Singen – Zuwanderer werden das Problem des Fachkräftemangels nicht lösen. Darüber waren sich die Teilnehmer einer Podiumsdiskussion zum Thema "Zuwanderung und Arbeit" im Rahmen der interkulturellen Woche einig.
Handwerker und Leiterin des Jobcenters auf dem Podium
Der neue Verein InSi (das Kürzel steht für Integration in Singen) hatte die Leiterin des Jobcenters, Sabine Senne, den Sprecher der Handwerkerrunde, Werner Gohl, die Geschäftsführerin von Singen aktiv Standortmarketing, Claudia Kessler-Franzen, den Leiter der Arbeitsagentur, Klaus Schramm, sowie den Vorsitzenden von InSi, Manfred Hensler, aufs Podium eingeladen.
Zwei Zuwanderer berichten von ihren Erfahrungen
Zu Beginn berichtete Dietmar Vogler über den Weg zu einer gelungenen Integration und darüber, warum die Sprache dabei eine entscheidende Rolle spielt. Die Brüder Malik (19) und Mohammed Zin Alddin (22) waren mit ihrer Familie Ende 2014 nach Singen gekommen. Dietmar Vogler hatten die jungen Männer damals in Deutsch zusätzlich unterstützt. Heute machen beide eine Ausbildung, Malik als Feinwerkmechaniker und Mohammed als Industriemechaniker. "Ohne unsere Patin, Frau Hoffmann, hätten wir das niemals geschafft", dankte Mohammed Zin Alddin. Ursula Hoffmann begleitet die Familie seit Ende 2014 als Patin ehrenamtlich.
Betriebe mögen motivierte Mitarbeiter
Claudia Kessler-Franzen bekommt öfters Anrufe von Handwerksbetrieben, die dringend Fachkräfte suchen. "Oft sind die Betriebe anfangs eher etwas zurückhaltend, wenn sie einen Zuwanderer vermittelt bekommen". Diese Erfahrung teilt auch Werner Gohl. Oft gebe es zunächst Widerstände, doch wenn der Betrieb spüre, dass der Zugewanderte motiviert ist, könne sich dies schnell ändern. "Integration geschieht dann, wenn alle wollen", sagt Klaus Schramm. Einzelne Erfolge kann er nennen und wichtig sei eine gute Ausbildung, wie sie Mohammed und Malik Zin Alddin absolvieren.
Sechs Prozent der Migranten haben den Sprachstand für eine Ausbildung
Ein wichtiger Aspekt für eine erfolgreiche Ausbildung ist allerdings die Sprache. "Wir haben mal den Sprachstand unserer Kunden ausgewertet", so Sabine Senne. Das Jobcenter kommt ins Spiel, wenn die Zugewanderten anerkannt sind. Derzeit seien es 3000 Menschen, davon seien 1800 erwerbsfähig. Doch leider hätten 63 Prozent davon nur geringe bis keine Deutschkenntnisse, 28 Prozent haben einen Stand auf dem Niveau von B1 und sechs Prozent einen Sprachstand, der eine Ausbildungseignung zulasse. "Wir müssen weiter intensiv am Spracherwerb arbeiten", unterstreicht Sabine Senne.
2017 wurden 381 Migranten auf den Arbeitsmarkt vermittelt
Allerdings konnte sie auch einige Erfolge bei der Vermittlung in Arbeitsstellen verzeichnen. 2017 habe man 381 Menschen vermittelt, über 20 Prozent der gemeldeten Flüchtlinge. 2018 sind es bisher 264 Menschen. Die meisten haben einen sozialversicherungspflichtigen Job gefunden, ein kleiner Teil begann eine Ausbildung und vier Existenzgründer seien darunter. Die Tätigkeiten seien vor allem in der Produktion, Gastronomie und im Baugewerbe angesiedelt. In Einzelfällen werden auch Erfolge im Pflegebereich verzeichnet, ergänzte Klaus Schramm. Maßnahmen wie die Ausbildung zur Altersbegleitung oder als Betreuungsassistent seien gut nachgefragt und würden den Einstieg in eine Weiterqualifizierung möglich machen, so Sabine Senne.
Ohne Zugewanderte geht gar nichts
Ohne die Zugewanderten könnte in Deutschland "alles kollabieren", sagte Manfred Hensler, der eine Meldung aus dem SÜDKURIER zitierte, nach der der deutsche Arbeitsmarkt von ausländischen Mitbürgern profitiere. Hensler leitet seit Anfang 2018 eine Flüchtlingsklasse mit Erwachsenen. Die zweite Klasse startet bereits bald. Allerdings müsse man den Zugewanderten nicht nur als Arbeitskraft sehen, sondern auch als Menschen. Dafür und für den Kontakt zu den Migranten seien Vereine wie InSi unerlässlich.
Interkulturelle Woche
- Frauenfrühstück am Freitag, 28. September, von 9 bis 10.30 Uhr bei der Siedlergemeinschaft; Veranstalter: Kinderchancen Singen
- Podiumsdiskussion am Freitag, 28. September, zum Thema "Zwiespalt – Wo ist mein Zuhause?" um 19 Uhr im Foyer der Ekkehard-Realschule; Veranstalter: InSi und Albanischer Verein Rinia
- Syrischer Kochkurs (mit und ohne Fleisch) am Freitag, 28. September, von 17.30 bis 21.30 Uhr in der Volkshochschule. Eine Anmeldung ist erforderlich, Telefon 07731/95810
- Abschlussfest am Samstag, 29. September ab 11 Uhr auf dem Platz der Kulturen (Heinrich-Weber-Platz) mit Friedensgebet, buntem Programm und kulinarischen Spezialitäten