Mit diesem Urteil dürfte ein 31-jähriger Angeklagter nicht zufrieden sein. Wegen eines tätlichen Angriffs auf und Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte hat ihn das Amtsgericht Waldshut-Tiengen jetzt zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu 50 Euro verurteilt. Richterin Lea Uttner folgte damit vollumfänglich dem Plädoyer von Amtsanwältin Schmid von der Staatsanwaltschaft. Verteidiger Andreas Hapig wollte es bei einer Verwarnung unter Strafvorbehalt für seinen Mandanten bewenden lassen. Mit diesem Urteil wäre sein Mandat vorbestraft.
Angeklagter: „Das war nicht gut; die Flucht war Mist“
Dass sich sein Mandant nicht korrekt verhalten hat, als er eines Abends im Januar direkt vor seinem Haus von einer Polizeistreife kontrolliert wurde, war auch dem Strafverteidiger klar.
Und auch der Angeklagte räumte in seinem „letzten Wort“ ein, nicht richtig gehandelt zu haben: „Das war nicht gut; die Flucht war Mist.“ Wie schon mehrmals zuvor an den zwei Verhandlungstagen aber betonte er, weder den einen Polizeibeamten so sehr gestoßen zu haben, dass dieser auf die Motorhaube des Streifenwagens knallte, noch sich aus dem Griff einer Polizeibeamtin befreit zu haben, als diese seine Flucht stoppen wollte. Die Amtsanwältin und die Richterin aber schenkten der Darstellung der jungen Polizistin Glauben, Rechtsanwalt Hapig meldete da erhebliche Zweifel an.
Warten auf die Aussage der Polizistin
Der zweite Verhandlungstag war notwendig geworden, weil die Polizistin die Ladung zum ersten Termin erst einen Tag zuvor erreicht hatte und so kurzfristig nicht anreisen konnte. Arg viel Licht ins Dunkel aber vermochte die Polizistin in Ausbildung nicht bringen. „Weiß ich nicht mehr“, war ihre Standardantwort im Zeugenstand.
Eins ist sicher: Auch Alkohol war im Spiel
Einiges aber darf als gesichert angesehen werden. Der Angeklagte hatte im Laufe jenes Tages im Januar Alkohol genossen. Er gab an, in den Nachmittagsstunden bei einem Freund gewesen zu sein. Stunden später in dunkler Nacht wurde der Angeklagte mit seinem E-Scooter direkt vor seiner Wohnungstüre von der Polizeistreife angehalten. Dabei hatten beide Polizisten bei ihm Atemalkohol festgestellt, weshalb ihm einer der Beamten einen Atemalkoholtest anbot, den dieser ebenso ablehnte wie die Aufforderung der Beamten, mit ihnen zur Blutabnahme ins Krankenhaus zu fahren. Stattdessen warf der Mann seinen E-Scooter auf den Boden und ergriff die Flucht. So zumindest seine Darstellung.
Der Polizist wurde mutmaßlich vom E-Scooter getroffen
Der Polizeibeamte gab an, vom E-Scooter getroffen worden zu sein und einen Schubser gespürt zu haben, der ihn schließlich auf die Motorhaube des Streifenwagens geworfen habe. Deshalb habe er die Verfolgung nur zeitversetzt aufnehmen können. Seine sichernde Kollegin sei schneller gewesen. Sie habe den Flüchtenden am Arm gepackt, doch habe sich der Angeklagte mit einer Drehbewegung befreien können. Die Polizistin konnte aber weder bestätigen noch bestreiten, dass der Angeklagte ihren Kollegen geschubst habe. Sie sei so sehr überrascht gewesen, dass ihr Blick nur auf den am Boden liegenden E-Scooter gerichtet gewesen sei. Sie selbst sei von dem Fahrzeug nicht getroffen worden.
Haftstrafe wird in Geldstrafe umgewandelt
„Ich habe keinen Zweifel, dass die Polizisten die Wahrheit gesagt haben; dass sie sich in Kleinigkeiten unterscheiden, zeige nur, dass sie sich nicht abgesprochen haben“, meinte Amtsanwältin Schmid in ihrem Plädoyer. Der Straftatbestand sei eigens zum Schutz von Polizeibeamten eingeführt worden. Für einen tätlichen Angriff auf Vollstreckungsbeamte sehe das Gesetz eine Mindeststrafe von drei Monaten vor. Da komme sie nicht darunter, meinte später auch Richterin Lea Uttner in ihrer Urteilsbegründung. Sowohl zunächst im Strafbefehl, als auch im Plädoyer der Staatsanwaltschaft und schließlich im Urteil wurde die Strafe in eine Geldstrafe umgewandelt.
Dem Verteidiger ist das zu hart geurteilt
„Das Verhalten meines Mandanten war nicht in Ordnung; aber nicht strafwürdig und schon gar nicht mit 120 Tagessätzen“, meinte hingegen Anwalt Hapig.
Der Angeklagte fürchtet Auswirkungen auf sein Berufs- und Privatleben. Er arbeitet als Berufsfeuerwehrmann in der Schweiz, hat eine Waffenbesitzkarte und einen Flugschein.