Ein Bild mit Symbolcharakter: Gut 80 Feuerwehrleute stellen sich wie eine Fußballmannschaft nach einem erfolgreichen oder missglückten Spiel im Kreis auf. Nur mit etwas mehr Abstand. Die Wehrleute um ihre Führung analysieren ihren vorigen Einsatz genauso wie die Trainer mit ihren Kickern nach dem Abpfiff. Das Geschehen um die Rettungskräfte ereignet sich nach dem Brand in einem Hilzinger Wohngebiet. Die Feuerwehrleute rücken in Corona-Zeiten wie diesen auch gerne zusammen, weil sie sich bei ihrem ehrenamtlichen Engagement nur zu Einsätzen treffen dürfen. Proben sind nach den Corona-Verordnungen nur im Ausnahmefall erlaubt. „Das macht es zur besonderen Herausforderung, wenn wir im Ernstfall ausrücken müssen, wie zu Bränden oder zu Unfällen“, erklärt Jean-Pierre Müller, Kommandant der Hilzinger Feuerwehr. Der Einsatz am Samstag sei gut verlaufen, zu verbessern gebe es immer einige Details, sagt Müller. Einsatzleiter Heiko Jäckle lobt in seiner kurzen Ansprache die Wehrleute aus Hilzingen und den Abteilungen Riedheim, Duchtlingen und Weiterdingen genauso wie die Kameraden aus Singen, die mit Hilfe der Drehleiter Schlimmeres verhinderten.

Auch Routiniers müssen üben

Auch der Hilzinger Bürgermeister Holger Mayer, der in seinem Noch-Wohnort Biesendorf schnell die Tasse Kaffee stehen ließ und nach Hilzingen fuhr, gibt den Wehrleuten seine Wertschätzung über deren Arbeit mit auf dem Weg nach Hause. „Ich schätze vor allem den tollen Zusammenhalt der Truppe“, erklärt Mayer gegenüber dem SÜDKURIER. „Selbst Wehrleute, die schon viele Jahre ihren Rettungseinsatz leisten, müssen immer wieder proben, damit sie nicht aus der Übung kommen. Umso mehr gilt dies auch für die Jungen, die erst seit kurzem dabei sind“, streicht Jean-Pierre Müller heraus.

Sie sind froh, dass der Brand-Einsatz in Hilzingen erfolgreich verlief: (von links) Hans-Jürgen Oexl (stellvertretener ...
Sie sind froh, dass der Brand-Einsatz in Hilzingen erfolgreich verlief: (von links) Hans-Jürgen Oexl (stellvertretener Kreisbrandmeister), Jean-Pierre Müller (Hilzinger Feuerwehr-Kommandant), Tochter Jenny Müller und Bürgermeister Holger Mayer. | Bild: Bittlingmaier, Albert

Ausgerechnet Müllers Tochter Jenny leistet nach der Grundausbildung ihren ersten Einsatz. Und die zierliche 22-jährige Studentin der Landschaftsarchitektur wirkt glücklich und etwas stolz, als sie resümiert: „In der Riegelstellung habe ich zusammen mit meinen Kameraden mitgeholfen, dass sich das an zwei Gebäuden wütende Feuer nicht weiter ausbreitet.“ Jenny Müller ist als einzige Frau allein unter etwa 200 Wehrmännern von Hilzingen und den Ortsteilen. „Das macht mir nichts aus. Ich finde es wichtig und es bereitet mir Freude, meinen ehrenamtlichen Beitrag bei den Rettern zu leisten. Das Feuerwehrwesen hat mir mein Vater schon in die Wiege gelegt“, sagt Jenny Müller.

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Es war laut Vater Jean-Pierre Müller nicht leicht, den Brand zu löschen. Ein elfjähriger Junge einer Flüchtlingsfamilie hatte laut Polizei ein Feuer in ihrer Gemeindewohnung fahrlässig verursacht. Es griff auch auf das Nachbargebäude über. „Beide Dachstuhle standen in Brand. Auf einem hat uns eine Solaranlage den Zugriff zum Feuer stark erschwert“, so Jean-Pierre Müller.

Corona-Fälle ohne Folgen

Die Abstandsregelung bei Bekämpfung von Bränden sei nicht immer einzuhalten. „Es muss alles schnell gehen. Dazu kommt auch noch etwas Hektik“, betont Müller. „Einige unserer Leute hatten sich wie auch in anderen Hegauer Feuerwehren in den vergangenen Monaten mit den Coronavirus infiziert. Da sie aber nur mit wenigen Kameraden in Kontakt waren, gab es keine Gefahr, dass die Schlagkraft der Feuerwehr darunter litt“, so Müller. Führungskräfte werden demnächst an Seminaren teilnehmen, die noch intensiver darüber informieren sollen, wie die Feuerwehren die speziell für sie geltenden Corona-Maßnahmen umsetzen.

Der Hilzinger Bürgermeister Holger Mayer bedankt sich für den guten Einsatz der Feuerwehrleute von Hilzingen und den Abteilungen sowie ...
Der Hilzinger Bürgermeister Holger Mayer bedankt sich für den guten Einsatz der Feuerwehrleute von Hilzingen und den Abteilungen sowie den Kameraden aus Singen. | Bild: Bittlingmaier, Albert

Genauso wie der Hilzinger Kommandant hofft auch die Spitze der Singener Feuerwehr, dass es bald wieder möglich wird, Proben abzuhalten. „Momentan müssen wir noch auf die Routine setzen, damit die Einsätze gut verlaufen. Und ältere Kameraden nehmen die Frischlinge an die Hand“, schildert Stefan Schüttler, Kommandant der Singener Feuerwehr, Abteilung Stadt. „Wir sind seit März bei den Übungseinheiten komplett eingeschränkt. Nach den Verordnungen darf nur in Bereichen geübt werden, wo dies dringend nötig ist. Dies gilt bei uns beispielsweise für die Höhenretter“, erklärt Schüttler. Wenn überhaupt, sei es nur erlaubt, Gruppen mit zehn Wehrleuten mit Einhaltung des Mindestabstandes üben. Und die Teams müssten stets in derselben Besetzung proben“, so Schüttler.

Ein Großaufgebot der Rettungskräfte ist beim Brand im Einsatz.
Ein Großaufgebot der Rettungskräfte ist beim Brand im Einsatz. | Bild: Bittlingmaier, Albert

„Wenn wir wie vor Corona eine intensive Probe ausführen, sind schon mal 65 Feuerwehrleute dabei. Bei einem einzigen Corona-Fall würde dies die gesamte Einsatzkraft der Singener Feuerwehr lahmlegen“, zeigt Schüttler auf. Die Bevölkerung sei für das Thema sensibilisiert, es gebe eine höhere Systemrelevanz. Im eigenen Notfall soll schließlich jeder Einsatz möglich sein.