Lange bestand in der Schweiz die Hoffnung, dass man bei den von US-Präsident Donald Trump erhobenen Strafzöllen besser wegkommt als die Nachbarn in der Europäischen Union. Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter hatte nach einem ersten Telefonat mit Trump noch erklärt, sie habe einen Zugang zu ihm gefunden.
Geholfen hat das offenbar nichts: Trump hat auf Schweizer Einfuhren in die USA einen Zollsatz von 39 Prozent verhängt. Deutlich mehr als die 15 Prozent, die für Produkte aus der EU gelten. Dass die Zollpolitik nicht nur für die Schweiz, sondern auch für die Region Südbaden Folgen haben könnte, bestätigen Experten und Wirtschaftsverbände.
Verlagern Schweizer Firmen die Produktion nach Deutschland?
„Neben den USA zählt die EU und hier insbesondere auch die Region Südbaden maßgeblich zu den wichtigsten Handelspartnern der Schweiz“, erklärt Katrin Klodt-Bußmann, Hauptgeschäftsführerin der IHK Hochrhein-Bodensee. Dementsprechend werde man die Folgen auch in der Region spüren.
Einen möglichen Effekt nennt eine Sprecherin der Handelskammer beider Basel (HKBB), Interessenvertreter der Schweizer Großstadt und der umliegenden Region. Sie sieht die Möglichkeit, dass deutsche Firmen von den hohen Zöllen auf Schweizer Produkte profitieren: „Insbesondere Schweizer Firmen, die ohnehin schon in Deutschland präsent sind, könnten die Produktion vermehrt nach Deutschland verlagern.“

Jan Atteslander, Bereichsleiter Außenwirtschaft beim größten Schweizer Wirtschaftsverband Economiesuisse, kann sich Verlagerungen ebenfalls vorstellen. Er merkt aber an, dass viele Schweizer Unternehmen auf Nischen fokussiert seien, was Umlagerungen erschweren könne.
Die HKKB sieht besonders kleine und mittlere Unternehmen im Bereich Maschinenbau, Medizintechnik oder Präzisionsinstrumente betroffen. Diese hätten nun einen Wettbewerbsnachteil, da sie die Mehrkosten oft nicht vollständig weitergeben könnten, sagt eine Sprecherin.
Diesen Nachteil könnten wiederum deutsche Firmen aus diesen Bereichen für sich nutzen, sagt Alexander Maas, Geschäftsführer des Verbandes Wirtschaftsregion Südwest (WSW) mit Sitz in Lörrach. Deren Produkte seien durch die Zölle auf dem US-Markt deutlich günstiger als Schweizer Erzeugnisse, wodurch Marktanteile hinzugewonnen werden könnten. Gleichzeitig seien aber deutsche Unternehmen oft Zulieferer für Schweizer Kunden, die Aufträge kürzen könnten.
Kurzarbeit bei Grenzgängern möglich
Ein Rückzug vom US-Markt scheint derzeit aber keine Option für betroffene Firmen. Eine Blitzumfrage der HKBB bei rund 20 Unternehmen hat ergeben, dass nahezu alle vorerst weiter im US-Markt aktiv bleiben wollen. Die Hälfte sieht die Möglichkeit, auf andere Märkte auszuweichen. Klodt-Bußmann von der IHK stellt aber klar: „Es gibt aktuell keine Anzeichen für eine verstärkte Verlagerung der Produktion von der Schweiz nach Deutschland.“
Bleibt also auch für Grenzgänger alles beim Alten? Bei der Umfrage der HKBB gaben immerhin zwei der rund 20 befragten Unternehmen an, dass sie befürchten, aufgrund der Zölle Arbeitsplätze abbauen zu müssen. Grundsätzlich seien die Auswirkungen für Grenzgänger schwer vorherzusehen, erklärt die Sprecherin.
Klodt-Bußmann von der IHK sieht derzeit Arbeitsplätze nicht in Gefahr. Es bleibe jedoch abzuwarten, wie sich der US-Markt für die Schweizer Unternehmen entwickeln wird. Jan Atteslander von Economiesuisse weist darauf hin, dass betroffenen Schweizer Unternehmen Kurzarbeit als Mittel der Arbeitsplatzsicherung offen stünde.
Zölle auf die Pharmaindustrie hätten Auswirkungen am Hochrhein
Und noch sind gar nicht alle Details der neuen Zollpolitik klar. Bislang sind Schweizer Pharmafirmen von den Strafzöllen ausgenommen, diese machen jedoch fast die Hälfte aller Schweizer Exporte in die USA aus. Dieser Umstand ist auch Donald Trump nicht verborgen geblieben, weswegen er mit einem Zollsatz von bis zu 250 Prozent droht.
Sollten für die Pharmabranche in Zukunft auch Zölle erhoben werden, wären mehrere in der Schweiz ansässige Pharmariesen betroffen – wie etwa Novartis und Roche – die auch auf der deutschen Seite des Hochrheins mit Standorten vertreten sind.
Alexander Maas von der WSW erwartet „erhebliche Auswirkungen“ für die am Hochrhein ansässige Pharmaindustrie, sollten die Zölle auch für ihre Stammsitze in der Schweiz gelten. Eine HKBB-Sprecherin sieht dann die Möglichkeit, dass es zu einem vermehrten Wegzug der Medikamenten-Produktion in die USA kommen könne, auch wenn ein Großteil der Exporte der Pharmafirmen immer noch in die EU ginge: „Der Erfolg der Schweizer Pharmabranche lebt davon, dass die ganze Wertschöpfungskette hier vorhanden ist, deshalb wäre ein Wegzug der Produktion problematisch“, so die Sprecherin.