Alle Dorf- und Kleinstadt-Vegetarier kennen diese Situation: Man möchte sich etwas gönnen, auswärts essen gehen. Auf der Suche nach einem Restaurant klappert man die ganze Straße ab und immer wiederholt sich die gleiche Szene: Vegetarische Optionen Fehlanzeige – auf dem Menü nur Salate, wenn man Glück hat, ein einziges vegetarisches Gericht – nach komplett veganen Optionen sucht man hier vergeblich.
Doch ein genauer Blick zeigt: Auch auf dem Land gibt es inzwischen einige Optionen. Mediterrane Antipasti, vegane Burger oder ein vegetarisches Frühstück – und das nicht in einem hippen Berliner Viertel, sondern direkt im Landkreis Waldshut.
Burger ohne Fleisch
Bei Black Forest Burger in Waldshut gibt es „streng genommen mehr vegetarische Gerichte als Fleischgerichte“, sagt Mitinhaber Julian Puth. Neben verschiedenen Bowls und den klassischen Ofenkartoffeln kann man hier alle Burger vegetarisch und viele sogar vegan bestellen. Statt Fleisch liegen dann hausgemachte Patties aus Buchweizen, Kichererbsen, Kidneybohnen und Rote Bete zwischen den Brötchenhälften. Auch die Salatbowls sind eine Alternative. Das Gemüse, wie Blumenkohl und Fenchel, wird vor Ort selbst fermentiert und gegart.
Das Konzept eines veganen Burgers mag für einige widersprüchlich klingen. Überraschend dürfte es auch sein, dass sich die Inhaber für den Standort in Waldshut und nicht etwa in einer Großstadt entschieden. „Meine Frau ist schuld“, meint Puth und grinst. Er habe sie kennengelernt und schlussendlich auch seinen Geschäftspartner Fabian Sihler von der Idee und der Region überzeugen können.


Chia Pudding und Avocado-Toast
Bei Elife Kizilhan war das anders. Sie kommt aus Tiengen, wollte ihr Lokal unbedingt dort eröffnen. Weil sie selbst eine „leidenschaftliche Frühstückerin“ und Vegetarierin sei, habe sie das Angebot im IKII schon bald über Kaffee und Kuchen ausgeweitet. Jetzt kann man dort vegetarisch frühstücken – und das den ganzen Tag. Das Angebot reicht von Bowls, über Chia-Pudding bis hin zu veganen Milchalternativen. Nur ein Gericht mit Fisch steht auf der Karte. Für Veganer kann man hier auf Wunsch veganen Käse vorbestellen, auch der Dip-Mix sei komplett vegan.

Mediterran geht auch vegan
Sich eigentlich fleischhaltige Gerichte vegan zusammenstellen, das geht auch bei Şirin‘s in Bad Säckingen. Auf dem Wochenmarkt verkaufen die Eltern von Mesut Şirin schon seit 1998 Antipasti, 2017 entstand dann die Idee eines zugehörigen Restaurants. Hier stehen vor allem mediterrane Speisen aus Italien, Griechenland und der Türkei auf der Karte. Die Antipasti, die auch im Restaurant angeboten werden, seien ohnehin vegetarisch und in einigen Fällen vegan, erklärt Şirin. „Eigentlich sind die eher als Vorspeise gedacht, aber wenn man das ein bisschen erweitert, ist das auch ein gutes Hauptgericht.“ Darüber hinaus gibt es einen Halloumi- und einen Falafel-Burger, eine mediterrane Pasta und einige Salate. Auch andere Gerichte könne man anpassen: Wenn jemand das Risotto in vegetarisch haben wolle, ohne Garnelen und Lachs, dann könne man das mit Gemüse anreichern.

Vielfältig und nährstoffreich muss es sein
„Es darf halt nicht langweilig werden, ein bisschen Reis mit Gemüse bekommt jeder hin“, sagt Şirin. „Wenn man sich Mühe gibt und sich Gedanken macht, dann schmeckt es auch besonders gut.“ Auch Puth und Kızılhan kennen die Herausforderungen, vor denen vegetarische und vegane Gäste häufig stehen. Beide betonen, dass das Angebot, so vielfältig sein müsse, dass die Gäste dreimal die Woche kommen könnten, ohne sich zu langweilen.
Puth stellt außerdem fest, dass Vegetarier und Veganer viel Wert auf Regionalität, Nachhaltigkeit und eine ganzheitliche Ernährung legen. Von Gewürzgurken bis zu den 47 Soßen sei alles hausgemacht. „Fermentieren ist für uns ein mega spannendes Thema.“ Die Salatbowls seien zudem reich an Proteinen, Vitaminen und Kohlenhydraten.
Auch Mesut Şirin achtet bei seinen Gerichten auf die Nährstoffe: „Die Leute müssen gesättigt sein. Nicht nur mit Kohlenhydraten, auch eine Eiweißalternative muss dabei sein.“ Für geschmackliche Vielfalt füge er gerne Kokosmilch und Gewürze hinzu. „Was uns schmeckt, kommt in der Regel auch bei den Gästen an“, sagt er.
Der eigene Geschmack, vor allem aber die eigene Überzeugung spielt auch bei Elife Kızılhan eine große Rolle: „Die Grundidee ist, dass wir nichts verkaufen, was uns nicht überzeugt und was wir selbst nicht essen. Das Gemüse und Obst genau wie die Brötchen kaufen wir immer regional.“, erklärt Kızılhan. Inspiration hole sie aus ihrer Kindheit, vom Team- und aus Kundenwünschen.
Quer durch alle Generationen
Bevor das IKII eröffnete, gab es Zweifel, dass ein vegetarisches Konzept in einer ländlichen Region Kundschaft finden würde, erinnert sich Elife Kızılhan. Tiengen hätte das Publikum nicht, habe es geheißen. Es gab schon mal Herren, die reinkamen und Wurst wollten“, erzählt sie. Das Konzept zu verändern, sei jedoch nie nötig gewesen: „Nach nur sechs Monaten mussten wir unsere Räumlichkeiten erweitern.“ Die Nachfrage sei hoch und die Gäste zufrieden.
Auch Şirin und Puth erleben viel Zuspruch. Über soziale Medien und Plattformen wie Google Maps spreche sich das Angebot herum. Die Zielgruppe sei entgegen Klischees nicht nur jung. „Das ist querbeet über alle Altersgruppen hinweg“, meint Şirin.
Puth sieht darin einen Vorteil der Region: „Zu uns kommen alle. Von Schülern bis Omas. Das ist das Schöne – und in der Stadt wäre das, glaube ich, nicht so gewesen.“