„Hoch lebe der König!“ erschallt es vom Münsterplatz. Die Menge jubelt König Sigismund zu. Er greift zum Handy und ruft mal eben Jan Hus an, um ihn zum Konstanzer Konzil einzuladen. „Und er verspricht ihm freies Geleit“, erzählt Constantin, Mitglied der Theaterklasse der Berchenschule in Kooperation mit dem Jungen Theater Konstanz.
Dass König Sigismund damit ein falsches Versprechen gegeben hat, wissen die Sechstklässler, denn gemeinsam mit ihren Lehrern und Denis Ponomarenko, Regisseur und Theaterpädagoge, haben sie im Vorfeld der Inszenierung eifrig Recherche betrieben und sind nun recht gute Kenner der Konstanzer Geschichte.
Stadtführung von Schülern für Schüler
Am Anfang der Eigenproduktion „Jan Hus und Wendelgard und mehr“ hat sich die Theaterklasse selbst eine Stadtführung angedeihen lassen. „Wir haben viel gesehen und gehört, was uns inspiriert hat“, berichtet Denis Ponomarenko. „Wir fanden, dass eine Stadtführung von Schülern für Schüler auch schön wäre. Und das haben wir jetzt theatralisch umgesetzt.“ Normalerweise erobern sich die Theaterklassen die Werkstattbühne. Freilufttheater hingegen ist, wie Denis Ponomarenko berichtet, „ein Experiment“. Er schwärmt gemeinsam mit den jungen Darstellern von den „wunderbaren Kulissen“ in der historischen Altstadt, aber für alle Beteiligten ist es eine große Herausforderung.
Sechs Bühnen zu erspielen und sich akustisch über den normalen Altstadt-Geräuschpegel durchzusetzen, verlangt von den Jungschauspielern einiges. Aber es macht Spaß, ist sich das gesamte Ensemble einig.
Sigismund würde Hus heute per Mail oder Anruf einladen
„Es ist ein Spiel, kein Doku-Theater. Wir spielen mit den Figuren und Tatsachen“, stellt Denis Ponomarenko fest. „Wir haben uns überlegt, wie wäre das denn heute. König Sigismund hätte Jan Hus sicherlich per Mail eine Einladung geschickt oder angerufen.“ Los geht die szenische Stadtführung an der Hafenuhr beim Konzil, führt in den Stadtgarten über Münsterplatz und Pfalzgarten bis in den Hof beim Impulshäusle in der Hofhalde.
Von Wendelgards Schweinsrüssel-Nase
Die Wendelgard-Sage wird natürlich aufgegriffen, das besagt ja schon der Titel des Stückes. „Sie hat eine schweinsrüsslige Nase und wird von der Gesellschaft ausgeschlossen“, erzählt Manuel. Sie macht sowohl der Stadt Meersburg, als auch der Stadt Konstanz ein Angebot. Wenn täglich ein Ratsherr mit ihr essen würde, bekäme jene Stadt ihre Weinberge. Die Konstanzer sind auf den Deal eingegangen. Aus Nächstenliebe? „Wohl eher wegen der Weinberge“, mutmaßt Manuel.
"Romeo und Julia" könnte auch in Konstanz spielen
Seine Mitschülerin Hirisha erzählt von der legendären Balkonszene von Romeo und Julia; zwar keine Konstanzer Sage, aber eine Geschichte, die immer und überall so oder so ähnlich geschehen kann. „Sehr romantisch“, wertet Hirisha, und Manuel meint: „Jan Hus muss man ja ausgleichen.“ Schließlich sollen die Zuschauer letztlich nicht bedrückt nach Hause gehen.
Und deshalb wird die szenische Stadtführung nicht nur spannend und gefühlvoll, sondern ist auch mit viel Humor und Überraschungselementen gespickt. Zum Beispiel mit der Erkenntnis, dass Räuber nicht nur im Wald leben, sondern, dass auch Feuergassen zu ihrem Revier zählen.
Spannende Theaterarbeit
„Non scholae, sed vitae discimus“ – „Nicht für die Schule, sondern für das Leben lernen wir“, das bestätigen die Akteure der Theaterklasse. Zum einen sei diese Art des Geschichtsunterrichts viel spannender gewesen, als ein ganz normaler Unterricht. Zum anderen ist auch der soziale Aspekt wertvoll. „Wir können jetzt besser zusammenarbeiten und vertrauen einander“, beschreibt Daniel. Die Theaterarbeit hat weitere positive Effekte, wie Manuel skizziert: „Man lernt, sich zu kontrollieren, zu konzentrieren und laut und deutlich zu sprechen.“ Dies sei beispielsweise beim Vortragen von Referaten sehr von Vorteil.
Aber jetzt freuen sich die Schüler erst einmal auf die besondere Stadtführung „Jan Hus und Wendelgard und mehr“. „Wir freuen uns über jeden Besucher", lädt Manuel ein.
Die Stadtführung
„Jan Hus und Wendelgard und mehr“ ist eine Eigenproduktion der Theaterklasse an der Berchenschule Konstanz in Kooperation mit dem Jungen Theater Konstanz, gefördert durch den Lions-Club Konstanz. Ingo Putz, Leiter des Jungen Theaters, zeichnet für das Konzept verantwortlich. Denis Ponomarenko, Regisseur und Theaterpädagoge, leitet gemeinsam mit engagierten Lehrerinnen die Theaterklasse und inszenierte das Stück. Die Stadtführungen finden am Donnerstag, 28. Juni, um 17 Uhr, und Freitag, 29. Juni, um 11 Uhr statt. Treffpunkt ist an der Hafenuhr beim Konzil. Teilnehmen ist kostenlos. (as)