Im neuen OP-Saal 22 im Klinikum Konstanz gehen die Lichter an. Ein OP-Tisch steht in der Mitte des Raums. Daneben ein Monitor, der leise piepst. Auf ihm liegt eine EKG-Blutdruckmanschette. Ein beweglicher Schrankwagen mit Verbandmaterial steht in der Ecke. „Ab Montag geht‘s hier los. Wir starten mit einer Leistenbruch-OP“, sagt Herbert Ruchti. Er ist Anästhesist am Klinikum Konstanz des Gesundheitsverbundes Landkreis Konstanz (GLKN).
Dass der SÜDKURIER an diesem Tag mit Straßenschuhen den OP-Raum betreten darf, ist eine Ausnahme. Schon am nächsten Tag ist das nicht mehr möglich. Dann wird alles desinfiziert und sterilisiert. Denn auf Ebene D, die ganz in der Farbe Orange gehalten ist, hat der GLKN sechs neue Operationssäle eingerichtet. Sie bilden das neue ambulante OP-Zentrum, welches am 13. Januar eröffnet.

Ein ganzes Stockwerk für Operationen
Doch noch sieht es auf Ebene D des Krankenhauses nach Baustelle aus. Auf dem Tresen liegen noch Kabel, Schrauben und unbenutzte grüne Steckdosen. „Die grünen Steckdosen sind besonders“, sagt Norbert Jobst, Leiter des Bereichs Bau im GLKN. Diese sind nämlich an den Notstrom angeschlossen.
„Bei Stromausfall wird so garantiert, dass ihre Beatmungsmaschine weiter arbeitet“, sagt er. Überhaupt seien alle wichtigen Geräte in den OP-Sälen mit Akkus gepuffert. Die Technik in den Räumlichkeiten habe man allesamt modernisiert.

Die Bauarbeiten sind also schon abgeschlossen, jetzt wuseln vor allem OP-Schwestern durch die Gänge und schleppen medizinisches Material in die Lagerräume, andere schieben Liegen und Rollstühle an ihren zukünftigen Bestimmungsort. Die großen zusätzlichen Geräte wie der C-Bogen (ein mobiles Röntgengerät), Ultraschallgeräte oder Endoskopie-Türme stehen schon bereit.
„Auf einer Fläche von 1100 Quadratmetern haben wir sechs OP-Räume, einen Empfang, Umkleiden, ein Wartezimmer und einen Aufwachraum eingerichtet“, sagt Thomas Beringer, kaufmännischer Direktor des GLKN. Doch vorerst werden nur drei der sechs OP-Säle genutzt. Warum?

In einem OP-Raum arbeiten sechs Fachkräfte
Pro OP-Raum und Schicht braucht es sechs medizinische Fachkräfte, erklärt Narkosearzt Herbert Ruchti: zwei OP-Pflegeschwestern, zwei Operateure und einen Anästhesisten und eine Anästhesie-Schwester. Das heißt: Wären alle sechs OP-Räume gleichzeitig in Betrieb, müssen 36 Personen dort arbeiten – dazu kommt auch noch das Personal am Empfang, in den Aufwachräumen und für die Reinigung. Denn nach jedem Eingriff muss gründlich geputzt werden.

„Momentan haben wir nicht genug Personal für so viele Räume“, erklärt Bernd Sieber, Geschäftsführer des GLKN. Daher werde erst einmal mit drei Räumen gestartet. Sobald aber weitere Fachkräfte für diese Stellen gefunden sind und gleichzeitig die Fallzahlen steigen würden, also mehr Patienten für ambulante OPs kommen, werden die Räume auch in Betrieb gehen. „Es ist gut, dass wir da noch Wachstumspotenzial haben“, sagt er. Ob in den restlichen OP-Räumen noch 2025 das Skalpell angesetzt wird, ist allerdings unklar.

Dass das GLKN jetzt in ein ambulantes OP-Zentrum in Konstanz investiert hat, passt in die Zukunftspläne des Gesundheitsverbundes und der Bundesregierung. Die Ambulantisierungsreform beinhaltet, dass nun deutlich mehr OPs ohne anschließenden Krankenhausaufenthalt durchgeführt werden können.
Das bedeutet: Ein Patient wird morgens operiert, bereits am Mittag ist er wieder in seinen eignen vier Wänden. Auf diese Reform reagiert nun das GLKN mit dem neuen ambulanten OP-Zentrum am Klinikum Konstanz. Bereits in Standorten in Singen und Engen gibt es einen beziehungsweise zwei ambulantes OPs.
Operationen wie am Fließband
Über 3300 Leistungen können Patienten ab Januar 2025 ambulant operieren lassen: Vom Leistenbruch, über gynäkologische Eingriffe, das Einsetzen eines Herzschrittmachers oder dem Richten von Knochenbrüchen ist alles möglich. Zukünftig könnten pro Tag, pro OP-Saal und je nach Eingriff zwischen zehn bis zwölf Patienten dort behandelt werden.
Ist das ambulante OP-Zentrum damit ein Goldesel für den finanziell stark angeschlagenen GLKN? Immerhin muss die Einrichtung jedes Jahr mit zweistelligen Millionenbeträgen von seinen Gesellschaftern bezuschusst werden. Laut Bernd Sieber geht es nicht darum, mit dieser Neuerung Geld zu machen. „Wir kommen damit eher den Wünschen der Patienten und des Gesetzgebers nach. Viele Patienten wollen nicht über Nacht im Krankenhaus bleiben“, sagt er.

Und der erste Patient, der am kommenden Montag wegen des Leistenbruchs operiert wird: Wie lange wird er im neuen Zentrum behandelt werden? „Die reine OP-Zeit liegt bei ungefähr 30 Minuten. Mit der Vor- und Nachbereitung ist er wahrscheinlich eine Stunde im OP-Zentrum“, schätzt der Mediziner Herbert Ruchti.
Geht es dann wirklich schon nach Hause? Ruchti lacht und sagt: „Der Leistenbruch ist nochmal was besonders. Der Patient wird dann auf einer Station noch beobachtet, falls es Nachblutungen gibt. Aber nach drei oder vier Stunden wird er dann entlassen.“