Seit fast einem Monat kontrolliert die Bundespolizei verschärft die deutschen Landesgrenzen. Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) hatte die Kontrollen direkt nach seiner Amtsübernahme verhängt. Damit wollte er dafür sorgen, dass die irreguläre Migration zurückgeht.
Nur 125 Zurückweisungen bundesweit
Doch was haben die Kontrollen bislang gebracht? Laut Zahlen der „Bild am Sonntag“ wurden seit 8. Mai 3387 unerlaubte Einreisen an den deutschen Grenzen registriert, mehr als 2600 Menschen wurden zurückgewiesen. Wer unerlaubt nach Deutschland einreist, besitzt keinen gültigen Aufenthaltstitel für das Bundesgebiet. Dazu zählen aber auch Visa-Vergehen. So gab es etwa Berichte über Personen, die trotz abgelaufenen Visums durch Deutschland reisen wollten – sie verbrachten etwa ein Auslandssemester in Europa.
Bundesweit hatte die Bundespolizei laut „Bild“ nur 160 Menschen registriert, die vor ihrer Einreise einen Asylantrag gestellt hatten. Von ihnen wurden 125 Personen zurückgewiesen. Zahlen aus Baden-Württemberg konnte die Bundespolizei auf SÜDKURIER-Nachfrage nicht nennen.
Die Berichte von SÜDKURIER-Lesern hatten gezeigt, dass die Erfahrungen an der Schweizer Grenze ganz unterschiedlich sind: Während manche Grenzgänger bereits mehrfach angehalten wurden, wurden andere trotz regelmäßigem Pendeln über die Grenze noch gar nicht kontrolliert.
Hohe Belastung für die Bundespolizei
Gleichzeitig werden derzeit bis zu 14.000 Bundespolizisten eingesetzt, die die Grenzen kontrollieren, sagt Andreas Roßkopf, Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei. Das seien etwa 3000 mehr als üblich. Unterstützung erhalten die Bundespolizisten etwa von der Bereitschaftspolizei und anderen Einheiten. Laut Medienberichten wird derzeit auch geprüft, ob Zollbeamte zur Amtshilfe einspringen können.
Um diesen Aufwand zu stemmen, seien die Schichten teilweise auf zwölf Stunden verlängert worden. Außerdem würden kurzfristige Urlaube nicht genehmigt und Fortbildungen ausgesetzt. Die Belastung der Bundespolizei sei enorm. Und ein Ende scheint erst einmal nicht in Sicht: „Wie lange diese Situation noch andauert, ist bisher nicht bekannt“, so Roßkopf gegenüber dem SÜDKURIER.
Sind die Kontrollen rechtens?
Gleichzeitig hat die Debatte, ob die Zurückweisungen überhaupt rechtens sind, erneut an Fahrt aufgenommen. Das Berliner Verwaltungsgericht hatte am Montag die Zurückweisung von drei Somaliern für rechtswidrig erklärt.
Zurückweisungen auf deutschem Staatsgebiet sind normalerweise europarechtswidrig, können jedoch in Ausnahmefällen erlaubt sein. Der Konstanzer Jurist Daniel Thym erklärt, dass die Bundesregierung im konkreten Fall der drei Somalier keine Begründung vorgelegt hatte, warum die Voraussetzung für eine Ausnahme erfüllt sei.
Berliner Entscheidung hat noch keine Auswirkung
„Bisher hat sich das Verwaltungsgericht Berlin noch gar nicht mit der Frage auseinandergesetzt, ob eine künftige Begründung überzeugt oder nicht“, so Daniel Thym. Ob die Zurückweisungen nach europäischem Recht erlaubt sind, darüber gibt es also noch gar keine Entscheidung.
„Selbst wenn die Bundesregierung eine tatsächliche Begründung liefert, ist der Erfolg nicht garantiert“, sagt Thym weiter. Nach seiner Einschätzung kommen die Zahl der Asylanträge und das Thema Kriminalität als Begründung nicht infrage. Die Bundesregierung könne jedoch die Herausforderungen bei der Integration der Asylbewerber anführen.
Politischer Druck könnte wachsen
Dass die Bundesregierung gar keine Begründung vorlegen konnte, zeigt laut Thym, dass die Zurückweisungen schlecht vorbereitet worden seien. „Die Regie lag offenbar bei der Bundespolizei, die offenbar glaubte, es sei alles ganz einfach“, sagt Thym. Das falle der Bundesregierung nun auf die Füße.
„Juristisch gilt die einstweilige Anordnung nur für die drei Antragsteller, betrifft also die drei Einzelfälle“, sagt Daniel Thym. Für die Grenzkontrollen heißt das: Die Bundespolizei darf die Zurückweisungen vorläufig weiter fortsetzen. Der politische Druck wächst laut Thym erst dann, wenn Gerichte aus weiteren Bundesländern ähnliche Beschlüsse fällen.