Ein Sommer ohne Schießlärm in Bittelbrunn? Davon träumen die Bewohner im Engener Ortsteil seit vielen Jahren. Nicht weit davon entfernt wollen die Dornsbergschützen ihren Schießsport ungestört betreiben. Beide Anliegen sind verständlich, aber schwierig unter einen Hut zu bekommen. Das zeigt die aktuelle Nachfrage bei der Bürgerinitiative und den Schützen.
Auf SÜDKURIER-Nachfrage schien sich im vergangenen Frühjahr eine mögliche Einigung in der teils heftig und seit Jahren geführten Schießlärm-Debatte abzuzeichnen. Der neue Vorstand der Dornsbergschützen signalisierte der Bürgerinitiative, ihnen mit diversen Maßnahmen entgegenzukommen. Unter anderem sollte es durch die Reduzierung der Öffnungstage des Parcours sowie die Stilllegung von Schießständen ruhiger in Bittelbrunn werden.
Warum dauert das mit dem Gutachten so lang?
Zum Dreh- und Angelpunkt ist ein neues Lärmgutachten geworden, das die Schützen im vergangenen Jahr bei der Dekra in Auftrag gegeben hatten. Das soll zum einen den Ist-Zustand des Lärmpegels am Dornsberg wiedergeben. Zusätzlich hätten die Schützen eine Messung veranlasst, um potenziell lärmärmere Standorte zu identifizieren, so die beiden Vorsitzenden der Dornsbergschützen Markus Leibinger und Lena Weigele. Mit einer Verlegung von Schießständen würden die Schützen den Bittelbrunnern entgegenkommen. Für das Gutachten hat der Verein nach eigenen Angaben bereits 20.000 Euro investiert. Jeder neue, verlegte Schießstand koste noch einmal dieselbe Summe. Man sei bereit, für das gute Miteinander richtig Geld in die Hand zu nehmen, so Weigele.
Das Problem am Gutachten: Die Ergebnisse haben ein Jahr auf sich warten lassen und liegen erst jetzt vor.
Das lange Warten ärgert die Schützen ebenso wie die Bürgerinitiative. Deren Vertreter beklagten bei ihrer Hauptversammlung, zu der das Gutachten noch nicht vorlag, dass die Kommunikation mit den Schützen nicht mehr laufe und es in Bittelbrunn so laut knalle wie eh und je. „Es gibt Schüsse, die sind deutlich leiser, teilweise sind sie aber auch bis zu 70 Dezibel laut“, so der Vorsitzende der Bürgerinitiative, Ralph Maier, zu den eigenen Messungen im Ort.
Das wäre zu laut, denn in einem Mischgebiet wie Bittelbrunn ist laut der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm in Baden-Württemberg (TA Lärm) eine maximale Belastung mit 55 Dezibel erlaubt.
Anwohner beklagen, dass sie nichts schriftlich haben
Die Bürgerinitiative hatte auch einen Vertreter des Landratsamts zu ihrer Versammlung eingeladen. Der musste allerdings kurzfristig absagen. Dennoch formulierte Maier deutlich, dass sie Hilfe fordern: „Das Landratsamt müsste gesetzlich nachgeben, wenn die Bevölkerung unter Lärm leidet.“
Maier und seine Vorstandskollegen räumten ein, dass ihnen die Schützen mit der Anpassung der Schießzeiten teilweise entgegenkämen. „Aber sie nutzen den Spielraum vom Landratsamt aus“, so Maier, der dann zum Kernpunkt seiner Kritik kommt. Zu den bisherigen und den angekündigten Zugeständnissen der Schützen gebe es nichts Schriftliches. „Wir haben nichts auf der Hand“, so Maier.

In einem Gespräch mit dem SÜDKURIER formuliert er seine Sorge, dass etwa ein neuer Vorstand der Schützen die jetzt zugestandenen Schutzmaßnahmen jederzeit wieder zurücknehmen könnte.
Nächster Schritt: Verwaltungsgericht?
Dass ihnen die Probleme der Bittelbrunner wichtig sind, zeigten die Engener Stadträte, die die Hauptversammlung mit acht Vertretern besuchten. Auch Ordnungsamtsleiterin Katja Lieberherr hörte sich die Sorgen der Bürgerinitiative an. Es sei eine traurige Geschichte, in der sich kaum etwas verbessert habe, so CDU-Stadtrat Jürgen Waldschütz. „Das ist eine klare Sache für die Kreisräte“, so seine Einschätzung.
Bürgermeisterstellvertreter Armin Höfler (UWV) unterstützte die Überlegung der Initiative, eventuell den Weg über das Verwaltungsgericht zu nehmen. „Es ist der Punkt, an dem man gute Profis mit ins Boot holen muss“, so Höfler, der einen Verwaltungsrechtler in Freiburg nannte. Der Stadtrat sollte prüfen, was rechtlich möglich sei. Allerdings seien die finanziellen Möglichkeiten knapp, gestand UWV-Sprecher Gerhard Steiner ein.
Schützen haben schon Schießstände stillgelegt
Auf Seiten der Schützen sorgt die Kritik der Bürgerinitiative für Ungläubigkeit. „Wir tun und machen, was wir können. Wir haben das Gefühl, gar nicht gehört zu werden“, beschreibt Lena Weigele die aktuelle Situation. Bei einem Ortstermin zeigen die beiden Schützen bereits stillgelegte Schießstände in der Höhe, die zuletzt am lautesten nach Bittelbrunn schallten, sowie neue, tiefergelegene Stände und potenzielle Standorte, die sich fast am Fuß des Tals befinden. „Diese Schießstände hat uns Graf Douglas zugestanden und wir Schützen wollen das auch“, so Weigele zur Vereinbarung mit dem Verpächter.

Lena Weigele und Markus Leibinger erläutern, dass die Pachtkosten zuletzt deutlich gestiegen seien – zugegebenermaßen die erste Erhöhung seit 1990. Als Konsequenz seien die Mitgliedsbeiträge verdreifacht worden. Trotz Kritik aus den Reihen der 500 Mitglieder habe der Vorstand aber nicht geplant, die höheren Ausgaben durch mehr Veranstaltungen zu refinanzieren, so Weigele und Leibinger.
Ist es trotz Maßnahmen zu laut?
Ein Faktenblatt, das der Redaktion vorliegt, listet Maßnahmen auf, die der Verein bisher aus Rücksicht auf die Bittelbrunner vorgenommen habe. Darin ist unter anderem der Verzicht auf einen von acht erlaubten Sonntagswettkämpfen aufgeführt, ebenso wie freiwillige Schließung der Anlage montags, dienstags und sonntags sowie die Reduzierung der Öffnungszeiten und die Investition eines fünfstelligen Betrags in Maßnahmen zur Reduzierung des Schießlärms.
„Wir versuchen gemeinsam mit den Behörden alles in unserer Macht Stehende zu tun, um den Lärm zu minimieren. Die Umsetzung geht leider nicht von heute auf morgen“, so der Vorsitzende Markus Leibinger.

„Dornsbergschützen halten sich an alle geltenden Vorgaben“
Der Engener Bürgermeister Frank Harsch ist sich der schwierigen Situation bewusst. Ganz aktuell gab es ein Gespräch mit dem Landratsamt und der Bürgerinitiative, bei dem auch er dabei war. Harsch vermittelt, dass es klare gesetzliche Richtlinien vom Landratsamt als Genehmigungsbehörde gebe. „Die Dornsbergschützen halten sich an alle geltenden Vorgaben. Trotz allem ist es eine Belastung für die Bürger. Sie sind ein Stück weit auch gequält davon“, so Harsch. Daher brauche es dringend Gespräche. „Wir müssen versuchen, eine Lösung zu finden, mit der alle leben können.“
Auf offene Kommunikation wollen auch die Schützen setzen und planen eine Informationsveranstaltung, zu der die Bittelbrunner eingeladen werden sollen.