Nur 15 Interessierte verfolgten am Mittwochabend die erste Wahlkampfveranstaltung für die Wehrer Bürgermeisterwahl am 9. November. Auf Einladung der Freien Wähler stellte sich der erste und bisher einzige Bewerber im Gasthaus Krone den Fragen von Bürgerinnen und Bürgern.
„Wehr muss wachsen. Ich will die Einwohnerzahl auf über 20.000 bringen“, stellte der 58-Jährige eine zentrale These seines Programms in den Mittelpunkt. Mit mehr Einwohnern könne die Kaufkraft für die Geschäftswelt in der Innenstadt erhalten werden. „Aber wo sollen diese immerhin 6500 zusätzlichen Einwohner denn leben?“, wollte der Bürger Michael Jendryssek wissen. Das größte Potenzial sieht Kownatzki in der zentralen Innenstadt: „Zwischen Schmidt‘s Markt und Rathaus könnten in den nächsten zehn Jahren 500 bis 700 Wohnungen entstehen“, so der Unternehmensberater. Auf dem Gebiet der ehemaligen Papierfabrik und drumherum könnte „eine neue Innenstadt“ mit vier- bis fünfstöckigen Mehrfamilienhäusern entstehen.
Insgesamt sieht Kownatzki im gesamten Stadtgebiet Potenzial für „etwa 1500 Wohnungen – ohne dass wir den Flächennutzungsplan anfassen müssen“. Im Gegensatz zu den großen Wohngebieten auf der Zelg, der Breitmatt und dem Enkendorf, wohnten im Stadtkern bislang nur vergleichsweise wenige Menschen, stellte der Kandidat fest.
Wohnraum für das Sisslerfeld
Dass in den nächsten Jahren Bedarf an Wohnraum in Wehr besteht, steht für Kownatzki außer Frage: „Auf dem Sisslerfeld entstehen in den nächsten Jahren etwa 15.000 Arbeitsplätze. Man rechnet damit, dass 40 Prozent davon Grenzgänger sein werden“, so Kownatzki. Wenn die Stadt dafür keinen Wohnraum anbiete, werde sie abgehängt, folgert der Kandidat.
Kontroverse Diskussion der Thesen
Mit den zusätzlichen Einwohnern werde auch die Wirtschaft in Wehr gestärkt, weil auch vor Ort zusätzliche Arbeitsplätze entstünden. Eine These, die der frühere CDU-Stadtrat Bernhard Stockmar kritisch hinterfragte: „Müsste es nicht eher umgekehrt sein? Zuerst Arbeitsplätze für die Zulieferindustrie für das Sisslerfeld schaffen und dann den Wohnraum?“ Stockmar zweifelte auch an, dass die Infrastruktur von Wehr für ein derartiges Wachstum ausreiche. Kownatzki verglich die Entwicklung mit einem Getriebe: „Wenn ich das richtige Antriebsrad in Bewegung bringe, fangen auch alle anderen Räder an, sich zu drehen.“
Bezahlbarer Wohnraum oder Bauen nach Klimaschutz-Vorgeben?
Dass vor allem Bedarf an bezahlbarem Wohnraum bestehe, stellte eine weitere Bürgerin fest und wollte wissen, wie Kownatzki dies gewährleisten wolle. Es sei die Frage, ob man beim Bauen immer den höchsten Klimaschutz-Standard erfüllen müsse oder lieber günstigen Wohnraum erstelle, antwortete Kownatzki.
„Dies werde aber zu höheren laufenden Belastungen der Mieter durch steigende Energiekosten führen, wandte ein Zuhörer ein. Kownatzki sieht allerdings keine Alternative zum Wachstumskurs: „Ohne zusätzlichen Wohnraum fliegen uns bei der zu erwartenden Nachfrage die Mieten in ein paar Jahren um die Ohren.“