", betonte er. Die Planung sieht ein für die Gegend typisches Krüppelwalmdach vor. Und genau das stieß nicht unbedingt auf Gegenliebe bei einigen Gemeinderäten, die das Dach zu aufwendig und zu teuer einstuften. Mit einem Flachdach ließe sich Geld sparen, rund 20 Prozent, erklärte der Architekt. Ein Flachdach sei nicht von Vorteil, argumentierte Herbert Nägele (Freie Wähler) dagegen, ein Satteldach sei langfristig gesehen günstiger, betonte er. Christian Denz (Freie Wähler) betonte: "Wir sollten uns nicht zu Tode sparen und für die Älteren nur etwas billiges hinstellen."

Positive Blicke aufs Projekt

Roland Lauber (Freie Wähler) stellte in der Sitzung die Frage: "Sind uns die Alten wichtig?" Wenn ja, dann solle das Projekt durchgezogen werden. Claudia Huber (Freie Wähler) sah das Projekt positiv. Die Kosten seien zwar gewaltig und es berge ein gewisses Risiko, sie sei sich aber sicher, dass die Tagespfleg ausgelastet sein werde sagte sie. Matthias Eschbach (CDU) sah ein geringes Risiko, da Mieteinnahmen zu erwarten wären. Neben der Caritas würden auch "Essen auf Rädern" und die Sozialstation im Haus unterkommen. Dadurch ergäben sich Synergieeffekte, betonte Eschbach.

Anträge auf eine Bezuschussung aus dem Ausgleichstock wurden bisher abgelehnt, erklärte Matthias Eschbach, der als Bürgermeisterstellvertreter Carsten Quednow vertrat. Die Gemeinde werde dennoch alles versuchen, um an öffentliche Gelder für das Projekt zu gelangen. Er betonte aber auch, dass die Gemeinde im Stande sei, das Projekt auch ohne Zuschüsse zu realisieren. Um das Projekt verwirklichen zu können, muss zunächst zwingend der Bebauungsplan im Planungsgebiet angepasste werden. Mit einem möglichen Baubeginn wird voraussichtlich erst im kommenden Jahr gerechnet.

Stimmen aus der Zuhörerschaft

In der Fragerunde vor der Gemeinderatssitzung brachten Bürger ihre Bedenken zur Realisierung des Tagepflege-Projekts zum Ausdruck. Bemängelt wurde, dass der Standort in Segeten nicht optimal sei, da es dort keine Infrastruktur wie beispielsweise Einkaufsmöglichkeiten gibt. Die Senioren würden "ans Ende der Welt abgeschoben", wurde argumentiert. Ein Standort direkt in Görwihl wurde favorisiert. Bemängelt wurde auch, dass zu wenige Pflegeplätze angedacht seien.

Beanstandet wurde zudem ein zu hoher Tagessatz. Auch die Kosten für das Projekt waren ein Thema. Angesprochen wurde ferner der hohe Schuldenstand der Gemeinde, der mit dem Projekt Tagespflege noch weiter steigen werde, da viele andere Projekte derzeit realisiert würden. Bürgermeisterstellvertreter Matthias Eschbach betonte, dass laut möglichem Betreiber der Standort Segeten strategisch gesehen am geeignetsten sei und dass aus Erfahrung, die Tagespflegepatienten nicht mehr in der Lage seien, selbständig mobil zu sein, um beispielsweise einzukaufen.

Zudem gäbe es direkt in Görwihl kein entsprechend großes Platzangebot. Auch der errechnete Bedarf von 18 Plätzen sei ausreichend, da er großzügig berechnet wurde. Zur Kostensituation betreffend Tagessatz sagte Eschbach, dass die Kostenfallkalkulation auf dem späteren Mietpreis beruhe, der könne aber noch nicht definitiv kalkuliert werden. Was die derzeit in Angriff genommenen übrigen Bauprojekte betrifft, betonte Eschbach, dass die Projekte notwendig seien und sie vor der Realisierung intensiv auf den Prüfstand gestellt wurden.

Projekt im Überblick

  • Die vorläufige Planung für das zweigeschossige Gebäude der Tagespflege sieht im Erdgeschoss die Tagespflege und die Räume für "Essen auf Rädern" vor. Im Obergeschoss sind Räume für die Sozialstation sowie Personal- und Sanitärräume für das Personal der Tagespflege vorgesehen. Die Tagespflege umfasst zwei Drittel des Platzangebots. Für 18 Bedarfsplätze, mit einem Platzangebot von rund 25 Quadratmetern pro Nutzer, ist die Tagespflege vorläufig ausgelegt. Die Anzahl der Bedarfsplätze könnte bei einer Verminderung der Quadratmeterzahl auf mindestens 28 bis 30 erhöht werden. 16 Quadratmeter pro zu pflegende Person gelten als optimal. Die geschätzten Kosten betragen rund zwei Millionen Euro. Die Gemeinde Görwihl hat einen Betrag von 1,5 Millionen Euro im Haushalt eigestellt. Derzeit sind noch keine Zuschussmittel bewilligt.
  • Die Tagespflege ist kein Wohnheim. Die Betreuungsform der teilstationären Tagespflege für Senioren ist ein Betreuungs- und Pflegeangebot für Menschen, die sich nicht (mehr) selber vollständig versorgen können. Die Senioren verbringen unter der Woche, entweder einzelne oder mehrere Tage, aber nur den Tag über in der Einrichtung. Die teilstationäre Pflege umfasst auch die Beförderung des Pflegebedürftigen von der Wohnung zur Einrichtung der Tagespflege und zurück. Die Tagespflege versteht sich als Bindeglied zwischen ambulanter und stationärer Pflege. (cha)