Gerald Jarausch

Eine Verlautbarung von Ministerpräsident Winfried Kretschmann hat dem Radolfzeller Gastronom Carsten Laufer förmlich die Zornesröte ins Gesicht getrieben. Es ging um ein Verbot für Alkoholverkauf im Freien angesichts der angespannten Pandemielage. Mit dem 12. Dezember wird die Ankündigung Wirklichkeit. In einer ersten, sehr emotionalen Reaktion hat der Gastronom seinem Ärger auf seiner Facebook-Seite Luft gemacht. Nach gerade 1,5 Tagen haben schon rund 1900 Leser seinen Beitrag wahrgenommen und vielfach Verständnis für seinen Unmut gezeigt.

Mit der Regelung möchte die Landesregierung verhindern, dass sich Menschen treffen und mit steigendem Alkoholkonsum die Hemmschwelle zum engeren Zusammenrücken fällt. Als Folge befürchtet die Regierung eine unkontrollierte Ausbreitung von Sars Covid-19. Gastronomen wie Carsten Laufer vom Radolfzeller Surfclub wird damit eine der letzten Einnahmequellen genommen.

Angst vor dem nächsten Nackenschlag

Dabei ist die Branche ohnehin stark gebeutelt. Nach dem Lockdown im Frühjahr sind gastronomische Betriebe seit Wochen wieder geschlossen. So mancher Gastronom versucht sich mit Angeboten außer Haus über Wasser zu halten. Auch Carsten Laufer war in seiner Not erfinderisch und hat an Samstagen und Sonntagen kleine Essensgerichte zum Abholen angeboten. Außerdem wollte er in der kühlen Jahreszeit heißen Glühwein und Kinderpunsch an Gäste ausgeben, die sich beim Spazierengehen in Ufernähe damit aufwärmen können. Mit der gestrigen Ankündigung des Landes droht nun der nächsten Nackenschlag für seinen Broterwerb.

„Das ist total frustrierend, wenn man sich an alles hält und dann doch wieder nichts machen darf“, sagt Laufer. Er hat in der Vergangenheit nicht nur in enger Zusammenarbeit mit dem Ordnungsamt alle Verordnungen strikt umgesetzt, sondern auch noch zusätzlich investiert. Nennenswerte Einnahmen konnte er in der jüngsten Zeit nicht generieren: „Das ist ein Witz, was ich dadurch verdiene. Aber das ist auch für das Gemüt wichtig, etwas zu tun und mit den Kunden zu sprechen“, sagt er.

Kann, darf, muss nun vermehrt anderen Tätigkeiten nachgehen. Gastronom Christoph Manz von der Tanke-Haus am See schreibt nun wieder ...
Kann, darf, muss nun vermehrt anderen Tätigkeiten nachgehen. Gastronom Christoph Manz von der Tanke-Haus am See schreibt nun wieder regelmäßiger Texte auf seinem Laptop. | Bild: Jarausch, Gerald

Die Perspektivlosigkeit macht auch Christoph Manz (Tanke-Haus am See) zu schaffen. Uneinheitliche, sich ständig ändernde Verordnungen haben auch seine Investitionen für die Winterzeit überflüssig gemacht. Klare, für alle geltende Regelungen wären aus seiner Sicht sinnvoller gewesen. Besonders ärgert er sich über die Ungleichbehandlung der Branchen: „Wir zahlen Steuern und müssen dicht machen. Amazon zahlt nichts und verdient sich dumm und dämlich“, stellt er fest. Auch bei ihm sorge das ausbleibende Weihnachtsgeschäft für leere Kassen: „Davon lebe ich eigentlich im Januar und Februar“, sagt Manz. Nun müsse er an Reserven gehen, die eigentlich für seine Altersvorsorge gedacht waren.

Vom Kneipenwirt zum Grillmeister: Ralf Braun vom Nordbahnhof steht mit seinem Imbißwagen an fünf Tagen vor dem Herstellerverkaufswagen ...
Vom Kneipenwirt zum Grillmeister: Ralf Braun vom Nordbahnhof steht mit seinem Imbißwagen an fünf Tagen vor dem Herstellerverkaufswagen Seemaxx. | Bild: Jarausch, Gerald

Auch Ralf Braun vom Nordbahnhof musste den regulären Betrieb seiner Kneipe einstellen und hat sich auf andere Tätigkeiten verlegt. Mit seinem „Nordi-Mobil“ verkauft er dienstags bis samstags vor dem Herstellerverkaufszentrum Seemaxx Bratwürstchen. Den geplanten Verkauf von Glühwein hat er gar nicht erst aufgenommen. Mit seinem Imbiss generiert er nicht nur Einnahmen, sondern füllt zudem die Lücke im Seemaxx, wo der reguläre gastronomische Betrieb eingestellt ist. Es bezeichnet die Verordnungen als drastische Maßnahmen. „Wie sie es mit der Gastronomie treiben, ist schon hart“, urteilt er. Dabei sei diese nach seiner Ansicht nicht verantwortlich für den Anstieg der Zahl coronainfizierter Personen.