Wo übernachten eigentlich die Bettlergruppen, die in Waldshut immer wieder für Probleme sorgen? Eine von möglichen Antworten fand sich im Stadtgebiet Ziegelfeld, wo es zu einem Nachbarschaftskonflikt kam: Der Bewohner eines Mehrfamilien-Mietshauses ließ nach Zeugenaussagen 14 Männer, Frauen und Kinder vom Balkan in seiner Wohnung übernachten. Eine Nachbarin beschwerte sich bei der Vermietergesellschaft und suchte Hilfe bei der Polizei.
- Worum drehte sich der Konflikt? In einer Wohnung des Bauvereins Waldshut hatte ein Mieter laut einer Nachbarin bis zu 14 Menschen, vermutlich Mitglieder der in Waldshut und Umgebung aktiven organisierten Bettlergruppe, bei sich in seiner etwa 55 Quadratmeter großen Wohnung wohnen und schlafen lassen. Unter den Beherbergten sollen neben Frauen und Männern auch kleine Kinder, möglicherweise im schulpflichtigen Alter, gewesen sein. Die Frauen und die Kinder sind nach Angaben aus der Nachbarschaft gegenüber dieser Zeitung bereits vergangenes Jahr in der Wohnung untergekommen – jedoch in einer geringeren Anzahl. Die Betreffenden sollen sich laut der Nachbarschaft vor allem nachts dort aufgehalten haben. Mittlerweile soll die Personengruppe mit viel Gepäck die Wohnung verlassen haben.
- Wie sicher ist es, dass die beherbergten Menschen den in Waldshut und Umgebung auftretenden Bettlergruppen angehören? Die aus der Nachbarschaft geschilderte Personenbeschreibung passt zu den organisierten Bettlergruppen, die öfters am Busbahnhof, in der Kaiserstraße oder vor Supermärkten durch aggressives Auftreten auffallen. Da das Ordnungsamt der Stadt Waldshut-Tiengen mit Hilfe der neuen Polizeiverordnung das wilde Zelten der Bettlergruppen unterbindet, müssen die Armutsflüchtlinge vom Balkan anderweitig Schlafplätze finden. Der Kontakt der Bettler zu dem Wohnungsmieter im Ziegelfeld kam vermutlich über die Problem-Szene am Busbahnhof zustande, wo sich seit Jahren Angehörige sozialer Randgruppen versammeln.
- Kann die Polizei in einem Fall wie im Ziegelfeld einschreiten? In solch einer Situation könne die Polizei nichts tun, teilt der Polizeisprecher des Polizeipräsidiums Freiburg in Waldshut-Tiengen, Mathias Albicker, auf Nachfrage dieser Zeitung mit. „Auch wenn Nachbarn sich durch die Personen gestört fühlen, kann die Polizei nicht eingreifen, da der Mieter bei seiner Wohnung das Hausrecht hat“, so Albicker. Eingreifen könne die Polizei nur, wenn Verdacht auf konkrete Straftaten vorliege. Auch über nächtliche Lärmbelästigungen durch die Bettlergruppe im Ziegelfeld ist nichts bekannt.
- Darf ein Mieter so viele Menschen in seiner Wohnung aufnehmen? „14 Personen in einer etwa 55 Quadratmeter großen Wohnung sind eine klare Überbelegung“, klärt Anton Hilbert auf, Vorsitzender der Eigentümerschutzgemeinschaft Haus und Grund Hochrhein in Waldshut. Der normale beziehungsweise vertragsgemäße Gebrauch sei bei einer Wohnung dieser Größenordnung um die drei Personen, so der Rechtsanwalt. Auch nur ein vorübergehender Besuch sei bei dieser Personenanzahl für diese Räumlichkeiten zu viel, sagt er und führt weiter aus: „Der Mieter hat dem Vermieter gegenüber eine Informationspflicht, damit der Vermieter weiß, wer sich in seinem Mietobjekt aufhält.“ Sei der Vermieter mit den zusätzlichen Personen nicht einverstanden, könne er den Mieter abmahnen und bei erneuter Pflichtverletzung fristlos kündigen, so Hilbert. Der Geschäftsführer der betroffenen Wohnungsgesellschaft war urlaubsbedingt nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.
- Kann das Jugendamt bezüglich der kleinen Kinder etwas unternehmen? Susanna Heim, Pressesprecherin des Landratsamts Waldshut, erklärt auf Anfrage dieser Zeitung: „Diese Gruppen reisen regelmäßig im Rahmen der EU-Freizügigkeit umher und beantragen keine Versorgung behördlicherseits. Dementsprechend sind sie nicht in einer Gemeinde des Landkreises gemeldet. Bürgerpflichten wie die Schulpflicht greifen daher nicht.“ Auch das Betteln mit Kindern sei keine Kindeswohlgefährdung.