Murg Die Gemeinde Murg wird als einzige Modellgemeinde in Deutschland am EU-Projekt „Ageing in Place – Lebenswert Wohnen im Alter“ teilnehmen. Ziel dieses Pilotprojekts ist die Entwicklung eines Gesamtkonzepts für die Wohnform „Wohnen mit Service“ für ältere Menschen im ehemaligen Volksbankgebäude/Gasthaus Hirschen in Murg. Mit der Erarbeitung des Gesamtkonzepts wird ein Freiburger Fachbüro beauftragt. Der Verein SPES, ebenfalls aus Freiburg, begleitet den Prozess zusätzlich.

Wer am Montagabend zu Beginn der Gemeinderatssitzung die prall gefüllten Zuhörerreihen im Ratssaal sah, fand bestätigt, was Ingrid Engelhart, Vorsitzende des Vereins Studiengesellschaft für Projekte zur Erneuerung der Strukturen (SPES), wenig später in ihrer Präsentation immer wieder in Erinnerung rief: Sowohl der Bedarf, aber auch das Interesse am Thema Wohnen im Alter, würden zunehmen: „Knapp 90 Prozent der älteren Menschen wollen so lange wie möglich in ihrer vertrauten Umgebung bleiben“, so Engelhart. Dazu brauche es neue Wohnformen als Zwischenstufe: „Es muss nicht gleich das Pflegeheim sein.“ Für die Gemeinde Murg wird es die Wohnform „Wohnen mit Service“ sein, die zur Realisierung kommen soll.

  • Die Bedeutung von Wohnen mit Service: Anders als im betreuten Wohnen gibt es kein festes Angebot an Grundleistungen. Falls erforderlich, können Betreuungsleistungen hinzugebucht werden. Die Wohnungen sind seniorengerecht und es gibt halböffentliche Begegnungsräume, die auch von Außenstehenden benutzt werden können. Die Begegnungs-/Betreuungsangebote werden ehrenamtlich erbracht.
  • Der nächste Schritt: Zunächst sind Gebäude und Möglichkeiten genau zu untersuchen. Die Ergebnisse fließen dann ein in ein Gesamtkonzept ein, das sowohl Gebäude, Finanzen, Trägerschaft und Begegnung umfasst. Ausführende Firma ist das Fachbüro Sutter³ aus Freiburg. Das Gesamtkonzept wird im zweiten/dritten Quartal erwartet und klärt auch die Frage, ob das Gebäude tatsächlich geeignet ist. Erst dann entscheidet der Gemeinderat definitiv, ob das Gesamtkonzept umgesetzt wird. Der Verein SPES wird parallel eine Befragung nach Bedarf und Wünschen bei über 40-Jährigen durchführen und Nachbarschaftsbesuche bei über 70-Jährigen machen.
  • Kosten für die Gemeinde: Die Kosten für das Gesamtkonzept betragen 22.000 Euro. Die weiteren Kosten für die Gemeinde im Verlaufe des Pilotprozesses sind überschaubar. Da Fördergelder fließen, verbleiben von den Gesamtkosten von über 51.940 Euro für die Prozessbegleitung durch SPES nur 8200 Euro bei der Gemeinde. Hinzu kommen 4000 Euro für Sachmittel. Sollte sich im weiteren Verlauf herausstellen, dass das Projekt nicht realisierbar ist, kommt nur der bis dahin geleistete Aufwand zur Abrechnung.
  • Reaktionen des Gemeinderats: Der Gemeinderat stimmte der Teilnahme an dem EU-Projekt mehrheitlich zu und begrüßte es als zukunftsorientiert und als Daseinsvorsorge. Als große Chance wurde auch begriffen, dass es dank dieses Projekts für das denkmalgeschützte und im Eigentum der Gemeinde befindliche Gebäude Volksbank/Hirschen eine gute Lösung geben würde, ohne in die Gemeindekasse greifen zu müssen. Bürgermeister Adrian Schmidle antwortete auf die Feststellung von Herbert Steinmeier (SPD), dass die Realisierung ein Millionenprojekt sei: „Es wird eine Genossenschaft gegründet und über Anteile finanziert.“ Eventuell gebe es auch Investoren. Einzig Rätin Edith Becker (Freie Wähler) stimmte dagegen. „Supertoll“, so Becker zum Projekt als solchem, meinte aber auch mit Blick auf den Sanierungsbedarf in den Schulen: „Wir schieben und schieben und holen uns das nächste Projekt.