Es sind Ereignisse, die nicht zuletzt eine der ermittelnden Beamtinnen an den Film „Das Schweigen der Lämmer“ erinnern. Es sind Taten, die wohl nicht nur den überlebenden Opfern für immer in Erinnerung bleiben. Und es sind Verbrechen, die einen Konstanzer für immer hinter Gitter bringen. Im Januar 2014 verurteilt das Landgericht Daniel S. aus Konstanz zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe. Der damals 33-Jährige hat zwei Frauen ermordet und zwei weitere brutal vergewaltigt.
Dass der Konstanzer letztendlich als Mörder verurteilt wird, kommt durch seine eigene Aussage zustande: Während der Vernehmung zu dem Vergewaltigungsdelikt gesteht er ganz spontan Tötungen mitsamt grausamer und plastischer Details. Vor Opfern prahlt er laut deren Aussagen außerdem damit, eine Katze mit einem Baseballschläger erschlagen und später verspeist zu haben. Der SÜDKURIER berichtet damals mehrfach über einen der grausamsten Kriminalfälle seit der Jahrtausendwende. Die „Hamburger Morgenpost“ bezeichnete ihn am 17. Januar 2014 als „Die Bestie vom Bodensee“.
Was ist geschehen?
Dass Daniel S. zwei Frauen getötet hat, bleibt vorerst unentdeckt: Im Januar 2012 verstirbt eine 70-jährige Frau in ihrem Bett im Konstanzer Stadtteil Wollmatingen. Die zuständigen Ermittler gehen aufgrund einer Erkrankung von einer natürlichen Todesursache aus. Ein halbes Jahr später ertrinkt eine 50-Jährige in ihrer Badewanne. Auch in diesem Fall gehen die Ermittler erst einmal nicht davon aus, dass ein Tötungsdelikt vorliegt.
Ein weiteres halbes Jahr später – es ist Februar 2013: Daniel S. vergewaltigt seine 26-jährige Lebensgefährtin und deren Freundin in seiner Wohnung in Petershausen. Er missbraucht die beiden Frauen mehrfach eine ganze Nacht lang mit brutalster Gewalt. Währenddessen soll er vor ihnen mit der Tötung und Verspeisung der Katze mit Kartoffelbrei angegeben haben. Für die beiden Frauen ist die Nacht ein Martyrium – doch einer der beiden gelingt die Flucht.
Die Polizei verhaftet Daniel S. sofort und vernimmt ihn wegen des Vergewaltigungsdelikts. Währenddessen gesteht er die Morde an seiner damals 50-jährigen Ex-Partnerin und einer 70-jährigen Nachbarin. Erstere will er in der Badewanne ertränkt, letztere mit einer Plastiktüte erstickt zu haben. Das Problem: Wenig später widerruft er seine Aussagen.
Mammutprozess vor dem Landgericht
Während des Mammutprozesses vor dem Landgericht Konstanz kommen neben den brutalen Taten des Mannes auch Details zu seiner Person ans Licht. Alkohol und Drogen prägen sein gesamtes Leben, größere Mengen Bier trinkt er bereits seit seinem zehnten Lebensjahr. Aufenthalte in Heimen und bei Pflegeeltern bestimmen seine Kindheit und Jugend, später geht er auf eine Sonderschule für Schwererziehbare und macht dort seinen Hauptschulabschluss. Eine Ausbildung zum Metallbauer absolviert er bis zur theoretischen Prüfung. Zeit seines Erwachsenenlebens hält er sich mit Gelegenheitsjobs und Arbeitslosengeld über Wasser.
Er ist mehrfach vorbestraft, war unter anderem wegen Brandstiftung, Diebstählen sowie Einbrüchen und teilweise schweren Körperverletzungen verurteilt. Im Laufe der Verhandlung stellt ein zuständiger Sachverständiger bei dem damals 33-Jährigen eine dissoziale Persönlichkeitsstörung mit einer Neigung zum Sadismus sowie ein narzisstisches Wesen fest. Dabei kommen teilweise verstörende Aussagen des Mannes zur Sprache: Er sagte beispielsweise, dass es ihm Freude bereite, panische Angst in den Augen anderer zu sehen. Gedanken an das Töten bereiteten ihm Herzklopfen, so der 33-Jährige.
Der Prozess zehrt an den Nerven der Beteiligten. Der Vorsitzende Richter Arno Hornstein sagt unter anderem, dass der Täter „zahlreiche Taten der brutalsten Art“ begangen habe und die beiden vergewaltigten Frauen „ein Martyrium unbeschreiblicher Art“ durchlitten hätten. Er bringt auch seine Abscheu darüber mehrfach zum Ausdruck, Beweisfotos mit kinder- und tierpornografischen sowie Gewalt-Darstellungen sehen zu müssen. Erspart blieben sie ihm nicht. Eine sehr erfahrene Ermittlerin sagte im Zeugenstand: „Ich habe mich an den Film ‚Das Schweigen der Lämmer‘ erinnert gefühlt.“
Schuldig in allen Anklagepunkten
Es werden zwölf Verhandlungstage, an denen zahlreiche Sachverständige sowie Zeugen aussagen und an deren Ende das Gericht Daniel S. in allen Anklagepunkten für schuldig befindet. Das Urteil: lebenslänglich. Trotz seiner Persönlichkeitsstörung gilt der Mörder als voll schuldfähig. Zudem stellt die vierte Strafkammer des Landgerichts aufgrund diverser Tatmerkmale eine „besondere Schwere der Schuld“ fest. Das bedeutet, dass ein Verurteilter nicht mit einer vorzeitigen Haftentlassung nach 15 Jahren verbüßter Freiheitsstrafe rechnen kann.
Revision vor dem Bundesgerichtshof
Sein damaliger Verteidiger, Nicolas Doubleday, hatte allerdings bereits während des Verhandlungsmarathons das Gutachten des psychiatrischen Sachverständigen angezweifelt und die Einholung einer zweiten Analyse gefordert. Er wollte damit erreichen, dass der suchtkranke Mann nach dem Paragrafen 63 des Strafgesetzbuchs (StGB) in einem psychiatrischen Krankenhaus mit Therapiemöglichkeit und nicht in einem Gefängnis untergebracht wird.
Dafür bedarf es allerdings der verminderten Schuldfähigkeit oder vollständigen Schuldunfähigkeit. Zu genau dieser Einschätzung ist ein Sachverständiger allerdings nicht gekommen. Der 33-Jährige habe die Taten trotz starker Alkoholisierung bei vollem Bewusstsein begangen, lautete dessen Überzeugung. Der Verteidiger ficht das Urteil an und legt dahingehend Revision ein. Der Bundesgerichtshof in Karlsruhe (BGH) lehnt diese allerdings ab.
In welchem Gefängnis Daniel S. heute untergebracht ist, ist nicht bekannt; geschweige denn, ob er überhaupt noch am Leben ist. Die Staatsanwaltschaft Konstanz macht über den Verbleib des verurteilten Mörders auf SÜDKURIER-Nachfrage keine Angaben. „Lebenslang heißt lebenslang“, hieß es vor Gericht 2014.