Der Aus- und Neubau der B33 zwischen Allensbach und Konstanz soll im Jahr 2027 laut aktueller Planung des Regierungspräsidiums Freiburg (RP) fertig sein. Puh, denken da sicher viele Verkehrsteilnehmer, das sind ja noch sechs Jahre. Es sind aber auch nur noch sechs Jahre. Denn der Bau der vierspurigen B33 auf diesen 10,8 Kilometern hat sich zu einer langwierigen Geschichte entwickelt – aus politischen und finanziellen Gründen. Die Trasse wurde mehrfach umgeplant.

Die Vorgeschichte

Bereits Mitte der 1970er Jahre gab es Pläne, die Autobahn von Singen nach Konstanz weiterzubauen – nördlich des Gewerbegebiets Allensbach und von Hegne. Da der Naturschutz aber in dieser Zeit an Bedeutung gewann, planten die damaligen Politiker stattdessen die vierspurige Bundesstraße über den Bodanrück – die Nordtrasse. So sei Anfang der 1980er Jahre die Linienführung im Bundesverkehrswegeplan gewesen, weiß der frühere Allensbacher Bürgermeister Helmut Kennerknecht (von 1983 bis 2015 im Amt), der wie kein Anderer das Projekt begleitet hat. „Ich habe zwölf Bundesverkehrsminister erlebt.“ Damals gab es schon Pläne für eine Südtrasse. Darunter verstand man einen schlichten Ausbau der B33 mit zwei weiteren Fahrspuren ohne Lärmschutz. Während Allensbach und Reichenau stets mehrheitlich die Nordtrasse forderten, bröckelten in Konstanz die Mehrheiten – gipfelnd im ersten Bürgerentscheid in Konstanz am 10. März 1985 – mit einem klaren Nein zur Nordtrasse.

Das Pokerspiel

Während in den 1980er Jahren die Abschnitte von Singen bis kurz vor Allensbach gebaut wurden, waren zu diesem Zeitpunkt die politischen Fronten verhärtet. Es tat sich nichts beim Straßenbau, aber einiges hinter den Kulissen. „Unzählige Staatssekretäre waren hier“, so Kennerknecht. „Aber sie haben uns zwischen den Zeilen immer zu verstehen gegeben, dass die amtliche Linie Richtung Süden geht.“ Gleichzeitig reisten Kennerknecht, der Reichenauer Bürgermeister, der Konstanzer OB und oft der Landrat nach Stuttgart, Bonn und Berlin, um bei Ministern vorzusprechen, damit es weitergehe, wobei Allensbach und Reichenau weiter die Nordtrasse wollten. Diese Kontakte hätten stets die örtlichen Abgeordneten vermittelt, berichtet Kennerknecht. Dieses politische Pokerspielchen setzte sich bis in die späten 1990er Jahre fort.

Der Durchbruch

Ende der 1990er Jahre beauftragte der damalige Ministerpräsident Erwin Teufel den Regierungspräsidenten Sven von Ungern-Sternberg, das B33-Projekt wieder in Gang zu bringen und zwischen den konträren Positionen zu moderieren. Allensbach forderte die Nordtrasse (außer SPD und Bunte Liste), Reichenau zusätzlich die Dachsbergvariante. Dabei sollte die B33 nördlich der Waldsiedlung verlaufen und dann ab Wollmatingen vierspurig auf der Trasse der heutigen Westtangente (die von 2009 bis 2013 gebaut wurde). Dagegen stemmten sich aber auch Naturschützer und Anwohner im Eichbühl.

Ein Bild aus schlechten Tagen – 2008 gemacht. An der Ampelkreuzung am Kindlebild gab es häufig Stau. (Archivbild)
Ein Bild aus schlechten Tagen – 2008 gemacht. An der Ampelkreuzung am Kindlebild gab es häufig Stau. (Archivbild) | Bild: Zoch, Thomas/SK-Archiv

Die Planung des RP sah damals eine Südtrasse vor mit einer Ampelkreuzung am Kindlebild-Knoten, was die Reichenauer mit ihrer Forderung nach der mittlerweile realisierten Brückenlösung verhinderten. Die Trasse sollte ab der Bahnlinie südlich abgerückt von Waldsiedlung und Hegne verlaufen. Tunnel waren noch keine geplant, lediglich von „wirksamem Lärmschutz“ sei die Rede gewesen, so Kennerknecht. Der Glaubwürdigkeit Ungern-Sternbergs sei es zu verdanken, dass die jetzige Kompromisslösung gefunden worden sei, sagt Kennerknecht.

Das Schwarze-Peter-Spiel

Das Baurecht lag im März 2007 vor. Baubeginn könne 2009 sein, die Bauzeit werde mindestens acht Jahre betragen, hieß es. Im September 2009 erfolgte der Spatenstich bei Konstanz. Doch es folgte ein jahrelanges Schwarze-Peter-Spiel zwischen Land und Bund, wenn es um die weitere Finanzierung ging. Die Ministerien in Berlin und Stuttgart warfen sich gegenseitig vor, dass die jeweils andere Seite schuld sei, dass es nicht vorangehe. Erst im Jahr 2015 machte der damalige Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt die Finanzierungszusage für die gesamte Baumaßnahme.

Minister Alexander Dobrindt signiert im Jahr 2015 für Ex-Bürgermeister Helmut Kennerknecht einen Spaten.
Minister Alexander Dobrindt signiert im Jahr 2015 für Ex-Bürgermeister Helmut Kennerknecht einen Spaten. | Bild: Hanser, Oliver
Ein Bild aus schlechten Tagen – 2008 gemacht. An der Ampelkreuzung am Kindlebild gab es häufig Stau. (Archivbild)
Ein Bild aus schlechten Tagen – 2008 gemacht. An der Ampelkreuzung am Kindlebild gab es häufig Stau. (Archivbild) | Bild: Zoch, Thomas/SK-Archiv

Der Bauablauf

Allein der Abschnitt zwischen Konstanz und Kindlebild dauerte drei Jahre. Die Neubauleitung Singen erklärte dies mit dem schlammigen Untergrund in Seenähe. Stabilisierungsmaßnahmen waren nötig. Im Januar 2013 stellte der damalige Neubauleiter Dieter Bollinger die Pläne für den Kindlebild-Knoten vor, im April sollte Baubeginn sein. Dann gab es einen Baustopp bis Juni 2014. Bollinger erklärte dies mit Schwierigkeiten bei der Ausführungsplanung. Diese habe man überarbeiten müssen wegen der Komplexität der Maßnahme – weil der Verkehr weiter fließen sollte. Zudem sorgte auch hier der schlechte Untergrund für Aufwand. Der Knoten war im Frühjahr 2017 fertig. Danach wurde der weitere Abschnitt und ab Ende 2018 der Tunnel Waldsiedlung gebaut.

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Das Kombi-Konzept

Ein Meilenstein war das von Bollinger und Kennerknecht im Jahr 2013 erarbeitete Kombi-Konzept. Es sah vor, dass nicht nur bei Reichenau, sondern parallel auch bei Allensbach gebaut würde. Erdaushub von der einen Baustelle könne bei der anderen für Lärmschutz verwendet und damit Kosten gespart werden. Damit warben die örtlichen Politiker in Berlin und Stuttgart, sodass im November 2015 auch im Westen von Allensbach der Spatenstich erfolgte. Dort ging der Straßenbau seither schneller voran.

Die Kostenexplosion

Im Jahr 2007 schätzten die Planer die Gesamtkosten auf 139 Millionen Euro. Im März 2017 war plötzlich von 244 Millionen Euro die Rede. Der damalige Projektleiter Daniel Schrodin sagte damals, dass die frühere Zahl ein Schätzwert war, basierend auf dem, was der Bund pro Kilometer Straßenbau grob rechnet – ohne Untersuchung der Gegebenheiten. Der schlechte Untergrund habe die Kosten in die Höhe getrieben. Hinzu kämen Probleme mit dem Grundwasser bei allen Tunneln. 2017 lag die Detailplanung für die Tunnel Allensbach und Hegne noch nicht vor. Prompt bezifferten Vertreter des Bundesverkehrsministeriums die Gesamtsumme Ende 2019 mit 408 Millionen Euro – auch wegen der steigenden Baukosten. Diese Zahl gelte aktuell noch, so das RP.