Auch am Ende seiner fast 24-jährigen Amtszeit scheut Bürgermeister Michael Thater keine Weichenstellungen für die Zukunft. Mit einem Gemeinderatsbeschluss möchte er einen ersten Schritt einleiten, damit die Stadt Wehr Mitte des Jahres 2026 eine eigene Straßenverkehrsbehörde bekommt. Der Gemeinderat wird sich mit dieser Frage in seiner nächsten Sitzung am kommenden Dienstag auseinandersetzen. Die finale Entscheidung soll aber erst im ersten Quartal 2026 fallen. Bei einem positiven Entscheid könnte die Stadt Wehr bald selbst Temposünder blitzen oder Entscheidungen über Fußgängerüberwege treffen.
Wehr will dem Bad Säckinger Beispiel folgen
Bislang ist die untere Straßenverkehrsbehörde beim Landratsamt in Waldshut angesiedelt. Gemeinden mit mehr als 5000 Einwohnern können ihre Aufgaben aber auch selbst wahrnehmen. Voraussetzung ist, dass ihr Zuständigkeitsbereich ausreichend mit geeigneten Fachkräften besetzt ist. Über einen entsprechenden Antrag entscheidet das Regierungspräsidium Freiburg. Von diesem Recht macht beispielsweise auch die Stadt Bad Säckingen Gebrauch, die die Aufgaben der Kreisbehörde für die gesamte Verwaltungsgemeinschaft Bad Säckingen, Murg, Rickenbach und Herrischried schon seit 2005 an sich gezogen hat. In Wehr wurde ein entsprechendes Vorhaben bereits zwei Mal diskutiert. Zuletzt hatte ein Verwaltungsgutachten 2016 eine eigene Straßenverkehrsbehörde als „unwirtschaftlich“ beurteilt.
Warum ist Wehr mit der Waldshuter Behörde unzufrieden?
Dass für den Verkehr auf den Wehrer Straßen eine Behörde in Waldshut zuständig ist, hat in der Vergangenheit schon öfter Thaters Kritik hervorgerufen. Obwohl Wehr die mit Abstand größte Gemeinde im Zuständigkeitsbereich der Straßenverkehrsbehörde beim Landratsamt Waldshut sei, seien in der Vergangenheit die Aufgaben „nur zäh und oft widerwillig erledigt“ worden, heißt es in der Vorlage für den Gemeinderat. „Alle Bestrebungen in der Vergangenheit dies zu verbessern, sind bisher ins Leere gelaufen.“
Immer wieder gab es Konflikte: An neuralgischen Punkten, wie beispielsweise an der Kreuzung Friedrichstraße/Zelgstraße hatte sich die Stadt schon längst Verbesserungen für den Fußgängerverkehr gewünscht – aber erfolglos. Auch bei Fahrradwegen gab es immer wieder Meinungsverschiedenheiten zwischen Stadt und Landratsamt.
Wehrer Straßenbehörde: Was sind die Vorteile?
Der wesentliche Mehrwert für die Bürgerinnen und Bürger von Wehr liege in der „erheblich schnelleren und sachgerechteren Ausgestaltung der Verkehrsregelungen im Stadtgebiet, sowie der Steigerung der Verkehrssicherheit“, heißt es in der Vorlage für den Gemeinderat. Zwar verursache die Einrichtung der Behörde bei der Wehrer Stadtverwaltung auch Kosten, diese könnten aber durch zusätzliche Einnahmen aus Gebühren und Bußgeldern mittelfristig amortisiert werden. Zum Vergleich: Allein durch Bußgelder aus Tempoverstößen konnte die Stadt Bad Säckingen im vergangenen Jahr knapp 800.000 Euro Einnahmen verbuchen. Wenn in Wehr überhaupt einmal ein mobiler Blitzer aktiv war, flossen die Bußgelder in den Kreishaushalt.
Was sind die Nachteile?
Mit einer eigenen Behörde steigen logischerweise die Kosten der Verwaltung: Aktuell wird mit zwei zusätzlichen Vollzeitstellen im Außendienst, einer Teilzeitstelle im Innendienst sowie einer Teilzeitstelle im Kassenwesen zur Verbuchung kalkuliert. Insgesamt wird mit zusätzlichen Personalkosten von 261.700 Euro pro Jahr gerechnet. Eine notwendige Leitungsstelle sei bereits vorhanden. Hinzu kommen Sachkosten, die auf jährlich 21.700 Euro geschätzt werden. Noch nicht Teil dieser Kalkulation ist die Anschaffung oder Miete von Tempomessgeräten.
Dass die Stadt mit Bußgeldern Einnahmen generieren könne, sei keinesfalls das Hauptargument zur Übernahme dieser Aufgaben, betont Michael Thater in der Vorlage. Im Gegenteil führten diese Einnahmen dazu, „dass eine ordnungspolitische Aufgabe, deren Erfüllung deutlich im Interesse der Bürgerschaft der Stadt Wehr liegt, im Fazit insgesamt etwa kostenneutral für den städtischen Steuerzahler erfüllt werden kann.“