Seit zwei Jahren führt der Spanier Daniel Martinez den Automobilzulieferer BCS als Geschäftsführer in Radolfzell. Unter seiner Leitung ist der strukturelle Umbau des Standorts hin zu einem Technologiezentrum in Gang gesetzt worden. Hier sollen smarte und damit interaktive Oberflächen entwickelt und nach Möglichkeit vollautomatisch produziert werden.
Vereinbarung und Garantie
Dieses ehrgeizige Ziel ist gleichzeitig mit einem für die Belegschaft auch schmerzhaften Prozess verbunden. Zum einen soll die reine Mitarbeiterzahl abgebaut, zum anderen qualifiziertes Personal gewonnen werden.
Unter Martinez ist zusammen mit Betriebsrat und Gewerkschaft eine Vereinbarung getroffen worden, die den Standort mindestens bis Ende 2024 sichern soll. Kernpunkte sind eine Beschäftigungsgarantie für 450 Mitarbeiter und 30 Auszubildende und die Zusage des Mutterkonzerns Luxshare, in Radolfzell zwölf Millionen Euro zu investieren.
Mit dieser Vereinbarung und der strategischen Neuausrichtung hat Martinez für BCS in Radolfzell die Trendwende herbeigeführt. So bestellt jetzt unter anderem VW den berührungssensitiven Lenkradschalter für das Elektroauto ID.3.
Selbst bei von Haus aus kritischen Gewerkschaftern kommt Ingenieur Martinez als Boss von BCS gut an. Nun gibt Daniel Martinez einen Teil seiner Führungsaufgaben ab. Bisher ist und bleibt Daniel Martinez technischer Direktor weltweit und Geschäftsführer in Radolfzell, seine Rolle als Europaverantwortlicher gibt er nun an Antoni Ferrer ab.
Manager mit Pflichtgefühl für die Familie
Dazu will Martinez seine beiden Rollen künftig hauptsächlich von seiner Heimatstadt Barcelona aus wahrnehmen. Dafür seien familiäre Gründe ausschlaggebend, „die meine volle Aufmerksamkeit erfordern“. Auch ein Industriemanager hat Eltern und um sie will sich Martinez kümmern.
Den Standort Radolfzell wird er nicht nur via Homeoffice leiten, „Herr Martinez wird auch immer wieder für mehrere Tage am Stück bei uns sein und sich um die Belange vor Ort kümmern“, versichert Mandy Schuster als Sprecherin des Unternehmens. Einzig die 150 Ingenieure im Werk können nicht mehr täglich mit dem Besuch ihres Chefs rechnen, der in Radolfzell einen kurzen Draht zu seiner Entwicklungsabteilung pflegt.
Auch der neue Europa-Chef Antoni Ferrer soll Martinez in allen Belangen des Standorts Radolfzell unterstützen: „Er kennt BCS und Radolfzell sehr gut“, schreibt Martinez. Ferrer habe von 2006 bis 2017 in verschiedenen Rollen in Radolfzell gearbeitet, zuletzt als Werkleiter. Auch Antoni Ferrer kommt aus Spanien.
Erst vor kurzem sei Ferrer wieder zurückgekehrt, um für BCS die Verantwortung in ganz Europa für die Fertigung zu übernehmen. „Wir haben uns alle sehr gefreut, dass er zurückkommt“, sagt Mandy Schuster.
Geschäftsführer Martinez verspricht sich vom neuen Organisationszuschnitt mehr Zeit, „um mich auf meine Rolle als Technischer Direktor zu fokussieren“. Schon bisher sei BCS eine globale Organisation, mit der er über den Erdball hinweg zusammengearbeitet habe.
„Der Unterschied ist nur, dass mein Büro nun nicht mehr in Radolfzell ist, sondern in Barcelona“, sagt Martinez. Damit sei der Bodensee nun ein Ziel für Geschäftsreisen, wie andere Standorte in Europa, den USA, Mexiko „und – sobald es wieder einfacher ist – China“.
Als Geschäftsführer für den Standort Radolfzell setzt er neben der Unterstützung durch Antoni Ferrer auf das „gute Team“ vor Ort. „Mit den zwei Komponenten bin ich sehr zuversichtlich, dass wir meine reduzierte Zeit in Radolfzell meistern werden. Ich bin nicht aus der Welt, sondern einfach weniger Zeit hier“, sagt Daniel Martinez.