Karin Zöller

2018 ist Geschichte, auch für den Verein Integration in Singen (Insi). Doch 2018 wird als Gründungsjahr ein geschichtsträchtiges bleiben. Die Nöte der Mitmenschen, Nächstenliebe und die Unterstützung beim Ankommen in einer neuen Heimat – darin sehen die Initiatoren die Aufgaben des Vereins, der im Mai gegründet wurde.

Finanzielle Unterstützung sei das eine – nicht weniger wichtig der persönliche Einsatz. Zum Jahreswechsel zieht Insi-Initiator Manfred Hensler Bilanz und sagt: Singen sei ein Glücksfall. Während mancherorts über Mangel an ehrenamtlichen Helfern geklagt werde, setzen sich in Singen offenbar überdurchschnittlich viele Menschen ein.

"Soziales Engagement hat Konjunktur", weiß Hensler. Der ehemalige Schulleiter der Robert-Gerwig-Schule hat sein Engagement in der Flüchtlingshilfe seit seiner Pensionierung vor anderthalb Jahren intensiviert und weiß um die teils schwierige Situation der Menschen in Singen. "Es gibt hier zahlreiche Bedürftige", sagt er. Ein Drittel der Bewohner sei auf Sozialhilfe angewiesen, über die Hälfte seien Migranten. Dennoch habe die Stadt mehr Flüchtlinge aufgenommen, als es Vorgabe war.

Das könnte Sie auch interessieren

Trotz dieser Problematik zeichnet Hensler ein positives Bild. Schon als Schulleiter habe er Singen als besondere Stadt kennengelernt. Zwischenzeitlich habe er noch tiefere Einblicke bekommen und ist voll des Lobes: "Singen ist eine Hochburg der Nächstenliebe."

Sonst würde es aber auch nicht gehen. Die Bürger seien den Umgang mit Migration im Blick auf die Vergangenheit gewohnt. Dabei weist Hensler auf die Vielzahl an Gastarbeitern hin, die seit den 1950er-Jahren größtenteils aus Italien, Portugal oder der Türkei gekommen sind, um in den Großbetrieben vor Ort Arbeit zu finden. Integration sei also schon lange Thema und habe sich durch den Flüchtlingsstrom 2015 nur noch verfestigt.

"Soziales Engagement hat Konjunktur."Manfred Hensler, ehemaliger Schulleiter und heute Vorsitzender des Vereins Insi..
"Soziales Engagement hat Konjunktur."Manfred Hensler, ehemaliger Schulleiter und heute Vorsitzender des Vereins Insi.. | Bild: Charlotte Kurz

Ob es sich um reine Nächstenliebe handelt oder welche Beweggründe die ehrenamtlichen Helfer haben, die sich im Verein Insi um Migranten kümmern, sei eine spannende Frage. "Bei einigen sei sicherlich auch das Zusammensein mit anderen Menschen ein wichtiger Punkt", so Hensler. Unter den Helfern seien auch zahlreiche Rentner, die im Ruhestand etwas Sinnhaftes tun wollen. "Diese Helfer geben viel Erfahrung und Lebensklugheit weiter", weiß Hensler um das große Potential. Es sei gut, dass es – zunächst im Helferkreis Asyl und nun bei Insi – einen Bereich gebe, in dem sich Menschen im Anschluss an ihr aktives Arbeitsleben einbringen könnten.

"Man muss sich selbst lieben, sonst geht es nicht", stellt er hinsichtlich des Engagements für Menschen in Not fest. Nächstenliebe und Selbstliebe seien miteinander gekoppelt – das eine bedinge das andere. "Um Hilfe leisten zu können, braucht es aber auch Liebe von außen." Auch die Seele eines Helfers würde Nahrung benötigen. Man müsse beim ehrenamtlichen Einsatz beachten, die eigene Erwartungshaltung im Zaum zu halten: "Es kommt viel zurück, aber manche Helfer haben zu hohe Erwartungen", stellt er fest.

Trotz spürbarer Nächstenliebe in Singen weiß Manfred Hensler auch um die teils ablehnende Haltung, die es beim Thema Integration gebe. Auch in Gesprächen mit Vermietern oder Firmen hinsichtlich Wohnungs- oder Arbeitsplatzvermittlung sei dies immer wieder erkennbar. "Es sind Ängste da – und die müssen abgebaut werden", betont er.

Iulia Dutascu ist Ansprechpartnerin der Insi-Geschäftsstelle, Tel. (07731)85-703, E-Mail: iulia.dutascu@singen.de
Iulia Dutascu ist Ansprechpartnerin der Insi-Geschäftsstelle, Tel. (07731)85-703, E-Mail: iulia.dutascu@singen.de | Bild: Susanne Gehrmann-Röhm