Donauwasser im Untersee oder Hochrhein? Eine kühne Behauptung! Oder Nein, eine Wahrheit, die der Geologie und respektive dem regionalen Untergrund geschuldet ist, auf dem wir leben. Schuld am Rätsel um das Donauwasser im Rhein ist die Aachquelle.
Eine knappe Autostunde vom Untersee entfernt, im sechs Kilometer langen Donauabschnitt zwischen Immendingen und Möhringen, versickert an durchschnittlich 200 Tagen jährlich viel bis hin zu alles Wasser des zweitlängsten europäischen Flusses, noch ehe er vom Schwarzwald herkommend so richtig Anlauf genommen hat. Grund ist der poröse Kalkuntergrund, der auf einer Infotafel beim Platz zur Hauptversinkungsstelle mit einem „Schweizer Käse“ verglichen wird.

Fachleute schätzen, dass das unterirdisch nach Süden strömende Donauwasser jährlich 10.000 Tonnen Kalk aus dem Untergrund löst, was einem Würfel von etwa 15 Metern Kantenlänge entspricht. Dass die durchschnittlich 5000 Liter Donauwassers aber nicht sekündlich im Untergrund verschwinden, um dann einfach „weg“ zu sein und um den Touristen trockenen Fußes kilometerlange Flussbettwanderungen zu ermöglichen, versteht sich von selbst.

In den aktuellen Hitzewochen liegt das Donaubett im genannten Abschnitt, in dem übrigens ein maximaler Wasserpegel von drei Metern herrschen kann, wieder knochen- respektive geschiebetrocken da. Und das Wasser, das spätestens an der Stelle „Bis hierher und nicht weiter!“ restlos in den Untergrund abtaucht? Es verschwindet in einem großen Höhlensystem und tritt nach zwölf Kilometer Luftlinie und 174 Meter tiefer im Aachtopf wieder aus.

Womit wir bei der nächsten Station des Donauwassers auf seinem Weg gen Süden und damit zum Rhein angelangt wären – der Mittelstation gleichsam. Schon 1877 hat ein groß angelegter Versuch mit 20 Tonnen Salz, das in die Donauversickerungsstellen geschüttet wurde, die unumstößliche Tatsache ergeben, dass das abhanden gekommene Donauwasser im Aachtopf und damit in der ergiebigsten Quelle Deutschlands wieder zutage tritt. Es macht dort etwa zwei Drittel der Auschüttung aus, die maximal rund 24 Kubikmeter pro Sekunde beträgt – was ausreichen würde, um einen Tanklaster in weniger als einer Sekunde zu füllen!
Der romantische und bei Touristen beliebte Ort liegt unterhalb des Städtchens Aach im Hegau; entlang des kanalisierten Aachabflusses zeugen historische Fabrikgebäude von der einstigen Nutzung der Wasserkraft.
Untergrund gibt weiter Rätsel auf
Und der geheimnisvolle Untergrund zwischen Donauversinkung und Aachquelle? Taucher haben immer wieder versucht, durch die Quellöffnung in das Höhlensystem vorzudringen, was bei der enormen Strömungsgechwindigkeit im 18 Meter tiefen Quellschacht einem lebensgefährlichen Unterfangen gleichkommt. Zwei Eindringlinge kamen dabei zu Tode. Im Jahr 1991 hat der deutsche Finanzbeamte Harald Schetter etwa einen Kilometer geschafft und ist bis in Regionen vorgestoßen, in denen die Höhlendecke über den Wasserspiegel ansteigt und ein Gummiboot zum Einsatz kommen kann. Zudem versucht eine Forschergruppe seit Jahrzehnten, einen Schacht ins Höhlensystem abzuteufen – bisher allerdings ohne durchschlagenden Erfolg.

Doch folgen wir dem Donauwasser, das sich ab Quelle als Radolfzeller- oder Hegauer Aach dem Rhein respektive Untersee entgegen schlängelt. Nachdem sie die Stadt Singen durchflossen hat, wendet sich die Aach nach Osten und mündet nach zahlreichen Mäandern zwischen Moos auf der Höri und Radolfzell innerhalb eines ausgedehnten Naturschutzgebietes in den Zellerarm des Untersees – womit die eingangs aufgestellte Behauptung bewiesen wäre: Wer im See oder von da ab im Rhein schwimmt, badet auch in Donauwasser – wenn auch zu einem vergleichsweise geringen Prozentsatz. Aber immerhin dient auch dieser an heißen Sommertagen der Abkühlung.
Und eine späte Genugtuung zum Schluss: Der Reichenauer Abt Walahfrid Strabo, der vor bald 1200 Jahren als Erster spekulierte, dass via Aachquelle Donauwasser in den Rhein gelange, hat Recht behalten.