Wehr Jahrhunderte lang pflegte die klassische Geschichtsschreibung, die Lebensgeschichten großer Männer zu erzählen. In vergangenen Jahrzehnten rückte auch der Alltag derjenigen Menschen, die nie namentlich in Quellen erwähnt wurden, in das Blickfeld der Forschung, und zunehmend werden auch die Leistungen der Frauen gewürdigt. Im Nachgang zum Weltfrauentag widmete Stadtführerin Inge Hemberger ihren Vortrag im Rahmen der Reihe „Museumsgeflüster“ den Frauen, die die Geschicke der Brennet AG mitgeprägt hatten.

Die Ehefrauen der Firmenchefs aus vier Generationen waren zwar nicht emanzipiert, was ihre rechtliche Stellung betraf, wohl aber, was ihre Leistungen und ihren Charakter anging. Sie lebten aber anders als die Frauen in der Gegenwart, hatten wohl auch ein anderes Selbstverständnis und wirkten eher im Hintergrund. „Sie standen an der Seite ihrer Ehemänner, unterstützten diese, wenn sie die Geschicke des Unternehmens in guten und in schwierigen Zeiten leiteten, und widmeten sich karitativen Aufgaben“, so Hemberger.

Vor zehn Zuhörern ließ die Stadtführerin die Geschichte des Unternehmens Revue passieren. Die Textilkaufleute Carl August Hipp aus Rottweil und Anton Denk aus Pfullendorf organisierten den Transport und Vertrieb der auf dem Hotzenwald in Heimarbeit hergestellten Textilien. Doch der Einsatz von Textilmaschinen und der Steinkohle – sie ersetzte die Holzkohlegewinnung und verdrängte die mit Holz befeuerten Glashütten – führten zu einer Massenarbeitslosigkeit auf dem Hotzenwald. In den Flusstälern wurden Textilfabriken aufgebaut, darunter auch die Mechanische Buntweberei Brennet (MBB), die von Anton Denk, Carl August Hipp und Joseph Raphael Schenz auf- und zur späteren Brennet AG umgebaut wurde. Im Jahre 1875 heiratete Anton Denk die Tochter seines Geschäftspartners, Maria Anna Hipp. Sie war für die Kontrolle, Rasenbleiche und den Versand verantwortlich und schenkte zehn Kindern das Leben. Großen Wert legte sie auf die religiöse Erziehung, sodass zwei ihrer Töchter Klosterfrauen wurden. Die Familie zog von Görwihl nach Brennet und lebte zur Miete im Gasthaus Kreuz. Sparsamkeit, Bescheidenheit und karitatives Engagement waren typisch für Maria Anna Denk. Sie spendete für die neue Kirche in Öflingen und half mit, die Idee ihrer Gastwirtin zu verwirklichen und eine Madonnenstatue aus Lourdes am Humbel aufzustellen.

Carl Denk aus der zweiten Generation wurde zum Ehrenbürger ernannt und heiratete Sophie Schenz, die Tochter des Mitbegründers. Sie bekam sechs Kinder und zeichnete sich durch soziales Engagement aus; sie kümmerte sich um das Kinder- und Seniorenheim. Ebenfalls aus der zweiten Generation stammt Anton Denk. Auch er stieg in die Leitung des Unternehmens ein und lebte im Herrenhaus, das heute als Teil des Brennet-Museums zu besichtigen ist. Er heiratete Claire Herzog aus Schaffhausen, deren Fremdsprachenkenntnisse in der Besatzungszeit hilfreich waren. Bekannt war sie für ihren Einsatz im Dienste der Frauenvereine. Robert Denk aus der dritten Generation heiratete Helga Biese, sein Bruder Albrecht Gertrud Thywissen aus Neuss, die sich ebenfalls karitativ betätigte.

Sie waren die Eltern der heutigen Generation. Stephan Denks Ehefrau Heiderose Brunner half ihm bei der Verwirklichung seines Traumes, ein Museum zu gründen. Mit dem Kreuzweg, der zur Lourdes-Madonna in Brennet führt, vollendeten sie die Idee aus der ersten Generation und machten der Öffentlichkeit ein Geschenk.