Der Gemeinderat Rickenbach lehnt die vom Regionalverband Hochrhein-Bodensee vorgeschlagene Ausweisung zweier Vorranggebiete für Freiflächen-Photovoltaik ab. Es handelt sich um die Gebiete Hinterer Heuberg mit einer Fläche von rund 14,5 Hektar bei Hütten und Unter dem Dorf mit einer Fläche von 5,5 Hektar bei Bergalingen. Der Gemeinderat beschloss am Dienstag, dem Verband stattdessen eine Ausweichfläche bei Hottingen anzubieten.
Bürgermeister Zäpernick lehnt die vorgeschlagenen Vorranggebiete ab
Bereits die erste Wortmeldung von Bürgermeister Dietmar Zäpernick gab die Marschrichtung in der Diskussion vor. Es handele sich hierbei um gutes Ackerland, erklärte Zäpernick. „Es täte mir weh, wenn dieses gute Ackerland durch Freiland-Photovoltaik der Landwirtschaft entzogen würde. Vielleicht gibt es weniger gute landwirtschaftliche Flächen, die an der Stelle besten Ackerlandes ebenso geeignet sind.“ Gemeinderat Bernd Jägle (CDU) sagte: „Die Auswahl der Flächen hat mich sehr irritiert. Es gibt Flächen, die besser geeignet wären, da sie nicht nahe an einem Dorfrand und außerhalb eines Wasserschutzgebietes liegen.“
Bernhard Schleicher legt dar, welche Folgen eine Ausweisung für ihn hätte
Auf Antrag von Gemeinderat Peter Kermisch (WiR) legte Landwirt Bernhard Schleicher die Folgen des Vorranggebietes Vorderer Heuberg für seinen Hof dar: „Ich habe Jahre dafür gekämpft, dass mein landwirtschaftlicher Betrieb wieder aufgerichtet wird, nun sollen PV-Anlagen kommen, dafür habe ich nicht gekämpft. Durch die Fläche verlöre ich Weideland für vier Rinder, dies würde meine Existenz infrage stellen.“
Es geht nur darum, die Flächen für diesen Zweck zu sichern, sagt der Regionalverband
Sebastian Wilske, Verbandsdirektor des Regionalverbandes, erläuterte den Sinn der Ausweisung der Vorranggebiete: „Es geht hier lediglich darum, den Vorrang der Nutzung durch Photovoltaik vor einer anderen Nutzung zu garantieren.“ Die Gemeinde habe die Freiheit, dann einen Bebauungsplan aufzustellen und könne grundsätzlich auf anderen Flächen einen Photovoltaik-Park errichten.
Bei der Nähe zu Siedlungen entscheide die Gemeinde in der Bauleitplanung über die Abstände zu bebauten Flächen, sagte Wilske. Jedoch sei der Bau von Freiflächen-Photovoltaikanlagen auch in Wasserschutzgebieten möglich. Allerdings, so Wilske weiter, könne eine geplante Gesetzesänderung die kommunale Bauleitplanung zukünftig ausschließen und auf die Landesebene übertragen.
Kermisch kritisiert, dass befangene Gemeinderäte nicht beraten und abstimmen dürfen
Zwei Gemeinderäte konnten aufgrund Befangenheit an Beratung und Abstimmung nicht teilnehmen. Peter Kermischch (WiR) kritisierte dies: „Weshalb dürfen sie als Grundstückeigentümer zu den Vorranggebieten nichts sagen, das grenzt für mich an Enteignung.“ Auch er könne nicht verstehen, weshalb kostbares Weideland für PV-Anlagen genutzt werden solle.

Verbandsdirektor Wilske verwies hier auf das vom Gesetzgeber vorgeschriebene Ziel von 0,5 Prozent der Landesfläche von Baden-Württemberg für Freiflächen-Photovoltaikanlagen, ein von der Gemeinde selbst realisierter Solarpark zähle nicht zu dieser Fläche. „Eine Enteignung wird jedoch nicht stattfinden, es steht jedem Eigentümer frei, zu einer PV-Anlage auf seinem Eigentum ja oder nein zu sagen“, ergänzte er.
Die Gemeinde kann signalisieren, wo sie sich die anlagen vorstellen kann
Den Vorschlag von Kermisch, die Gemeinde selbst solle Flächen für den Bau der Anlagen vorschlagen, griff Wilske auf: „Die Gemeinde kann klare Signale senden, wo sie sich eine solche Bebauung vorstellen könnte.“ Eine Überlegung, der sich Gemeinderätin Margrit Eckert-Schneider (Grüne) anschloss: „Wenn Anwohner morgens den Rollladen hoch machen, sehen sie in den nächsten 20 Jahren PV-Anlagen, das möchten sie sicher nicht“.
Christian Kammerer schlägt eine Ausweichfläche vor
Den Gemeinderäten Timo Häßle (Freie Wähler) und Christian Kammerer (CDU) schien die Ausweisung landwirtschaftlicher Flächen für Photovoltaik-Anlagen ebenso fragwürdig. Kammerer schlug vor, dem Regionalverband vielmehr einen Flächentausch vorzuschlagen. Ins Gespräch brachte er ein der Gemeinde gehörendes Teilgebiet in einem Vorranggebiet für Windkrafträder – ein Vorschlag, der von Bürgermeister Zäpernick unterstützt wurde.
Für Dominik Vogt (CDU) allerdings ein mit Unwägbarkeiten verbundenes Unterfangen, welches er mit zwei Fragen verband: „Wie kam es überhaupt zur Auswahl der aktuellen Vorrangflächen und wie lange haben wir Zeit, geeignete Ausweichflächen zu suchen?“ Bezüglich der Kriterien verwies Sebastian Wilske auf die bekannten gesetzlichen Bestimmungen – zum Zeitfenster erklärte er: „Bis zum 11. Oktober läuft die Anhörung. Bis dahin können Ausweichflächen von der Gemeinde genannt werden.“
Der Gemeinderat lehnt den Vorschlag ab, schlägt aber eine Alternative vor
Dem einmütigen Tenor im Gemeinderat folgend, beschloss das Gremium schließlich einstimmig einen von Bürgermeister Zäpernick formulierten Beschlussvorschlag, wonach der Gemeinderat die im Regionalplan ausgewiesenen Vorrangflächen für Freiflächen-Photovoltaik in Hütten und Bergalingen ablehnt. Er schlägt vor, das Gemeindegrundstück Flurstück-Nummer 505 der Gemarkung Hottingen als Vorrangfläche vorzusehen und behält sich vor, gegebenenfalls weitere Grundstücke hierfür in Betracht zu ziehen und an den Regionalverband nachzumelden.