Thomas Loisl Mink

Lörrach (tm) Der Prozess gegen einen ehemaligen Mitarbeiter eines Kreditinstituts, dem Untreue zu Lasten seines früheren Arbeitgebers und zweier Kreditkunden zur Last gelegt wird, zieht sich in die Länge. Am Montag stellte der Angeklagte zahllose Beweisanträge. Unterdessen schilderte ein Kriminalpolizist, wie die Sache aus Sicht der Ermittler abgelaufen ist.

Eine im November 2015 gestellte Strafanzeige des Kreditinstituts löste die polizeilichen Ermittlungen aus, so der Beamte. Eine Kollegin des Angeklagten hatte Unregelmäßigkeiten bei einem von ihm betreuten Kreditvertrag entdeckt, die Akte war gar nicht mehr vorhanden. Bei Nachforschungen fand man ähnliche Unregelmäßigkeiten bei einem weiteren Kreditvertrag. Die Innenrevision des Kreditinstituts stellte zudem fest, dass die finanzielle Situation des Angeklagten desolat war. „Es wurde ein ausgeprägtes Konsumverhalten gepflegt, die Einnahmen entsprachen nicht den Ausgaben“, sagte der Kriminalpolizist. Er habe den Angeklagten und seine Ehefrau zweimal zur Vernehmung einbestellt, sie seien nicht erschienen. Ermittlungen liefen auch gegen die beiden Kunden. Zum einen wusste man nicht, ob diese in den Betrug eingebunden waren, zum anderen hatte der Angeklagte Anzeige wegen Verleumdung gegen die beiden Kunden erstattet. Einer der Kunden erzählte in einer Polizeivernehmung, er sei vom Angeklagten auf 15 000 Euro unbezahlte Zinsen angesprochen worden. In der Folge sei der Angeklagte zu ihm nach Hause gekommen und habe gesagt, das mit den Zinsen lasse sich regeln. Er selbst brauche aber auch 15 000 Euro und fragte den Kunden, ob er ihm diese leihen könne, er werde das Geld dann in Raten auf dessen Kreditvertrag zurückzahlen. In der Folge habe der Angeklagte mehrere 1000 Euro Bargeld vom Kunden bekommen. Der Angeklagte habe die Barauszahlung gegenüber der Kassenmitarbeiterin des Kreditinstituts genehmigt, immer dann, wenn für die notwendige zweite Unterschrift nur eine Kollegin anwesend war, die den Vorgang nicht kannte. In ähnlicher Weise sei das mehrmals abgelaufen, insgesamt habe der Angeklagte so 33 500 Euro in bar von dem Kunden erhalten. Wie sich herausstellte, gab es im gleichen Zeitraum Bareinzahlungen auf Konten der Familienmitglieder des Angeklagten. Anfangs entsprachen sie dem, was er von dem Kunden bekommen hatte, später seien die Beträge gestückelt und zeitlich versetzt auf verschiedene Konten einbezahlt worden. Die Gesamtsumme entspreche aber etwa dem, was der Angeklagte erhalten habe. Gleichzeitig habe eine Umschuldung des Kredits des Kunden stattgefunden. Nach dem selben Schema sei es bei dem zweiten Kunden abgelaufen, hier habe der Angeklagte insgesamt rund 60 000 Euro erhalten. Dem ersten Kunden soll der Angeklagte auch eine Lösungsbewilligung überreicht haben, mit der er die Kreditsicherung im Grundbuch hätte löschen können. Diese sei vom Angeklagten unterschrieben gewesen und von einer Person, die es beim Kreditinstitut nicht gibt. Dem Angeklagten wird vorgeworfen, dieses Dokument gefälscht zu haben. Der Leiter des Kreditmanagements der Bank stellte als Zeuge die intern ermittelten Vorgänge ähnlich dar. Er erzählte von einer E-Mail, die der Angeklagte vorgelegte, als er sich im Oktober 2015 gegen seine Kündigung wehrte. In der Mail wird der Angeklagte beleidigt und der Freude Ausdruck verliehen, dass man ihn los werde. Die Mail trägt als Absender einen Freemail-Account, der auf die nicht ganz korrekte Funktionsbezeichnung und den Namen des Zeugen lautete. Der Zeuge sagte: „Diese Mail ist nicht von mir, und der Account gehört mir definitiv nicht.“

Der Angeklagte, der sich zu den Vorwürfen nicht äußert, aber allen Zeugen ausführliche Nachfragen stellt, lässt immer wieder durchblicken, dass er sich für unschuldig und für das Opfer einer Verschwörung im Kreditinstitut hält. Er selbst, nicht sein Verteidiger, stellte am dritten Verhandlungstag einige Beweisanträge, nachdem zuvor sein Befangenheitsantrag gegen das Gericht – der zweite – abgelehnt worden war. Er möchte unter anderem von Zeugen hören, wie die Geldübergabe abgelaufen sein soll und wie die interne Organisation des Kreditinstituts aussehe. Der Prozess wird Mitte März fortgesetzt.