Dienstagabend, 17.30 Uhr im Konstanzer Casino. Seit 30 Minuten hat die Spielbank geöffnet, Gäste findet man bislang kaum. „Normalerweise kommen die Besucher erst später am Abend“, erklärt Direktor Agron Salihi. Doch normal ist es in diesen Zeiten auch im Casino nicht.

Agron Salihi leitet das Konstanzer Casino seit zwölf Jahren.
Agron Salihi leitet das Konstanzer Casino seit zwölf Jahren. | Bild: Benjamin Brumm/SK-Archiv

Black Jack, Roulette, Poker, Automaten – das Angebot im Casino ist breit, doch einige Tische bleiben leer und viele Jetons im Schrank. „Wir hatten in den vergangenen zwei Jahren aufgrund der Einschränkungen durch die Corona-Verordnung einen deutlichen Besucherrückgang“, erklärt Salihi.

Kamen vor der Pandemie im Schnitt etwa 200 Besucher pro Tag, muss das Casino mittlerweile kämpfen, um die Hälfte zu erreichen. Der Direktor ist froh, dass er überhaupt die Tore für Gäste öffnen darf. Insgesamt neun Monate war das Casino während der Lockdowns geschlossen.

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Entsprechend hat sich die finanzielle Lage in den vergangenen zwei Jahren entwickelt. 2019, im Jahr vor Ausbruch der Pandemie, betrug der Nettoumsatz noch 23,4 Millionen Euro. Dieser sank im Jahr darauf um 41 Prozent auf 13,63 Millionen Euro. Im vergangenen Jahr lag er nur noch bei 7,8 Millionen Euro.

„Das macht uns schwer zu schaffen“, sagt Salihi, der das Casino seit 2010 leitet. Betriebsbedingte Kündigungen musste er in der Corona-Pandemie allerdings nicht aussprechen, die Zahl der Mitarbeiter beläuft sich weiterhin auf etwa 120.

Gemeinsam mit den Spielhallen in Stuttgart und Baden-Baden ist das Konstanzer Haus vollständig in der Hand der Baden-Württembergischen Spielbanken Gesellschaft, einer 100-prozentigen Tochter des Landes. Daher verfolgen diese Casinos, anders als ein Privatunternehmen, nicht primär ökonomische Zwecke. Salihi: „Wir haben einen ordnungspolitischen Auftrag des Landes zu erfüllen und bieten konzessioniertes Glücksspiel nachfrageorientiert an.“

Sehnsucht nach den alten Zeiten

Dies heiße jedoch nicht, dass Verluste keine Rolle spielen. „Wir führen das Casino dennoch wie ein Privatunternehmen“, betont Salihi. Und er stellt klar: „Wir sind ein starkes Haus mit guten Mitarbeitern. Der Standort ist gesichert. Da bin ich mir sicher.“

Diese Zuversicht nimmt der Direktor aus den vergangenen Jahren, in denen das Casino wirtschaftlich immer weiter wuchs. 2010 betrug der jährliche Umsatz noch 13,6 Millionen Euro, 2019 ziemlich genau 10 Millionen Euro mehr. „Ich bin mir sicher, dass wir nach der Pandemie wieder zum alten Niveau zurückkehren werden.“

Der Barbereich war an diesem frühen Dienstagabend komplett leer.
Der Barbereich war an diesem frühen Dienstagabend komplett leer. | Bild: Maurice Sauter

Casino-Dichte am Bodensee enorm hoch

Im Vergleich zu den Schwestern in Stuttgart und Baden-Baden hat das Konstanzer Casino die Auswirkungen der Pandemie besonders hart getroffen. Sank der Umsatz in Konstanz in den beiden vergangenen Jahren insgesamt um gut 66 Prozent, waren es bei den anderen Häusern lediglich etwa 50 Prozent.

Dies liegt vor allen Dingen an der besonderen Konkurrenzsituation am Bodensee. Im Umkreis von 70 Kilometern befinden sich insgesamt 14 Casinos, darunter in Lindau, Bregenz oder Schaffhausen. „In keiner anderen Region Europas herrscht eine so hohe Dichte an Casinos wie rund um den See“, erklärt Wolf Günthner, Pressesprecher der Baden-Württembergischen Spielbanken.

Zudem gelten in Deutschland im Vergleich zu den Nachbarländern eher strenge Corona-Vorschriften. „Bei uns galt während der Alarmstufe II lange 2G-Plus. Viele Gäste wollten aber vor einem Besuch im Casino nicht extra einen Test machen. Deshalb gingen sie in die Schweiz oder nach Liechtenstein. Dort sind die Regeln lockerer“, erklärt Salihi. An einem Tag habe er schon 70 Besucher am Eingang abgewiesen, weil diese keinen aktuellen Test hatten. „Das tut schon sehr weh.“

„Play safe“ ist das Motto der Hygiene-Maßnahmen im Casino. Sie schrecken viele Besucher ab.
„Play safe“ ist das Motto der Hygiene-Maßnahmen im Casino. Sie schrecken viele Besucher ab. | Bild: Maurice Sauter

Auch die Sperrstunde habe sich während der Alarmstufe II negativ auf das Geschäft ausgewirkt. Um 22.30 musste das Casino in dieser Zeit schließen. Da aber die meisten Gäste bevorzugt erst gegen 22 Uhr ins Casino gehen, macht für diese Personen ein Besuch in Konstanz keinen Sinn.

Vor Corona kamen etwa 60 Prozent aller Besucher aus der Schweiz. Diese, so Salihi, würden sich nun dort nach bequemeren Alternativen umsehen. Ganz ohne Maskenpflicht, Schnelltest und Sperrstunde wie in Zürich oder St. Gallen. Agron Salihi will diese Entwicklung umkehren: nicht nur mit Glücksspiel, sondern auch mit Unterhaltungsangeboten. Sodass es für das Konstanzer Casino nicht irgendwann mal heißt: „Rien ne va plus!“ [Nichts geht mehr!]