Schon vor Jahren begann das Regierungspräsidium Freiburg, eine Ausweitung des Naturschutzgebietes Markelfinger Winkel zu prüfen, nachdem der Naturschutzbund Deutschland (Nabu) einen Unterschutzstellungsantrag gestellt hatte. Nun kommt wieder Bewegung in die Sache: Das Regierungspräsidium hat einen Entwurf für die Naturschutzgebietsverordnung „Markelfinger Winkel und westlicher Gnadensee“ erarbeitet.

Schutz von Wasservögeln

Wie das Regierungspräsidium auf seiner Internetseite schreibt, dient das geplante Schutzgebiet insbesondere dem Schutz von Wasservögeln. Und das führt laut Regierungspräsidiums-Pressesprecherin Heike Spannagel zu geplanten Änderungen in Bezug auf die Nutzungsmöglichkeiten der Wasserfläche.

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Im Bereich des gesamten Naturschutzgebietes werde es eine Beruhigung der Wasserfläche vom 15. Oktober bis 15. März geben. „In diesem Zeitraum sind mit Ausnahme der Berufsfischerei und für die ansässige Werft im Rahmen der erteilten wasserrechtlichen Erlaubnis keine Nutzungen auf dem Wasser erlaubt“, erläutert Spannagel.

Sperrzonen in Flachwasserbereichen

An mehreren ufernahen Flachwasserbereichen, etwa vor Markelfingen und der Mettnau, darf laut der Verordnung ganzjährig mit Wasserfahrzeugen aller Art – mit Ausnahme solcher der Berufsfischerei – nicht gefahren werden. „Dort darf zudem nicht gebadet oder getaucht werden“, so die Pressesprecherin. In Zonen, die nicht gänzlich gesperrt sind, dürfe die Wasserfläche auch in den Sommermonaten nur mit einer Geschwindigkeit von maximal zehn Stundenkilometern befahren werden.

Und: Im gesamten neuen Naturschutzgebiet dürfen „ganzjährig keine Bojen oder andere schwimmenden Anlagen verankert oder befestigt werden“, so Spannagel. „Die Angelfischerei darf nicht vom Ufer aus erfolgen.“ Detaillierter sollen die Unterschiede und geplanten Regelungen an einer öffentlichen Informationsveranstaltung vorgestellt werden, die am 22. November im Milchwerk stattfindet.

Stellungnahmen können abgegeben werden

Beschlossene Sache ist das Ganze aber noch nicht. „Im derzeit durchgeführten Beteiligungs- und Auslegungsverfahren haben alle Gelegenheit, nochmals Stellungnahmen abzugeben“, erklärt Heike Spannagel den Vorgang. „Diese werden nach dem Auslegungszeitraum inhaltlich überprüft. Ihre Berücksichtigung wird dann mit dem Schutzzweck der geplanten Verordnung abgewogen.“

Gegenebenfalls seien also noch Änderungen möglich. In Kraft treten soll die neue Verordnung laut der Pressesprecherin voraussichtlich im ersten Halbjahr 2023.

Markelfinger fürchten um Seezugang

Kritik gibt es an dem Vorhaben bereits jetzt. „Ich bin der Letzte, der gegen Naturschutz ist“, betont so etwa der Markelfinger Patrick Stricker. Aber er und auch der Bürger Claus Thoma sehen die Einschränkung für die Markelfinger durch die vorgesehenen Sperrzonen für Wassersportler und Badegäste problematisch. Betroffen seien auch Privatgrundstücke am See.

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„Mir ist es wichtig, dass meine Kinder und Enkel auch noch Seezugang haben“, sagt Stricker. Und Thoma kritisiert auch die geplante Beruhigung der Wasserfläche ab Oktober: „Da ist das Jahr halt nicht vorbei für uns Markelfinger“, sagt er. Denn die Einheimischen würden die Zeit nach der Tourismussaison nutzen, um ohne Andrang in den See zu gehen.

„Viel Nachbesserung nötig“

Edgar Raff ist Vorsitzender der Internationalen Wassersportgemeinschaft Bodensee (IWGB), der über 30 Fachverbände aus dem Gewerbe und Wassersport vertritt und unter dessen Dach eine Interessengemeinschaft Markelfinger Winkel gegründet wurde. Es hätten mehrere Gespräche mit dem Regierungspräsidium stattgefunden, berichtet er. Diese seien auch gut verlaufen und Wünsche seien teilweise im Entwurf der neuen Verordnung berücksichtigt worden. „Aber nicht in dem Maß.“

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Die geplanten Einschränkungen für den Wassersport seien enorm – und nicht nur für diesen, sondern auch für die Bevölkerung und den Tourismus. „Aus unserer Sicht ist da viel Nachbesserung nötig“, so Raff.

Leidet die Sicherheit?

Jens Daniel, Vorsitzender des Markelfinger Wassersportclubs, kritisiert vor allem drei Punkte. Zum einen gebe es Sicherheitsbedenken durch die vorgesehene Sperrung der Flachwasserzonen. Eine davon befindet sich neben dem Markelfinger Strandbad. Gerade beim Niedrigwasser 2022 seien viele Badegäste in diesen Bereich ausgewichen, weil das Wasser dort für Schwimmer noch tief genug gewesen sei.

Werden die Bereiche im geplanten Umfang gesperrt, seien die Badegäste, aber auch Wassersportler wie Stand-Up-Paddler dazu gezwungen, mehrere hundert Meter in Richtung Seemitte auszuweichen, befürchtet Daniel. Dort würden sie aber mit Booten in Konflikt kommen und könnten zudem das Ufer in Notfällen schwerer erreichen.

Jugendtraining wird eingeschränkt

Zum anderen schränke die Verordnung auch das Jugendtraining seines Clubs ein. Denn dieses finde aktuell im geschützten Markelfinger Winkel statt. Durch die Sperrzonen schrumpfe die zur Verfügung stehende Fläche und sei dann zu klein für „vernünftiges Regattentraining“. Stattdessen müsse dann auf den offenen See gefahren werden – problematisch, weil das Zeit koste und „wir dann in einem viel gefährlicheren Bereich sind“, so Daniel.

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Ebenfalls problematisch sieht er die Beruhigung der Wasserfläche im Winter, weil sie Trainingsmöglichkeiten für Wassersportler und auch Hobbyangler einschränken. Letztere dürften nicht nur im Markelfinger Winkel nicht mehr aktiv sein, sondern auch nicht hindurchfahren, um auf den offenen See zu gelangen. Für solche Fälle brauche es ein Ausnahmefahrrecht.

Dialog ist nötig

„Wir sind gar nicht grundsätzlich gegen die Verordnung“, betont der Vorsitzende des Wassersportclubs. Im Gegenteil: „Wir befürworten vieles daran.“ Nur müssten die Angelegenheiten des Naturschutzes und der Menschen in Einklang gebracht werden. „Da muss man einfach nochmal einen Dialog führen“, so Daniel.