Beschwingt betritt der Stockacher Altbürgermeister Rainer Stolz an einem sonnigen Nachmittag im August 2025 den Stockacher Stadtgarten für ein Treffen mit dem SÜDKURIER. Rund anderthalb Jahre ist es mittlerweile her, dass er die Schlüssel zum Rathaus abgegeben hat und hätte er im Januar 2023 nicht überraschend seinen Rücktritt angekündigt, dann würde er auch heute noch die Geschicke der Stadt leiten und erst diesen Herbst würde sein Nachfolger oder seine Nachfolgerin gewählt werden. Aber „es war für mich definitiv der richtige Zeitpunkt aufzuhören“, sagt Stolz im Gespräch mit dem SÜDKURIER rückblickend.

Die Last, die mit dem Amt einhergeht, ist mittlerweile abgefallen. Das merkt man dem Altbürgermeister an. „Das Amt macht einsam und es macht einen auch enger, weil einen auf Schritt und Tritt etwas belastet. Das ist spürbar“, sagt Stolz jetzt. Das Loslassen von dem Amt, das ihn rund 30 Jahre lang Tag und Nacht begleitet hat, sei ihm daher nicht schwer gefallen.

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„Nach meinem Rücktritt habe ich erst mal ein halbes Jahr lang gar nichts gemacht. Ich bin in dieser Zeit viel gelaufen, habe mich bewegt und auf meine Gesundheit geachtet. Das habe ich gebraucht“, sagt Stolz, der seinen Rücktritt mit gesundheitlichen Problemen begründet hatte. „Mittlerweile hat sich das stabilisiert“, so Stolz.

Neuer Blick auf das Geschehen im Rathaus

Doch komplett die Beine hochlegen im Ruhestand kann der Altbürgermeister nicht. „Ich bin ein Mensch, der etwas bewegen will. Den ganzen Tag herumsitzen kann ich nicht“, sagt er über sich selbst. Es sei schön, dass der Druck abgefallen sei, etwas bewegen und verändern zu müssen. Dennoch sei er mit offenen Augen in der Stadt unterwegs und wenn ihm Dinge auffallen, die man aus seiner Sicht verbessern oder verändern könnte, melde er es bei den zuständigen Abteilungen im Rathaus.

Wenngleich der ehemalige Chef dort nicht immer auf offene Ohren stoße, wie er anmerkt. „Über manche Dinge wundere ich mich auch“, sagt Stolz, der sich aber dennoch aus der Kommunalpolitik heraushalten wolle. „Ich lese aufmerksam Zeitungsberichte, und nehme die Dinge zur Kenntnis. In einer Gemeinderatssitzung war ich seit meinem Ausscheiden aus dem Amt nur einmal noch persönlich“, sagt Stolz.

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Inzwischen habe er sich allerdings zumindest privat wieder einige Projekte vorgenommen, die er für sich, aber auch für Stockach voranbringen möchte. „Das Schöne ist, dass ich jetzt selbst bestimmen kann, wie viel ich machen möchte und dass ich jetzt mehr Zeit für meine Partnerin und meine Familie habe“, sagt Stolz. Inzwischen engagiert er sich im Verein Pro Hospital, der zu sechs Prozent als Gesellschafter an der Krankenhaus Stockach GmbH beteiligt ist. Er wurde einst aus den Reihen des Gemeinderats gegründet, um das Stockacher Krankenhaus aus einer Gesellschaft mit dem Klinikum Konstanz zurückzukaufen, nachdem dieses dem Gesundheitsverbund des Landkreises beitreten wollte.

Mehr Zeit für Herzensprojekte

Auch im Vorstand des Stockacher Musikvereins ist Stolz aktiv. „Das war immer mein zweites Lieblingskind und die Arbeit, die Familie Hubov für die musikalische Bildung in der Stadt leistet, ist fabelhaft. Ich sehe mich verpflichtet, etwas dazu beizutragen und das macht mir auch Spaß“, betont der Altbürgermeister.

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Daneben gibt es Projekte, die noch aus seiner aktiven Zeit als Bürgermeister stammen, die er noch weiter betreut. Etwa das Burundi-Projekt, dass es jungen Menschen aus dem afrikanischen Land, die gut deutsch sprechen, ermöglichen soll, in Deutschland eine Ausbildung zu machen. So sollen sie einige Jahre Berufserfahrung sammeln, bevor sie wieder in die Heimat zurückkehren und mit dem gewonnenen Wissen ihr Land aufzubauen.

Bürokratie sorgt für Verzweiflung

Immer wieder stößt Stolz bei dem Projekt aber mit der Bürokratie in Deutschland zusammen. „Da stecken hunderttausend kleine Fragen und Probleme drinnen. Wir stehen uns da selbst im Weg und das kostet viel Zeit“, sagt Stolz und fügt hinzu: „Trotzdem habe ich noch Lust. Das Projekt bringt der deutschen Wirtschaft etwas, und dem Land Burundi“.

Zu einer weiteren Aufgabe, die ihn ebenfalls aus Europa herausführte, kam Stolz ganz überraschend. „Ich wurde Anfang Juni von einer großen spanischen Mediengruppe nach Kolumbien eingeladen“, berichtet er. Dort sei man auf der Suche nach einem erfahrenen Kommunalpolitiker aus Deutschland gewesen, der darüber referieren könne, wie eine zukünftige Finanzverfassung für Kolumbien aussehen könnte, die eine gerechte Verteilung von Steuermitteln an Länder und Kommunen sicherstellt und diesen eigene Bestimmungsmöglichkeiten für die Gelder verschafft.

Gerne habe er diese Einladung angenommen und einen entsprechenden Vortrag an der Universität von Bucaramanga im kolumbianischen Bundesstaat Santander gehalten.“ Aufmerksam geworden seien die Veranstalter auf Stolz über Verbindungen zur Universität Straßburg und deren Kooperation mit der Verwaltungshochschule Kehl.

Bauprojekte für Stockach

Doch auch in Stockach gibt es noch Projekte, die der Altbürgermeister voranbringen will. „Ich habe einiges verwirklichen können in meiner Zeit als Bürgermeister. Einiges habe ich aber auch nicht geschafft. Insbesondere im Hinblick auf bestimmte Bauprojekte, die aus meiner Sicht sehr gut zu Stockach passen würden. Hier wurde ich von Investoren angesprochen und werde in der Projektentwicklung mitarbeiten“, sagt Stolz. Um welche Projekte es sich dabei genau handelt, das will er im Moment noch nicht verraten.

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Doch gab es in den anderthalb Jahren im Ruhestand auch mal Tage, wo er besonders froh war, kein Bürgermeister mehr zu sein? Darauf antwortet Rainer Stolz mit einem klaren „Ja“. Nach kurzer Überlegung ergänzt er: „Es gibt immer wieder solche Tage. Denn im Amt steht man ständig unter Strom. Früher habe ich mich immer schon nach dem Aufstehen um sechs Uhr morgens mit den Problemen und Herausforderungen im Rathaus beschäftigt. Denn sobald man im Rathaus eintrifft, muss man Antworten haben und keine Fragen mehr“, erklärt Stolz.

Ein Sohn tritt in seine Fußstapfen

Nun kann er es ruhiger angehen lassen. „Ich genieße das. Ist das nicht fabelhaft?“, fragt der Altbürgermeister und lässt seinen Blick dabei über die Bepflanzung des Stadtgartens schweifen. Im September plane er eine längere Reise mit seiner Partnerin in die Schweiz. Denn jetzt bleibe auch mehr Zeit für die Familie, die während seiner Zeit als Bürgermeister oft zu kurz gekommen sei. Immerhin: Einer seiner Söhne ist ebenfalls Bürgermeister geworden. „Es kann also zumindest nicht abschreckend gewesen sein“, sagt Rainer Stolz schmunzelnd.