Mitarbeiterinnen eines Betreibers von Corona-Teststellen in mehreren Hegaugemeinden beklagen, dass ihnen ein Großteil des vereinbarten Lohnes nicht bezahlt wurde. An die zehn Anzeigen sind deshalb schon beim zuständigen Polizeirevier Radolfzell eingegangen. Der Beschuldigte, Benjamin Hoch, hatte laut der in Mini-Jobs und Teilzeit Beschäftigten seinen Sitz in Moos samt einer der Teststellen, er sei aber dort seit einigen Wochen nicht mehr erreichbar. Hoch weist die Vorwürfe gegenüber dem SÜDKURIER vehement zurück. Nachdem wir ihn über sein Handy erreicht hatten, gaben wir ihm Gelegenheit, sich zu äußern.
Ladungen nicht zustellbar
Mitarbeiterinnen hatten auch zivilrechtliche Klagen gegen Hoch beim Arbeitsgericht Radolfzell eingereicht. Es kam zu Verhandlungen. Auch davon wisse er nichts, so Hoch. Und er habe seinen Wohnsitz nicht in Moos, sondern in Villingen-Schwenningen. Bei den Verhandlungsterminen war er laut Arbeitsgericht nicht anwesend. Ladungen für Verhandlungstermine seien als postalisch unzustellbar zurückgekommen, erklärt Richter Carsten Teschner auf Anfrage als Mediensprecher.
Viele Beschäftigte aus dem Hegau
„Es gab schon einige sogenannte Versäumnisurteile, die den Klägerinnen recht gab, weil die Vorwürfe auch aufgrund von Unterlagen schlüssig und nachvollziehbar waren“, so Teschner. „Als endgültig verkündet gelten solche Urteile erst, wenn sie zugestellt sind und kein Widerspruch eingelegt wird“, sagt er. Ein Großteil der fast überwiegend weiblichen Beschäftigten von Hoch kommt aus dem Hegau. Dort waren sie auch bei mehreren Teststellen tätig, wie in Singen, Hilzingen, Gottmadingen und Steißlingen.
Zahlungen wurden angefordert
„Die Zahlung für den Juni und einen Teil des Juli-Lohns habe ich erhalten. Der Rest steht aber noch aus. Und das sind 360 Euro“, sagt Lucy Kunze aus Engen. „Ich habe mehrfach versucht, den Mann telefonisch zu erreichen und ihm auf sein Handy eine Nachricht geschrieben. Es gab aber keine Reaktion“, berichtet Lucy Kunze frustriert. „Es liegen bis heute noch keine Kündigungen vor. Wir können uns nicht mal von den Minijobs abmelden“, sagt Alexandra Behli aus Singen. „Wir haben mehrfach die Zahlungen angefordert, sie sind auch versprochen worden“, versichert sie.
Einzelne Kündigungen eingeräumt
„Von den Fällen und auch von Arbeitsgericht-Ladungen ist mir nichts bekannt“, erklärt Benjamin Hoch gegenüber dem SÜDKURIER. Es habe einigen Mitarbeiterinnen gekündigt, weil sie unzuverlässig gewesen seien, räumt er ein. Nach Veränderungen der Corona-Verordnungen mit dem Wegfall vieler Testpflichten, wie für den Besuch von Schwimmbädern, sei auch die Arbeit über Nacht und daher die Zahlungen durch das Sozialministerium für die Testungen weggebrochen, so Hoch.

Seine Ausführungen stellen die Beschäftigungen in Abrede. „Ich habe mehrfach versucht, Herrn Hoch zu erreichen, nachdem die Zahlungen ausstanden. Es gab keine Antwort“, sagt Lena Tuschy aus Tuttlingen. Ein Betrag von mehr als 2000 Euro sei rückständig. „Das Arbeitsgericht gab mir in allen drei Klage-Punkten recht, wie auf die Bezahlung der ausstehenden Beträge. Mir hat Herr Hoch auch gekündigt, nachdem ich an einem ganz kurzfristig anberaumten Test-Einsatz nicht leisten konnte“, schildert sie. Geschädigte berichten auch davon, dass die Arbeitsverträge unbefristet abgeschlossen worden seien, auch Lohnfortzahlungen bei Wegfall von Arbeiten seien fixiert worden. Die neue Corona-Verordnung ab Juli führte dazu, dass die Zahl der geforderten Coronatests rapide sank.
Staatsanwaltschaft soll entscheiden
Mit den Sammel-Anzeigen befasst sich nun das Polizeirevier Radolfzell. „Sie hat die Ermittlungen übernommen. Die Sachlage soll eingehend geprüft werden, auch anhand von Unterlagen, wie Verträgen. Auch der Beschuldigte soll gehört werden“, sagt Polizeisprecher Dieter Popp. Sollten sich die Beschuldigungen bestätigen, werde die Polizei die Anzeigen an die Staatsanwaltschaft weiterleiten. Die müsste dann entscheiden, ob es zu einem Strafverfahren kommt, bei dem es um Vorenthaltung bis zur Veruntreuung von Entgelt gehen würde.
Probleme in Hilzingen
Der Betreiber der Teststellen hat auch in Hilzingen direkt beim Schwimmbad aufgeschlagen. Aber nur zwei Tage. „Leider hat er mit seinem Team die Teststelle nicht durchgehend besetzt. So standen teils bis zu 40 Badebesucher Schlange, die sich testen lassen wollten, wie das noch vor der Lockerung der Corona-Regeln vorgeschrieben war. Das war für uns sehr ärgerlich“, schildert der Hilzinger Bürgermeister Holger Mayer. „Wir waren sehr enttäuscht und mussten auf die Schnelle eigene Leute aus der Verwaltung mobilisieren, um die Testangebot aufrecht zu erhalten und den Menschen den Eintritt ins Schwimmbad zu ermöglichen“, so Mayer. Glücklicherweise sei nach wenigen Tagen die Testpflicht für Schwimmbäder entfallen. Hoch hatte die Probleme mit Personal-Engpässen begründet.
In Steißlingen lief es besser
Länger war Hoch als Betreiber einer Teststelle in Steißlingen tätig. „Der Ablauf hat geklappt. Es gab nur kleinere Verbesserungswünsche“, erklärt der Steißlinger Bürgermeister Benjamin Mors. „Bei der Qualifikation von Teststellen-Betreibern verlassen wir uns auf die Auskunft des Gesundheitsamtes, mit dem wir in enger Abstimmung sind“, sagt Mors. „Wir haben kommunal auch selbst in der Seeblickhalle donnerstags ein Testzentrum eingerichtet. Dafür haben wir ehrenamtlich Tätige eingehend geschult“, berichtet er.
Das wird gefordert
Voraussetzung für einen Betreiber von Teststellen: Beim Gesundheitsamt muss laut Landratsamt Konstanz ein Antrag auf Leistungserbringung gemäß Paragraf 4a der Coronavirus-Testverordnung gestellt werden. Dazu müssen entsprechende Unterlagen eingereicht werden. Diese umfassen einen Organisations- und Hygieneplan für die Gewährleistung der ordnungsgemäßen Durchführung der Tests sowie der Einhaltung der infektionsschutzrechtlichen, medizinprodukterechtlichen und arbeitsschutzrechtlichen Anforderungen. Außerdem werden unter anderem Nachweise verlangt, dass nur fachkundiges beziehungsweise geschultes Personal eingesetzt wird. Bisher seien noch keinem beauftragten Betreiber die Erlaubnis entzogen worden, berichtet das Landratsamt Konstanz. Bei konkreten Beschwerden sowie stichprobenartig seien jedoch bereits mehrfach Begehungen zur Überprüfung der ordnungsgemäßen Leistungserbringung durchgeführt, bei Missständen Auflagen angeordnet und deren Durchsetzung kontrolliert worden. Es habe auch Ablehnung von Bewerbern gegeben.