Still und leise wollten die Stadtwerke die Buslinie 11 mit dem Fahrplanwechsel zum 1. Dezember 2024 um die Hälfte ihrer Strecke kappen. Kommuniziert wurde die geplante Einstellung der Verbindung zwischen Staad/Autofähre und Universität zwar im nicht-öffentlichen Busausschuss, einem Gremium des Aufsichtsrats der Stadtwerke. Doch die Betroffenen – mehrere an dieser Strecke liegende Schulen und die Universität Konstanz – wurden von der geplanten Streichung kalt erwischt.
Nach der SÜDKURIER-Berichterstattung kamen Steine ins Rollen. Die Hilferufe der Geschwister-Scholl-Schule (GSS) an die Fraktionen im Gemeinderat und die Stadt Konstanz fanden Resonanz. „Das Amt für Bildung und Sport unterstützt unser Anliegen“, sagt GSS-Leiter Thomas Adam und ergänzt: „In der Zwischenzeit hat sich auch die Buchenbergschule unserem Appell angeschlossen.“
Diese Schule liegt an der Sonnenbühlstraße und ist nach eigenen Angaben ebenfalls betroffen: „Es geht um rund 25 Schülerinnen und Schüler, die aus den Gebieten Reichenau, Allensbach, Wollmatingen und Berchen zu uns kommen.“ Außerdem würden auch die Fahrten zur Wollmatinger Halle entfallen, wo die Schule Sportunterricht hat, sowie die Fahrten zum Schwimmunterricht, dem therapeutischen Reiten und der Fahrradausbildung.
Die Schulen freuen sich deshalb über Unterstützung aus der Kommunalpolitik. SPD-Stadtrat Jürgen Ruff, der im Busausschuss sitzt, stellte den Kontakt zwischen verschiedenen Betroffenen her und riet ihnen zu einer gemeinsamen Vorgehensweise – wies aber gleichzeitig auf die geringe Auslastung dieses Linienteils hin, von der er bereits im März 2024 im Busausschuss erfahren hatte. Damals wurde dessen Einstellung beschlossen.
Alle Stadträte wussten von der Kürzung
Da im Busausschuss alle Fraktionen des Gemeinderats vertreten sind, wussten die Kommunalpolitiker schon seit Frühjahr von den Plänen der Stadtwerke – reagiert hat damals offenbar niemand. Doch nach der SÜDKURIER-Berichterstattung meldete sich die Fraktion FGL und Grüne Konstanz zu Wort.
„Die Stadt kann nicht Klimaschutz versprechen und gleichzeitig beim ÖPNV abbauen“, erklärte Stadträtin Dorothee Jacobs-Krahnen. Stadträtin Gisela Kusche ergänzte: „Dass vorher nicht mit Schulleitung oder Universität gesprochen wurde, ist für uns nicht nachvollziehbar.“ FGL und Grüne fordern eine öffentliche Debatte im Haupt-, Finanz- und Klimaausschuss.

Stattdessen steht die Linie 11 laut der städtischen Pressesprecherin Anja Fuchs auf der Tagesordnung des Gemeinderats am Donnerstag, 24. Oktober (ab 16 Uhr, Ratssaal). Und auch im Busausschuss wurde das Thema am Montag, 14. Oktober, erneut behandelt.
In der Sitzung übten Stadträte Kritik daran, dass es vor der Entscheidung im März keinerlei Beratungen mit Betroffenen gab. Nach SÜDKURIER-Informationen akzeptierten die Stadtwerke diese Kritik als berechtigt. Dennoch habe das Unternehmen seinen Entschluss verteidigt – auch mit dem Hinweis darauf, dass Anwohner sich über leere Busse beschwert hätten.

„Unterdurchschnittliche Auslastung“, so die Stadtwerke
Und so steht die Entscheidung der Stadtwerke fest. Begründet wird die Reduzierung der Linie 11 um die Hälfte ihrer Strecke mit der schlechten Auslastung, die im Frühjahr dieses Jahres gemessen wurde.
An 28 Werktagen seien zwischen Universität und Staad Autofähre nur 160 Fahrgäste gezählt worden. Dies sei „eine deutlich unterdurchschnittliche Auslastung, die weit unter allen anderen Linien unseres Stadtbusangebotes liegt“, schreibt Stadtwerke-Pressesprecher Josef Siebler.

Dazu komme das ohnehin geänderte Mobilitätsverhalten bei vielen Menschen. Häufigere Arbeit im Homeoffice sowie der bundesweite Trend zum Fahrradfahren führen laut Stadtwerken beim Konstanzer Busverkehr dazu, dass es im Vergleich zu den Jahren vor der Corona-Pandemie zehn Prozent weniger Busfahrgäste gebe und 15 Prozent weniger Kunden im Fährverkehr.
„Diese nachhaltigen Änderungen in der Mobilität, die mit Online-Vorlesungen und Homeoffice-Regelungen auch für die Universität Konstanz festzustellen sind, erfordern eine Überprüfung unserer Leistungen, um das Defizit des Stadtbusverkehrs in Höhe von rund fünf Millionen Euro pro Jahr trotz der geringeren Fahrgastzahlen stabil zu halten“, begründen die Stadtwerke.
Auch die Inflation der vergangenen Jahre und die damit einhergehenden Steigerungen der Personalkosten und der Energie- und Treibstoffkosten macht das Unternehmen geltend. Diese Mehrkosten könnten „nicht annähernd über Tarifsteigerungen kompensiert werden“.
Dennoch streichen die Stadtwerke den Linienzweig nicht ersatzlos. „Zu den Früh- und Mittagsspitzen sind Direktbusse in Planung, welche die Universität/Geschwister-Scholl-Schule und Staad bedienen – allerdings nicht tagesdurchgängig“, schreibt Josef Siebler.
Welche Alternativen soll es zukünftig geben?
Für die GSS werde es künftig Schulbusse zu Schulbeginn und -ende geben. „Diese Schulbusse ab Staad werden auch an Egg angebunden“, so die Stadtwerke. An den Schulbussen am Nachmittag werde sich nichts ändern. Zur genauen Abstimmung wird es demnächst ein Gespräch zwischen Schule und Stadtwerken geben.
Außerhalb dieser Zusatzangebote verlängert sich der Fahrweg von der Staader Autofähre bis Universität künftig von zehn Minuten (Linie 11) auf 15 bis 25 Minuten (Umstieg von Linie 1 auf Linie 9B am Tannenhof). „Daraus ergibt sich im Hinblick auf die dargestellten Entwicklungen eine zumutbare Alternative“, finden die Stadtwerke.