Im höchst gelegenen Ortsteil der Stadt Radolfzell ist der höchste Vertreter der Stadt eingetroffen. Doch Martin Staab stellt gleich zu Beginn vor dem Rundgang durchs Dorf klar: „Das ist kein OB-Besuch.“ Es ist der Besuch eines Kandidaten, der am 17. Oktober wieder zum Oberbürgermeister von Radolfzell gewählt werden will. Dafür hat er eigens einen Anhänger in die Kurve hinauf zu Rathaus und Kirche gestellt mit einem großen Plakat: „Martin Staab mit Ihnen im Gespräch.“
Über die Schlaglöcher
Gekommen sind über 20 Interessierte, im Laufe des Rundgangs stoßen immer wieder neue dazu. Bevor es um die großen Themen geht, führt der Weg über die Schlaglöcher im Dorf. Welche Straße wann saniert werde, darüber gebe es eine Liste, die nach Dringlichkeit abgearbeitet werde. Auch für den barrierefreien Umbau der Wartehäuschen. „Die Prioritätenliste für die Investitionen hat der Ortschaftsrat gemacht“, verweist Staab auf Zuständigkeiten.
Auch ein OB ist manchmal ein Getriebener in den Fängen der eigenen Verwaltung. Dieses Geständnis macht Kandidat Staab am Rand der Wiese, wo einmal das Neubaugebiet Seelenhofer entstehen soll. Doch der Stadt fehlen ein paar Grundstücke. Nicht alle Eigentümer wollen verkaufen, die Verhandlungen zögen sich dahin: „Die Verwaltung will nicht so, wie ich will“, sagt der Kandidat auf eine weitere Amtszeit.
Kein Umlegungsverfahren
Was an dieser Stelle überrascht, weil in Radolfzell sonst der Eindruck vermittelt wird, dass die Verwaltung es so macht, wie der OB es wollte. Staab wirkt ungeduldig: „Die Bauplätze in Liggeringen sind begehrt.“ Doch seine Finanzverwaltung und der Ortsvorsteher sträubten sich gegen ein ordentliches Umlegungsverfahren der fraglichen Flächen. Auf den Vorschlag eines Teilnehmers, das Baugebiet ohne diese Grundstücke zu planen, geht Staab ein: „Wenn es mit dem Grundstückserwerb nicht klappt, planen wir ohne sie.“ Statt 15 bis 18 werden es dann 12 bis 14 Bauplätze.
Länger als auf die Entwicklung des Baugebiets Seelenhofer warten die Liggeringer auf die Sanierung ihrer Litzelhardthalle unten am Sportplatz. 40 Jahre steht sie da und das massive Dach weckt die Vorstellung eines trockenen Unterstands. Doch das Dach hält nicht, was es von außen verspricht. Seit 20 Jahren regnet es rein, „mal mehr, mal weniger“, sagt Ortsvorsteher Hermann Leiz.
Der Vergleich mit Markelfingen
Noch ist die Halle in Liggeringen kein Hallenbad. Aber Staab erkennt an: „Die Halle ist ein langjähriges Ärgernis.“ Mal spielt der Gemeinderat nicht mit, mal kommt „die Halle in Markelfingen“ dazwischen. Die ist im Februar 2018 ausgebrannt, ein halbes Jahr später hat der OB den Markelfingern bei seinem Stammtisch im Sportverein eine Sanierung der Halle mit einer um zehn Prozent vergrößerten Fläche vorgeschlagen, am Stammtisch hält man nix davon. Zwei Jahre später im Sommer 2020 nach Diskussionen, Anträgen und Vorschlägen ist es soweit, der Gemeinderat gibt grünes Licht für den Bau einer neuen Halle in Markelfingen.
„Manchmal fehlt es auch an Manpower in der Verwaltung“, sagt Staab vor der Litzelhardthalle. Das ist die Einleitung für eine Vertröstung: „In Liggeringen können wir vor 2023 nicht beginnen.“ Staab erinnert noch einmal an die Geschichte in Markelfingen. Wäre man seinem Vorschlag mit Sanierung und Ausbau der ausgebrannten Halle gefolgt, so sagt der OB zu den Kosten für die Stadt, „wären wir mit ein oder zwei Millionen herausgekommen.“ Nach dem Willen des Gemeinderates und dem Bau einer 1,5-fach Halle „ist man mit zwölf Millionen rausgekommen.“
Der Maßstab ist gesetzt nach Wahlkämpfer Staab: „Wenn man in Markelfingen die Bedürfnisse zugestanden hat, muss der Gemeinderat das in den anderen Ortsteilen auch.“ Das Dach neu, die Statik neu, die sanitären Anlagen neu, der barrierefreie Ausbau, Staab rechnet die Kosten für Liggeringen vor: „Bei sechs oder sieben Millionen Euro für die Sanierung im Bestand, da steht nicht mehr viel von der alten Halle.“ Der Wahlkampf ist in zwei, spätestens vier Wochen vorüber. Das Thema Hallen und der Maßstab Markelfingen bleibt.