„Das Maß ist voll. Als Anwohnerin bin ich genervt. Man kommt gar nicht mehr hinterher mit der Entwicklung“ – so formuliert eine Bewohnerin des Quartiers rund um Friedhof und den Alten Bannweg ihren Frust. Sie ist nicht die einzige. Die Bewohner kennen ihr Quartier als überschaubare Einheit, in der sie sich wohlfühlen und ihr Leben gestalten. Jetzt verändert es sich aber: zu viele Autos, zu viele Fahrräder, volle Schulen, Kindergärten, Gehwege, Straßen. Zu viele Menschen. Es ist eng geworden in Konstanz.
Die Menschen nicht nur am Alten Bannweg wünschen sich – auch angesichts eines hektisch gewordenen Alltags – Weite, Grünraum, Erholung. Was sie erleben, ist das Gegenteil: Es wird gebaut, gebaut und gebaut, ihr Raum verkleinert sich.
Bewohner von Großstädten kennen dieses Lebensgefühl, für kleinere urbane Zentren ist es neu. Das Gefühl, das die Anwohner am Alten Bannweg aussprechen, ist also alarmierend, aber was ist die Antwort darauf?
Die Stadtverwaltung hat keine ausreichende Antwort. Sie kann Bürgern nicht zusichern, dass ihre kleine Grünfläche hinterm Haus erhalten bleibt. Sie kann nicht einmal garantieren, dass nach dem Zuzug von 80 Personen alle Kinder einen Betreuungsplatz in erreichbarer Nähe haben werden. Stattdessen weist sie darauf hin, dass in Zukunft nicht jeder sein persönliches Auto fahren wird, sondern man schon bald auf geteilte Fahrzeuge setzen sollte.
Die Stadt versucht, Lösungen zu finden, kommt aber mit dem Tempo der Entwicklung nicht mit. Da geht es ihr ähnlich wie ihren Bürgern. Es fehlt immer noch an Betreuungsplätzen, obwohl die Stadt den Ausbau der Kitas seit Jahren vorantreibt. Und es fehlt an einem funktionierenden Verkehrskonzept, seit sich die Erkenntnis durchsetzt, dass der individuelle Autoverkehr ökologisch und aus Platzgründen schon längst an seine Grenze gestoßen ist. Es fehlt Platz, und angesichts des Klimawandels will auch die Verwaltung nicht die letzten Flecken Grün verbauen.
Trotzdem ist die Verdichtung unausweichlich: Denn wer will ernsthaft, dass nur noch sehr Wohlhabende in Konstanz leben können? Die rechtliche und humane Pflicht, Flüchtlinge auch in Konstanz dauerhaft unterzubringen und zu integrieren, kommt hinzu.
Es wird also enger werden in der Stadt, noch enger. Die Stadt ist gefragt, ihre Mobilitätslösungen deutlich rascher umzusetzen. Bürger sind aufgefordert, kompromissfähiger zu werden und die Gedrängtheit im heimatlichen Quartier zu akzeptieren. Spaß wird das meist nicht machen, aber gelingen kann es – und die Gesprächsbereitschaft der Anwohner am Alten Bannweg ist ein guter Anfang.