Der Propeller des Helikopters rattert laut. Ein Luftzug zieht herein. Denn die Tür des Helikopters wurde vor dem Start ausgebaut. So hat Fotograf Tom Hegen Platz für seine Kamera. Die holländischen Tulpenfelder viele Meter unter ihm wirken wie Miniaturfelder. Dass dort Tulpen wachsen, ist nicht zu erkennen. Man sieht lediglich grüne, rote und gelbe Streifen. Hegen lehnt sich aus dem Helikopter heraus, lenkt die Kamera in Richtung Boden – dann drückt er ab.
Konstanz ins Herz geschlossen
Vor rund einem Jahr, im Juli 2017, hat der Fotograf seinen Abschluss an der HTWG in Konstanz absolviert. Für sein Masterstudium in Kommunikationsdesign war die Stadt am See deshalb für zwei Jahre die Heimat des gebürtigen Augsburgers.

Er vermisse die Zeit. "Ich weine der Studienzeit schon ein bisschen hinterher." Bei seiner Arbeit als Fotograf kommt er viel umher. Spanien, Kroatien und Norwegen sind nur einige seiner Ziele. Die Reisen beeindrucken ihn. "Ich war an vielen Orten, aber Konstanz ist definitiv der mit der besten Lebensqualität."
Fotografisch viel zu bieten
In einer WG in Petershausen habe er gewohnt. Direkt am Seerhein, der Weg zum Baden war ein kurzer. Auch die Landschaft habe ihn stets begeistert, die Alpen rund um den See genauso wie der Bodensee selbst. Die Kamera war ständig dabei, denn es gab viel zu fotografieren. Einige seiner ersten Luftbilder, die er auf Instagram veröffentlicht hat, sind in Konstanz entstanden. Im Januar 2017 hat Hegen die Marienschlucht im Winter fotografiert. Dazu hat er eine Drohne benutzt.
Mit dem Leichtflugzeug ging es für ihn vergangenes Jahr in luftige Höhe über den Seerhein. Das entstandene Foto zeigt die Fahrradbrücke im Kleinformat von oben.
Eine ganze Serie zeigt verschiedene Boote auf dem Bodensee.
Ein anderes Foto zeigt einen langen Steg, der gegenüber von der Insel Reichenau in den Untersee führt. Das Bild hat Hegen in der Nähe von Ermatingen aufgenommen.
Einer, der anpacken will
Früher, erzählt Hegen, wollte er immer Handwerker werden. Als Schüler träumte er davon, später mal als Schreiner oder Steinmetz zu arbeiten. Ein Theoretiker war er nie. Er will lieber mit seinen Händen arbeiten. Die Vorstellung, am Ende des Tages das Ergebnis seiner Arbeit sehen zu können, faszinierte ihn damals. "Heute bin ich quasi ein digitaler Handwerker", sagt Hegen.
Erst 2010 während eines Auslandsjahrs in Neuseeland hat er mit dem Fotografieren begonnen. Zum ersten Mal eine richtige Kamera in der Hand zu halten, weckte sein Interesse. Er probierte aus, las sich ein, verbesserte sich. Schnell fand er heraus, dass er gerne Landschaften fotografieren würde. "Ich habe lange Zeit die perfekten Sonnenuntergänge mit roten Wolken eingefangen", erinnert sich Hegen.
Fotos aus luftiger Höhe
Heute ist sein Stil ein anderer. Denn es gab einen Perspektivwechsel. Seit vier Jahren fotografiert Hegen vor allem aus der Höhe auf seine Motive hinab. Mit der Drohne, aus dem Heißluftballon oder aus einem Helikopter.
"Wenn ich Höhenangst hätte, würde das nicht gehen." Satellitenbilder bei einer Ausstellung haben ihn dazu motiviert. Diese zeigten unter anderem Teile des abgeholzten Regenwalds. "Die Bilder haben mich so fasziniert", erinnert sich Hegen, "ich habe mich total darin verloren."
Seitdem verfolgt der Nachwuchsfotograf ein Ziel: Er will mit seinen Bildern ein Bewusstsein für den Einfluss der Menschen auf die Natur schaffen. Nicht umsonst lautet der Titel des Bildbands, der im Oktober erscheint: Habitat - Vom Menschen geprägte Lebensräume. Er dokumentiere "wie Rohstoffe abgebaut und Wälder in Anspruch genommen werden." Und damit auch, wo die Ressourcen für das menschliche Leben herkommen. "Es ist sicherlich hinterfragbar, ob wir weiter so mit der Natur umgehen können."
Ein Plan muss sein
Seine Fotos sind aus mehreren hundert Metern Höhe aufgenommen und wirken dadurch meist abstrakt. Dieses Foto entstand vor wenigen Monaten aus einem Helikopter. In Frankreich dokumentierte Hegen die Gewinnung von Salz.
Auch in seiner Heimat Augsburg hat Hegen fotografiert. Im vergangenen Jahr war er mit einem Heißluftballon unterwegs. Das Foto ist Teil einer Steinbruch-Serie.
Was die Bilder sofort erkennen lassen: den Grafikdesigner in ihm. Er versucht, grafisch zu arbeiten: "Die Bilder sind sehr aufgeräumt und entsprechen festgelegten Winkeln." Dafür braucht es einen genauen Plan. Mithilfe von Satellitenbildern skizziert Hegen vorab eine genaue Vorstellung seines Fotos. Das Planen liegt ihm, er will in geordneten Bahnen leben und arbeiten. In der Luft muss dann alles sehr schnell gehen.
Seit einem Monat arbeitet Hegen selbstständig als Fotograf und Grafikdesigner. In zwei Wochen fliegt er nach Grönland. Drei Wochen lang ist er dort für eine Fotoserie zur Klimaerwärmung und der Schmelzung des Eisschilds. Danach steht eine Woche Island an. "Bei meinen Flügen wird jede Menge Kerosin ausgestoßen und ich miete einen Helikopter extra für meine Fotos", gibt Hegen zu. "Da kann man den Umweltaspekt sicher hinterfragen." Doch sein Ziel sei es, das Bewusstsein der Leute zu verändern. Und dafür müsse er an Orte, die den Einfluss des Menschen auf die Natur zeigen.
Bildband
Der Bildband mit dem Titel "Habitat" zeigt die Fotoserien von Tom Hegen. Dafür hat er bereits einige Preise erhalten. Ursprünglich ist der Bildband als Abschlussarbeit seines Masterstudiums entstanden. Nach einiger Überarbeitung wird er nun im Oktober in einer Auflage von rund 2000 Stück erscheinen. Zur Finanzierung hat Hegen auf Kickstarter eine Crowdfunding-Kampagne gestartet, bei der das Projekt mit kleinen Geldbeträgen unterstützt werden kann. Die Kampagne läuft noch bis Mittwoch, 8. August. Sein Ziel, 10.000 Euro, hat er bereits innerhalb von sechs Tagen erreicht.