Die neue große Lagerhalle des Reichenauer Biogärtners Benjamin Wagner am Ende der Holzgasse nördlich von Allensbach missfällt vielen Bürgern. Vor allem Spaziergänger stören sich daran. Zudem sorgte es für Verärgerung, dass dort in der Bauphase ab Sommer und in der Erntezeit im Oktober oft Lastwagen auf den schmalen Feldwegen unterwegs gewesen seien.
Und seit einiger Zeit kursiert zudem das Gerücht, Wagner wolle dort noch eine weitere solche Halle errichten. Dazu erklärt der Biogärtner, er halte sich zwar grundsätzlich immer alle Möglichkeiten offen. Er betont aber: „Ich habe keine Pläne. Ich muss erst mal die aktuelle Halle abzahlen.“ Und zum Verkehr sagt Wagner, er wisse, dass das ein heikles Thema sei. In der Bauphase und Erntezeit sei natürlich viel los gewesen.
Künftig werde die Halle weniger frequentiert sein. Da komme vielleicht alle zwei Tage ein Laster, um dort gelagerte Süßkartoffeln aufzuladen. Zunächst aber nicht, da er erst sein Lager auf der Reichenau leere. Wobei Wagner erklärt, dass der Verkehr wie mit der Gemeinde vereinbart in der Regel über das Gewerbegebiet und die Holzgassenbrücke über die B33 fahren solle und nicht durchs Dorf. Darauf achte er auch.
Es könne aber sein, dass der eine oder andere Fahrer bisher den falschen Weg genommen habe. „Wir versuchen, es so verträglich wie möglich zu machen“, beteuert Wagner. Und: „Im Moment findet außer Erschließung dort nichts statt.“ Die Stromtrasse in den Ort müsse noch fertig verlegt werden und hierfür Teile der Straße aufgerissen. So lang brauche er auch noch ein Notstromaggregat, das für ein brummendes Geräusch sorgt. „Das kommt nicht von der Lüftung.“
Gemeinderätin: „Es ist wirklich krass, was das für eine riesige Halle ist“
Die Gemeinderatsmitglieder Jeanette Klingbeil (Bunte Liste) und Rochus Schulter (CDU) berichteten jüngst in der Sitzung, sie seien mehrfach von Bürgern, die dort öfter sind, auf die Halle angesprochen worden. Der Bereich ist beliebt bei Spaziergängern und Radfahrern. Zum einen wegen der Größe. „Es ist ja schon massiv, Es ist wirklich krass, was das für eine riesige Halle ist“, meint Klingbeil, ihr gefalle das auch nicht. Zumal dort zuvor „eine kleine Wildnis“ gewesen sei mit Sträuchern und Obstbäumen. Da sei der Anblick natürlich ungewohnt.
Es habe aber auch Klagen gegeben wegen des Verkehrs, teils seien die Lastwagen ziemlich schnell gefahren, hieß es. Einmal sei fast ein Hund unter einen Laster geraten, auch Eltern von kleinen Kindern hätten Angst gehabt. „Ungünstig war halt, dass direkt nach der Bauphase die Erntezeit war“, meint Klingbeil. Sie gehe davon aus, dass dort künftig weniger Verkehr sein werde. Und grundsätzlich meint sie: „Es ist ja schön, wenn es Süßkartoffeln aus der Region gibt.“
Und die Landwirtschaft, die ja unsere Grundnahrungsmittel erzeuge, habe es schwer genug. Aber es dürfe auch keine komplette Zersiedelung der Landschaft geben. Daher wäre sie gegen eine weitere Halle und sei froh, dass hier nichts geplant sei. Doch bei der jetzigen Halle habe die Gemeinde wegen der landwirtschaftlichen Privilegierung keine Handhabe gehabt, so Klingbeil.
Reichenauer Besitzer ist dankbar für diese Lagermöglichkeit in Allensbach
Das hat Benjamin Wagner nach eigenen Angaben auch nicht vor. „Ich bin dankbar, dass die Halle genehmigt wurde“, so der Biogärtner. Auf der Reichenau sei die Lagerkapazität für Süßkartoffeln, auf die er sich im Freilandanbau spezialisiert habe, zu klein geworden. In der neuen Halle könnten auf rund 2000 Quadratmetern rund 1800 Tonnen dieser Feldfrüchte gelagert werden. „Das Allermeiste ist aus dem Umland“, erklärt Wagner.
Das betont auch Rochus Schulter. „Uns sind die Hände gebunden“, müsse er antworten, wenn er von Bürgern darauf angesprochen werde, wie der Gemeinderat eine so große Halle dort zulassen konnte. „Ich finde es auch nicht toll, es ist zu groß“, erklärt der CDU-Rat. „Die Leute, die da spazieren gehen, fühlen sich natürlich gestört.“ Doch auch er erwarte, dass der Verkehr nun weniger werde – und sei froh, dass nichts weiter geplant sei.

Bürgermeister Friedrich betont: „Es soll kein Lagerhallengebiet werden“
Bürgermeister Stefan Friedrich meint, man könne zur Größe natürlich unterschiedliche Meinungen haben. Klar falle so eine Halle auf. Und der Verkehr in der Erntezeit sei spürbar gewesen. Die Lastwagen seien teils über die Nägelriedstraße gefahren, weil auf dem eigentlichen Zuweg eine Baustelle gewesen sei. „Da haben sich ein paar Anwohner bei uns gemeldet“, so Friedrich. Und es sei klar, dass der Verkehr künftig auf der besprochenen Route fahren müsse.
Friedrich betont aber: „Wir reden hier von lokal produziertem Bio-Gemüse.“ Und die Halle sei baurechtlich völlig legal mittels einer landwirtschaftlichen Privilegierung im Außenbereich errichtet worden. Aber er habe im Gemeinderat auch den politischen Willen gehört, dass keine weiteren Hallen gewünscht sind. „Es soll kein Lagerhallengebiet werden.“
Was bedeutet Privilegierung?
Er habe Flächen auf der Reichenau, bei der Waldsiedlung, bei Wollmatingen, Litzelstetten, Langenrain-Freudental und teils im Hegau. Und für die 72 Meter lange, 10,70 Meter hohe und – mit Vordach – 31 Meter breite Halle habe er bewusst einen Standort gesucht, der nicht in einem Schutzgebiet liegt und wo es über die B33 eine gute Verkehrsanbindung gebe – „ohne dass das Dorf tangiert wird“. Das Hallendach bekomme eine PV-Anlage, drumherum werde noch begrünt.