Traditionell besucht die Hälfte der Gymnasiasten aus Wehr das Gymnasium in Bad Säckingen, die andere Hälfte fährt nach Schopfheim. Denn in der drittgrößten Stadt im Kreis Waldshut gibt es kein Gymnasium. Das Schopfheimer Theodor-Heuss-Gymnasium (THG) ist daher beliebt – und das längst nicht nur bei Schülern aus dem benachbarten Landkreis Waldshut.
Wird der Andrang so groß, dass mittelfristig ein neues Gymnasium gebaut werden muss?
Unter anderem mit dieser Frage befasst sich demnächst der Verwaltungs- und Finanzausschuss des Schopfheimer Gemeinderats. In den Unterlagen ist davon die Rede, dass das THG aus allen Nähten platze.
Für das Schuljahr 2022/2023 rechnet die Schulleitung mit sieben fünften Klassen – eine Trendwende sei nicht in Sicht. Um das Platzproblem in den Griff zu kommen, gibt es drei Lösungsansätze. Kurzfristig sollen Container den Platzmangel beheben.
Das THG ist einst als fünfzügiges Gymnasium genehmigt und gebaut worden. Das heißt, dass im Schnitt jedes Jahr fünf fünfte Klassen an Schopfheims größter Schule den Unterricht aufnehmen. Die vergangenen Jahre haben aber gezeigt, dass diese Rechnung überholt ist: Seit mehreren Jahren wird „diese Zahl der Eingangsklassen in der Jahrgangsstufe fünf regelmäßig überschritten“, hält die Sitzungsvorlage für den Ausschuss fest.
Im September 2022, so die Prognose der Schulleitung, rechnet das THG mit sieben Eingangsklassen – Segen und Fluch zugleich: „Einerseits ist der große Zustrom der Schüler an das THG erfreulich, da sich aufgrund der hohen Nachfrage zeigt, dass am Theodor-Heuss-Gymnasium gute Arbeit geleistet wird. Allerdings bringt die hohe Nachfrage die räumlichen Voraussetzungen an ihre Grenzen.“
G9-Modellschule
Was als Mit-Ursache für den Fünftklässler-Ansturm auf die Schule betrachtet wird: Das THG ist seit einigen Jahren eine sogenannte G9-Modellschule. Das heißt, dass Schüler hier in der Regel neun Jahre unterrichtet werden, bis das Abitur ansteht. Der Regelfall in Baden-Württemberg ist seit der entsprechenden Reform in den 2000er-Jahren das achtjährige Gymnasium, welches sich allerdings mäßiger Beliebtheit erfreut.
Es könnten sich „alle G9-Gymnasien, die landesweit am Schulversuch teilnehmen, vor Anmeldungen kaum retten“, heißt es in den Unterlagen. Dazu kommt das riesige Einzugsgebiet des Theodor-Heuss-Gymnasiums, es reicht von Steinen bis Hausen, ins Kleine Wiesental hinein und sogar bis Schwörstadt und Wehr.
Für die Zukunft erwartet hier niemand Entspannung
Weder ist absehbar, ob und wenn ja wann die Landesregierung den G9-Modellversuch beendet oder verlängert, er ist momentan bis zum Schuljahr 2023/2024 befristet. Und weil der Anteil der Schüler, die nach der Grundschule aufs Gymnasium wechseln, stetig steigt, gilt es als sicher, „dass die Schülerzahlen am THG sich in den kommenden Jahren keinesfalls entspannen, sondern eher noch zunehmen werden“.
Und ganz aktuell wird die Lage laut Stadtverwaltung auch dadurch verschärft, dass Flüchtlingskinder aus der Ukraine am THG unterrichtet werden.
Container auf dem Schulhof
Um das Problem kurzfristig zu lösen, soll der Ausschuss in seiner Sitzung am 23. Mai nun die Aufstellung von Klassenzimmer-Containern für insgesamt vier Klassen beschließen. Der Schulhof dürfte also erneut ein kleines Containerdorf beherbergen, wie bereits während der THG-Sanierung vor wenigen Jahren.
„Die Schulcontainer können kurzfristig geliefert werden, eine Baugenehmigung wurde seitens der Baurechtsbehörde in Aussicht gestellt“, heißt es in der Sitzungsvorlage. Mittelfristig allerdings gibt es laut Stadtverwaltung drei Denkansätze, mit denen das Platzproblem gelöst werden soll.
Der erste ist der naheliegendste: Das THG könnte ausgebaut und vergrößert werden. Platz dafür gibt es, direkt hinter der Schule gibt es Richtung Eichen noch freie Flächen. Und es wäre nicht das erste, sondern bereits das dritte Mal, dass die 1969 im Vicemoos bezogene Schule vergrößert wird, zum ersten Mal 1978 und zuletzt 2004 mit dem Anbau im Westen.
Dadurch könnte das Gymnasium auf eine stabile Siebenzügigkeit ausgebaut werden – „was ein sehr großes Gymnasium zur Folge hätte, welches sich nur sehr schwer lenken lässt“, räumt die Verwaltung ein.
Ein Gymnasium in Wehr?
Vorschlag zwei lag ebenfalls bereits schon einmal auf dem Tisch: Es geht um die Idee, in Wehr ein zusätzliches Gymnasium zu bauen, um sowohl das THG als auch das Bad Säckinger Scheffelgymnasium zu entlasten. Das war bereits 2009 im Gespräch, sei aber „nach mehreren Gesprächen“ vom Kultusministerium abgelehnt worden.
Und schließlich wird der Bau eines zweiten Gymnasiums in Schopfheim vorgeschlagen, „eventuell in Kooperation mit den Nachbargemeinden an der Gemarkungsgrenze in Gündenhausen“, also an der Grenze zu Maulburg.
Das Theodor-Heuss-Gymnasium ist ein allgemeinbildendes Gymnasium. „Die Ausrichtung müsste sich vom THG unterscheiden, zum Beispiel durch ein sport- oder musisch-sprachliches Profil“, heißt es in der Unterlage.