Eine Gewitterfront mit heftigen Sturmböen hat eine einsatzreiche Nacht bei Feuerwehren, Polizei und Rettungsdiensten nach sich gezogen. Vor allem Konstanz, Allensbach und Reichenau hat es nach Polizeiangaben „ordentlich getroffen“. Bäume stürzten um, Verkehrswege waren zum Teil bis in den Folgetag hinein blockiert, es kam zu vielen Schäden.

In Allensbach stürzte beim Unwetter am späten Dienstagabend, 11. Juli, durch die Sturmböen eine 70 Zentimeter dicke Eiche auf einen Wohnwagen. Die Feuerwehr wurde gegen 22 Uhr alarmiert, wie Einsatzleiter Florian Bottlang in der Nacht dem SÜDKURIER sagte.

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Erstes Statement der Feuerwehr Video: Hanser, Oliver

In und neben dem Wohnwagen befand sich eine dreiköpfige junge Familie aus Köln, alle mussten mit Verletzungen ins Krankenhaus gebracht werden, teilte die Polizei am Morgen mit.

Der 36-jährige Vater (“Ich bin am ganzen Körper geprellt“) und die Tochter (5) sind bereits wieder auf dem Campingplatz, wo Polizei und Gemeinde die Schäden aufgenommen und der Besitzer sowie mehrere Nachbarn mit dem Aufräumen begonnen haben.

Steffen Jung aus Stuttgart hilft bei Aufräumarbeiten an dem zerstörten Wohnwagen.
Steffen Jung aus Stuttgart hilft bei Aufräumarbeiten an dem zerstörten Wohnwagen. | Bild: Oliver Hanser

Frau wollte Tochter gerade ins Bett bringen

Die Frau (34), die unter anderem eine große Kopfwunde davongetragen hatte, liegt im Krankenhaus in Singen. Sie wollte das Kind gerade ins Bett bringen, während ihr Ehemann draußen ein Zelt sicherte. In dem Moment ergab sich die etwa hundertjährige Eiche dem Sturm und begrub ihre Urlaubsbehausung unter sich.

Der Wurzelballen des Baums, der in Ufernähe stand, war komplett aus der Erde gerissen worden – als ein Feuerwehrmann ihn später mit der Kettensäge entastete und zerteilte, schnellte der Rest des Stammes plötzlich wieder in die Horizontale zurück und hätte ihn beinahe getroffen.

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Feuerwehr zerlegt die Eiche Video: Hanser, Oliver

Mutter und Tochter standen zum Zeitpunkt des Unglücks im einzigen Bereich des Wohnwagens, der durch die Eiche nicht komplett eingedrückt wurde. Kurz zuvor hatten sie noch in einem anderen Teil „Blitze geschaut“. Auch eine weitere Frau (31) wurde auf dem Campingplatz während des Unwetters verletzt. Ein Ast traf sie laut Campingplatzpächter Frank Kühnel bei den festen Fischerhütten am Rücken.

Als die Sonne aufgeht, werden die Schäden sichtbar

Am Morgen waren die Folgen des nächtlichen Unwetters in Allensbach deutlich sichtbar. So zeigte sich die zerstörerische Kraft am Ufer des Gnadensees: Hier wurde der Katamaran „Asterix und Obelix“ von Ralf Dinort durch die Sturmböen auf die Seite gekippt.

Dieses Bild bot sich am Mittwochmorgen, 12. Juli, den Allensbachern am Ufer des Gnadensees.
Dieses Bild bot sich am Mittwochmorgen, 12. Juli, den Allensbachern am Ufer des Gnadensees. | Bild: Stefan Lutz

Zudem wurde ein Segelboot direkt am Campingplatz Allensbach angeschwemmt.

Bild 3: Aufräumen nach Unwetter: „Ich wollte in Ruhe Urlaub machen!“
Bild: Oliver Hanser

In den Bojenfeldern herrschte ebenfalls Durcheinander. Boote hatten sich samt Ankerstein losgerissen und trieben gegen andere. Beamte der Wasserschutzpolizei machten sich am Mittwochmorgen ein Bild von den Schäden.

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Blick auf den Gnadensee Video: Hanser, Oliver

Der Allensbacher Campingplatzbetreiber Frank Kühnel, der die Anlage von der Gemeinde gepachtet hat, sprach vom schlimmsten Sturm in seiner zehnjährigen Dienstzeit. „Nur als Besucher habe ich hier so etwas Ähnliches schon einmal erlebt.“

Er lobte Feuerwehr und Rettungsdienste für ihren Einsatz in der Nacht. Die Feuerwehrleute seien sofort vor Ort gewesen, um Rettungswege freizuschneiden und aus den Bäumen auf dem Platz die „gefährlichen Prügel“ rauszuholen, damit die nicht noch jemandem auf den Kopf fallen.

Pächter Frank Kühnel hat am Tag nach dem Unwetter alle Hände voll zu tun, aber nimmt sich gerne die Zeit, um lobende Worte an alle ...
Pächter Frank Kühnel hat am Tag nach dem Unwetter alle Hände voll zu tun, aber nimmt sich gerne die Zeit, um lobende Worte an alle Einsatzkräfte zu richten. | Bild: Oliver Hanser

„Die haben einen top Job gemacht“, lobte er im Gespräch mit dem SÜDKURIER den Einsatz. Am nächsten Morgen und Vormittag waren dann Mitarbeiter des Bauhofes und eines privaten Betriebes damit beschäftigt, weiteres Geäst zu entfernen und abzutransportieren.

Neben der Eiche war in der Nacht laut Pächter Kühnel eine 20 Meter hohe Pappel umgestürzt. Fast alle Zelte seien weggeflogen. Ein VW-Bus wurde von einem schweren Ast getroffen und sei Schrott. „Wir hatten sehr viel Glück, dass es keine Toten und weitere Schwerverletzte gegeben hat“, sagte Kühnel.

Unwetter trifft auch Reichenau

Ein zerstörtes Auto auf der Reichenau.
Ein zerstörtes Auto auf der Reichenau. | Bild: Feuerwehr Reichenau

Schulsekretärin griff beherzt ein

Das kleine Zelt von Radurlauberin Anja Wolf aus Waldbreitbach im Landkreis Neuwied (Rheinland-Pfalz) blieb dagegen stehen, weil sie es extra gesichert hatte. Die 54-jährige Schulsekretärin ist auch Fitnesstrainerin und Rettungsschwimmerin und damit als Ersthelferin ausgebildet.

Zunächst erlebte sie in der Nacht, wie die Pappel direkt neben ihrem Rastplatz niederging, dann griff sie beherzt an der Stelle ein, wo die Eiche den Wohnwagen getroffen hatte. Sie übernahm das Kommando bei der Erstversorgung der Opfer.

Anja Wolf war sofort zur Stelle, als sie feststellte, wie ernst die Situation war. Sie übernahm die Erstversorgung der verletzten Mutter.
Anja Wolf war sofort zur Stelle, als sie feststellte, wie ernst die Situation war. Sie übernahm die Erstversorgung der verletzten Mutter. | Bild: Oliver Hanser

Wolf legte der benommenen und unter Schock stehenden Frau mit der Kopfwunde, die immer wieder wegsackte, einen Verband an und sprach mit ihr – „es dauerte ja ungefähr 45 Minuten, ehe der Rettungswagen durchkam“.

Die Rheinländerin ist in diesem Sommer zum ersten Mal ganz allein ohne ihre drei Töchter unterwegs, um den Bodensee mit Pedelec und Zelt zu entdecken. „Ich wollte mal in Ruhe Urlaub machen“, sagte sie am Mittwoch nach der Sturmnacht auf dem Campingplatz, „und dann sowas!“