Die Pappelallee im deutsch-Schweizer Gebiet Tägermoos bleibt ein Politikum – und nicht nur wegen des heißesten Tages im Jahr werden die Debatten stellenweise hitzig. Denn was die Spaziergänger auf der Südseite des Seerheins links und rechts eines wunderbaren Fußwegs sehen, ist, je nach Sichtweise: ein Skandal. Oder: kein Skandal. Doch eigentlich sind es einfach junge Bäume, die zum Teil nicht recht so wachsen, wie sie sollen, und bei denen der Baumpfleger auch schon mal prominent die Kettensäge angesetzt hat.

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Pappeln in akuter Gefahr?

Christel Thorbecke ist jedenfalls mindestens so argwöhnisch wie aufgebracht. Sie hat die 2015 gegründete Initiative zum Schutz der Pappeln im Tägermoos am Donnerstag, 24. August, zu einem Vor-Ort-Termin zusammengetrommelt und vorher Bilder verschickt. Augenzeugen hätten Fällmaßnahmen gesehen, ganz brutal sah das aus, wird dazu geraunt. Die neu gepflanzten Pappeln, die die Initiative der Stadt Konstanz 2015 abgetrotzt hatte, seien schon wieder in akuter Gefahr.

Pappeln im Tägermoos: Eine emotionale Geschichte

Auf der anderen Seite stehen Wolfgang Treß und Gabi Schwab von der Stadtverwaltung. Sie haben die Einladung der Initiative angenommen und machen sich selbst ein Bild. Wenn sie zu Erklärungen ansetzen, fällt ihnen Christel Thorbecke immer wieder ins Wort. Die anderen Baumschützer hören interessiert zu, als die beiden Verwaltungsleute erklären, wie die Baumpflege an diesem besonderen Ort läuft.

Das Kappen sei nötig gewesen

Jenseits der Meinungen gibt es auch gewachsene Tatsachen. Manche der um 2015 nachgepflanzten Schwarzpappeln sind in augenscheinlich gutem Zustand. Andere wirken verkümmert. Bei manchen ist die Krone abgesägt, zum Teil liegen die welken Äste noch neben den Stämmen. Kein schöner Anblick, da ist sich die Gruppe beim Vor-Ort-Termin einig.

Wolfgang Treß von der Stadt Konstanz untersucht die abgesägte Krone einer noch recht neu gepflanzten Schwarzpappel.
Wolfgang Treß von der Stadt Konstanz untersucht die abgesägte Krone einer noch recht neu gepflanzten Schwarzpappel. | Bild: Rau, Jörg-Peter

Aber das Kappen sei nötig gewesen, nachdem der Sturm vom 11. Juli die Bäume schwer getroffen habe, erklärt Gabi Schwab. Wenn die Krone für das dünne Stämmchen zu dicht, zu schwer, zu windanfällig ist, kann das für Baum und Passanten gefährlich werden.

Acht Jahre nach dem großen Streit um die Pappeln im Tägermoos: Hinten die majestätischen alten Pappeln, vorne die ab 2015 ...
Acht Jahre nach dem großen Streit um die Pappeln im Tägermoos: Hinten die majestätischen alten Pappeln, vorne die ab 2015 nachgepflanzten Ersatzbäume. | Bild: Rau, Jörg-Peter

Jost Rüegg aus dem Thurgau versucht die Positionen ein bisschen zusammenzubringen. Auch er gehört der Initiative an, die sich mit jenen besonderen Bäumen befasst, die zwar in der Schweiz, aber auf Grund und Boden der Stadt Konstanz stehen. Er vermittelt immer wieder und dankt den beiden Konstanzer Verwaltungsleuten, dass sie sich auf die nicht einfache Mission eingelassen haben. Besonders gut kommt an, dass Wolfgang Treß weiteren Gesprächen zustimmt und auch dem Schweizer Baumexperten Fabian Dietrich, gewissermaßen ein Kronzeuge der Baumschutz-Initiative, Gehör schenken will.

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Die nachgepflanzten Schwarzpappeln, ob schon gut gewachsen oder noch eher kümmerlich, sollen weiterhin gepflegt werden – mit dem Ziel, dass sie eines Tages auch wieder eine majestätische Allee formen. Rund 40.000 Euro lässt sich die Konstanzer Stadtverwaltung nach eigenen Angaben den Unterhalt dieses vergleichsweise kleinen Baumbestands jährlich kosten. Wo es gar nicht geht, sind auch Nachpflanzungen denkbar.

Initiative will genau hinschauen

Am Ende steht die Gruppe, etwas erschöpft auch vom bisweilen hitzigen Gesprächsklima, in der prallen Sonne; bis die neue Allee einen solch schattigen Raum schafft wie einst, wird es noch lange dauern. Die Pappel-Initiative kündigt an, auch in Zukunft genau hinzuschauen; das klingt mal mehr nach Angebot und mal mehr nach Drohung. Insofern alles beim Alten, auch für die Grünen-Stadträtinnen Anne Mühlhäußer und Gisela Kusche.

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Ob, fragen die beiden Experten aus der Verwaltung noch, bei Nachpflanzungen an dieser Stelle auch andere Bäume als Pappeln denkbar wären? Immerhin weiß man heute, dass mehr Artenreichtum im Klimawandel besser funktioniert. Da wird dann noch einmal klar, wie viele Emotionen in der Pappelallee des Tägermoos liegen: Die Frage ist noch nicht ganz ausgesprochen, da wird Christel Thorbecke deutlich: „Nie und nimmer!“