Der Schrecken war groß bei vielen Einwohnern in Allensbach Anfang September. Im Trinkwasser aus dem Tiefbrunnen Setze waren koliforme Keime festgestellt worden. Die Stadtwerke Radolfzell, die sich um das Allensbacher Netz kümmern, und die Gemeinde forderten die Bürger auf, das Wasser vor Gebrauch abzukochen. Und nach einigen Sofortmaßnahmen zur Behebung der Verunreinigung wird das Wasser seither gechlort.
Doch das soll nicht von Dauer sein, wie nun die Stadtwerke und Bürgermeister Stefan Friedrich im Gemeinderat versicherten. Das ist auch nötig. Ludwig Egenhofer (CDU) sagte: „Es gibt ein Informationsdefizit im Rat und der Bevölkerung, weil etwas nicht stimmt in der Wasserversorgung.“ Die CDU hatte deshalb schon vor der Sitzung einige Fragen an die Stadtwerke und Verwaltung gerichtet. Und Patrick Konopka (FDP) betonte: „Viele wollen wieder Wasser ohne Chlor trinken.“
Ganz so schnell wird es aber nicht gehen, wie die Verwaltung sowie von den Stadtwerken Lars Kießling, der Leiter Anlagen und Netze, und Wassermeister Rainer Grau nun erklärten. Wobei Kießling zur aktuellen Lage sagte: „Wir haben null Keime.“ Das Wasser werde seither zweimal pro Woche beprobt.
Nun solle aber langfristig die Zuverlässigkeit und Qualität der Wasserversorgung besser gesichert werden. Zunächst einmal hat der Gemeinderat auf Empfehlung der Stadtwerke beschlossen, eine UV-Anlage für den Tiefbrunnen Setze anzuschaffen. Grau erklärte, das Wasser werde dabei mit UV-Licht bestrahlt, um eventuelle Keime abzutöten.

Eine neue Maßnahme soll kommen – allerdings nicht vor März
Damit dies störungsfrei möglich sei, soll ein so genannter Kerzenfilter Trübungen im Wasser eliminieren. Dann könne man auf eine Chlorung verzichten. Kießling sagte: „Es ist eine bekannte, erprobte Technik zur Desinfektion des Rohwassers.“ Das gebe es in etlichen Gemeinden. Kämmerer Matthias Fix sagte, diese Installation solle eine Firma machen, die damit und mit dem Allensbacher Brunnen viel Erfahrung habe.
Die Kosten werden sich auf knapp 128.000 Euro belaufen. Die Umsetzung der Maßnahme sei für die Kalenderwochen acht bis zehn zugesichert, so Fix – also nicht vor März. Der Bürgermeister versicherte: „Wir versuchen das so schnell wie möglich umzusetzen. Wir haben beim Wasser eine besondere Zeit.“
Doch damit ist das Grundproblem nicht gelöst, wie Kießling und Grau erklärten. Beim Tiefbrunnen Setze gebe es Sanierungsbedarf. Die Probleme im September seien durch Starkregen und einen Rückstau im Kanal entstanden. Aber bei der näheren Untersuchung habe man festgestellt, dass schon seit längerer Zeit immer wieder Oberflächenwasser von außen in den Brunnen eindringe.
Die Kosten für die Sanierung schätzt die Verwaltung aktuell auf 327.000 Euro. Diese sind im Wirtschaftsplan des Eigenbetriebs Wasserversorgung für 2023 vorgesehen. Doch im kommenden Jahr wird diese Sanierung kaum stattfinden können. Denn Kießling erklärte, dass man während der Sanierung dort kein Wasser entnehmen könnte. Damit wäre die ganze Gemeinde vom Tiefbrunnen Hegne abhängig.
Könnte der Hegner Brunnen das gesamte Allensbacher Netz speisen?
Diesen habe man auf Nachfragen aus dem Rat ebenfalls auf seine Sicherheit geprüft. „Er zeigt bei Beprobungen keine Auffälligkeiten“, so Kießling. Doch man werde dort zur Sicherheit wie beim Tiefbrunnen Setze mit einer Kamerabefahrung die Zustände genauer untersuchen, und mit einem Pumpversuch wolle man klären, ob mit dem Hegner Brunnen das gesamte Allensbacher Netz gespeist werden könnte.
Dennoch sollte die Gemeinde nicht das Risiko eingehen, notfalls allein vom Hegner Brunnen abhängig zu sein, so Kießling. „Die Versorgung sollte ausgebaut werden“, so die Empfehlung der Stadtwerke. Dem schlossen sich auch die meisten Räte an. Kießling und Grau erklärten, da gebe es grundsätzlich zwei Möglichkeiten. Entweder lässt die Gemeinde einen weiteren Brunnen im Grundwasser auf ihrer Gemarkung erkunden, bohren und erschließen. Oder sie schließt sich an einen anderen Wasserversorger an – wie die Stadtwerke Radolfzell oder Konstanz.
In letzterem Fall müsste Allensbach dann aber von diesem Anbieter täglich eine größere Menge Wasser abnehmen, damit die Leitung ständig durchspült sei, so Grau. Für die Erschließung eines weiteren Brunnens gebe es dagegen einen sehr erfahrenen Geologen aus dem Hegau. Doch wenn sich die Gemeinde dafür entscheiden sollte, wird das auch nicht so schnell gehen. Kießling sagte auf Nachfrage von Karin Heiligmann (Freie Wähler), bis wann ein neuer Brunnen gebaut und in Betrieb sein werde. „Das kann durchaus zwei Jahre dauern.“
Nun gibt die Gemeinde ein Gutachten für 30.000 Euro in Auftrag
Um über das weitere Vorgehen besser entscheiden zu können, gibt die Gemeinde ein Strukturgutachten in Auftrag. Kämmerer Fix erklärte, darin würden sämtliche Handlungsmöglichkeiten behandelt und Empfehlungen gegeben, wie man die Wasserversorgung sowie die Qualität mittel- und langfristig sichern könne. Die Kosten für das Gutachten bezifferte Fix auf rund 30.000 Euro. Dazu gebe es aber einen Landeszuschuss von 50 Prozent.
Klar ist, dass der Eigenbetrieb Wasserversorgung in den kommenden Jahren enorm investieren muss, um das allein zu stemmen. Zumal auch noch die Leitungen nach und nach erneuert werden sollen: jährlich zwei Prozent der rund 50 Kilometer Leitungsrohre, was jeweils rund 300.000 Euro kosten soll. Zudem will die Gemeinde über den Eigenbetrieb, der nun „Wasser- und Energieversorgung“ heißt, die PV-Anlage auf dem Lärmschutzwall an der B33 finanzieren.