Angesagte Kleidungsstücke, modisch und zu Tiefstpreisen, nach wenigen Einsätzen einfach entsorgt: Das Angebot an Fastfashion – also übersetzt „schneller Mode“ in Anlehnung an Fastfood – ist von Experten und Politik längst als problematisch erkannt worden. Immer lauter wird der Ruf nach mehr Nachhaltigkeit.
Mode aus dem Secondhand-Laden
Der Trend zu Secondhand, also Bekleidung aus zweiter Hand, ist auch in der Region seit einigen Jahren verstärkt spürbar. Zahlreiche Secondhandläden gibt es mittlerweile.
Tanja Schnurr-Leber hat seit knapp einem Jahr den Erwachsenen-Secondhand-Laden „Deine Kleiderei“ in der Tiengener Weihergasse 25 übernommen.

Secondhand-Mode war für sie immer schon ein großes Thema. „Ich gebe meine aussortierten Sachen bereits seit Jahren in einen Secondhand-Laden“, sagt sie.
Auch für ihre Kinder hat sie oft Gebrauchtes gekauft. „Ich habe ihnen schon damals versucht zu erklären, dass gebrauchte Kleidung nichts Schlechtes ist und sogar etwas Gutes. Denn vor allem der Nachhaltigkeits-Faktor war es auch, weshalb ich mich entschieden habe, den Laden zu übernehmen.“
Auch eine stetige Zunahme an Kunden verzeichnet Tanja Schnurr-Leber. „Ich freue mich besonders, wenn Jugendliche zu mir kommen. Sie können hier stöbern, Sachen anprobieren und für kleines Geld Neues kaufen.“
Auch einen extra Teenie-Ständer hat sie eingerichtet. „Hier gibt es bereits Sachen für einen Euro.“ Aber nicht nur der Geldbeutel sei für Jugendliche ein Aspekt, sondern das Thema Nachhaltigkeit. Auch Männer kommen übrigens immer öfter zu Tanja Schnurr-Leber.
Accessoires sind immer beliebt
In ihrem Geschäft bietet sie neben Kleidern, Blusen, Schuhen und Herrensachen, auch Umstandsmode, große Größen, Festtagsmode und Schmuck an. „Vor allem in der Sommersaison laufen Kleider und Oberteile. Accessoires gehen eigentlich immer“, sagt sie.
Das eigene Hochzeitskleid: „Ich möchte ein Gebrauchtes“
Tanja Schnurr-Leber wird im September heiraten. Um ein passenden Kleid zu finden, wird sie extra nach Konstanz fahren. „Denn auch mein Brautkleid möchte ich gerne im Secondhand-Laden kaufen“, steht für sie fest.
Der eigene Kleiderschrank – Tipps zum Ausmisten
Schnurr-Leber versucht, mindestens ein Mal im Jahr ihren eigenen Kleiderschrank zu sortieren und Sachen, die sie nicht mehr anzieht, auszumisten. „Meistens mache ich das vor meinem Urlaub“, verrät sie. Doch nicht allen fällt es leicht, sich von seinen Kleidern zu trennen. „Aber wer Sachen länger als ein Jahr nicht anzieht, sollte sie aussortieren“, rät die Geschäftsfrau. „Es gibt auch die Regel, wer ein neues Teil kauft, soll ein Teil aussortieren.“
Der häufigste Grund, weshalb Kleidung nach kurzer Zeit wieder wegegeben oder gar weggeworfen wird, sind neben schlechter Qualität auch Fehleinkäufe. Die Sachen gefallen nicht mehr, gehen aus der Mode oder man stellt zuhause fest, sie passen oder stehen einem nicht. Doch weggeworfen werden müssen diese Sachen darum nicht.
Den eigenen Stil kennen
Monika Tecklenburg ist Stilberaterin in Rheinfelden und bestätigt: „Die meisten Menschen richten sich beim Shoppen nach der Mode, ohne ihren eigenen Stil zu kennen. Sie kaufen zum Beispiel eine Trendfarbe, die ihnen gar nicht steht und haben dann nicht lange Freude daran.“ Um beim Shoppen nicht nur die Umwelt, sondern auch das eigene Portemonnaie zu schonen, gibt Tecklenburg folgende Tipps:
5 Tipps für einen nachhaltigeren Kleiderschrank
- 1. Den eigenen Typ kennen
Es hilft beim Shoppen ungemein, schon vorher zu wissen, was einem steht und was nicht. Laut Tecklenburg gibt es sechs Grundtypen: Den sportlichen, den natürlichen, den romantischen, den klassischen, den zarten und den dramatischen Typus. Diese spiegeln Eigenschaften wider, die angeboren sind, wie etwa die Körperproportionen. Monika Tecklenburg: „Stellen Sie sich vor, ein sportlicher und eher robustere Typ, wie Steffi Graf, würde ein Rüschenkleid mit Blümchenmuster anziehen. Das würde einfach nicht passen.“
Wie kann man aber seinen eigenen Typ variieren oder verändern?
Dazu arbeite man über die Materialien, erklärt die Stilberaterin. Ist man von Natur also eher der sportliche Typ, möchte aber auch mal feminin auftreten, können Stoffe wie Seide oder Chiffon helfen. Die sechs Typen unterscheiden sich dann wiederum in warmtönig und kalttönig. Man sollte vorher also überprüfen: Stehen mir eher warme Farben (orange, gelb, rot, Erdtöne) oder kalte Farben (blau, lila, weiß)?
- 2. Geschickt Kombinieren und mit Accessoires und Frisuren spielen
Anstatt massenhaft einzukaufen, kann man aus einem Kleidungsstück bis zu acht verschiedene Outfits zaubern, indem man es mit unterschiedlichen Frisuren, Accessoires und Schuhe kombiniert.
Ein Kleid kann man zum Beispiel im Büro mit einem Blazer tragen, um den Business-Look zu kreieren. Im Alltag kann man das selbe Kleid mit einem verspielten Gürtel aufpeppen.

- 3. Basisfarben und Modefarben
Wenn man unbedingt mit der Mode mitgehen möchte, empfiehlt Monika Tecklenburg, die Kleidungsstücke in Basisfarben zu kaufen und die Accessoires in den Trendfarben. So kann man das Teil länger behalten und muss in der nächsten Saison nur die Extras austauschen.
- 4. Auf Qualität achten
Monika Tecklenburg rät Kleidung zu kaufen, die in Europa hergestellt wurde und auf Naturmaterialien wie Wolle und Leinen zu setzen. Diese seien zwar teurer, hielten dafür aber länger und seien daher auf längerer Sicht günstiger. „Wenn man weiß, welcher Typ man ist, braucht man nicht mehr viele Teile,“ so die Modeexpertin. Man kaufe weniger und kombiniere mehr. Dadurch könne man das gleiche Geld in wenige, hochwertige Stücke anstatt in viele, qualitativ schlechte investieren.
- 5. Statt wegzugeben: Schnitt ändern lassen
Abschließend hat die Modeberaterin aus Rheinfelden noch einen letzten Tipp für mehr Nachhaltigkeit: „Wenn das Lieblingsteil mit der Zeit langweilig wird, kann man den Schnitt bei einer Schneiderin leicht abändern lassen.“ Dadurch wirke das Kleidungsstück wie neu, ohne dass man wirklich neu einkaufen musste.
Secondhand auch für Kinder
Was für Erwachsene gilt, ist für Kinder, die im Wachstum eine Kleidergröße nach der anderen hinter sich lassen, keine Option. Hochwertige Kinderkleidung ist teuer, deshalb ist Secondhand-Mode für Eltern besonders interessant.
Kerstin Sprick hat vor fast 20 Jahren in der Waldshuter Rheinstraße den ersten Kinder-Secondhand-Landen Calimero in Waldshut-Tiengen ins Leben gerufen. „Ich bin immer schon gerne auf Flohmärkten unterwegs gewesen und habe Kleidung auch damals schon ab und an Secondhand gekauft. Gerade Kleidung für die Kleinsten ist ja oft noch in einem fast tadellosen Zustand und viel zu schade, sie wegzuschmeißen.“

Die Idee für den Secondhand-Laden sei ihr damals spontan gekommen. „Dann habe ich das frei stehende Geschäft in der Rheinstraße gesehen und einfach bei den Besitzerinnen geklingelt“, sagt die gelernte Fotografin.
Von Anfang an sei der Laden gut gelaufen. „Die Nachfrage war da.“ Das Angebot habe Kerstin Sprick dann nach und nach ausgebaut. „Bis Corona kam, das war eine schwere Zeit für mich. Aber mittlerweile hat sich das wieder geändert und der Laden läuft.“ So hat sie sich im April dieses Jahres sogar vergrößert und ist in die Wallstraße 42 in Waldshut gezogen.
Kinderschuhe sind beliebt
Besonders beliebt seien vor allem Kinderschuhe. „Gerad beim Bobby-Car fahren werden Schuhe schnell in Mitleidenschaft gezogen, weshalb Eltern gerne gute, gebrauchte Schuhe kaufen“, weiß die Geschäftsfrau.

Auch immer mehr Jugendliche kämen zu Kerstin Sprick in den Laden. Woran das liegt? Kerstin Sprick vermutet: „Zum einen bestimmt am Geld. Aber auch das Thema Nachhaltigkeit wird bei den Jugendlichen immer wichtiger.“
So wie bei Lehrerin Lena Künze. Seit gut neun Jahren ist sie Kundin bei Kerstin Sprick. „Ich war damals noch schwanger und habe schon die ersten Sachen für mein Kind hier gekauft. Mir geht es dabei vor allem um Nachhaltigkeit. Außerdem sind die Sachen in einem guten Zustand und auch der Laden ist wunderschön.“

Generell würden Eltern, vor allem Mamas, aus allen Schichten bei ihr einkaufen. Kleidung, die Kerstin Sprick nicht verkaufen kann, spendet sie caritativen Einrichtungen. Und die Hälfte des Verkaufspreises bekommen die Kunden.