Stress und Hektik schaden der Gesundheit. Das spürt jeder selbst. Und es ist spätestens Allgemeinwissen, seit die Werbung für eine Magentablette in Aussicht stellte, dass dieses Präparat den Magen aufräume. Wobei der Aufräumbedarf in dem mittlerweile historischen Clip auf Stress und Hektik zurückgeführt wurde. Ein Weg, um der Hektikfalle zu entgehen, nennt sich Entschleunigung. Bewusst innehalten, langsam machen, Ruhepunkte finden – in einem Wort: verhindern, dass das Rad sich immer schneller dreht. Und man am Ende mit diesem Rad vielleicht nicht mehr Schritt halten kann.

Wenn Theorie und Praxis nicht zusammen passen wollen

Soweit die Theorie. Entschleunigung kann aber auch unfreiwillig passieren. Und dann unter Umständen den gegenteiligen Effekt haben. Zum Beispiel wenn ein Zug verspätet ist, man viel mehr Fahrzeit bekommt, als man bezahlt hat – und seine Termine am Ziel platzen sieht. Oder auf den Straßen des Hegaus. So wie neulich, als der Autor dieser Zeilen erst etwas später auf den Weg zur Arbeit gekommen ist, als eigentlich gut gewesen wäre – und das zum wiederholten Male, wie mit ein wenig Verlegenheit eingestanden sei.

Auch ein Stau kann zur Entschleunigung führen, hier ein Symbolbild. Wie erholsam diese Entschleunigung ist, steht auf einem anderen Blatt.
Auch ein Stau kann zur Entschleunigung führen, hier ein Symbolbild. Wie erholsam diese Entschleunigung ist, steht auf einem anderen Blatt. | Bild: Marijan Murat / dpa

Die Entschleunigung bei der Fahrt zur Arbeit geht schon recht bald los, mit einem langsamen Autofahrer auf einer unübersichtlichen Strecke. Überholen aussichtslos, viel zu gefährlich. Es steht die schwierigste Übung der Welt an: die Übung in Geduld. Der Autofahrer biegt ab, die Strecke ist wieder frei – doch, wie das Leben so spielt, nur für ein kurzes Stück. Denn ein Traktorfahrer ist auch auf dem Weg zur Arbeit, die in diesem Fall auf einem Acker stattfindet. Das Drama Entschleunigung geht weiter, zweiter Akt. Der hektische Autofahrer wünscht sich schon fast wieder den langsamen Autofahrer zurück, denn der ist zumindest schneller als der Traktor. Doch Lebensmittel will man natürlich auch haben und der Traktorfahrer tut auch nur seine Arbeit. Fluchen ist also nicht angesagt, geschweige denn ein riskantes Überholmanöver.

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Der Traktor biegt schließlich von der Landstraße ab, die Fahrbahn ist wieder frei – bis ein Lastwagen sich als nächstes Hindernis auf der Fahrbahn auftürmt. Nun gut, als Autofahrer kommt man seinem Ziel natürlich trotzdem näher, und das sogar schneller als hinter dem Traktor. Doch eben auch nicht so schnell wie erhofft. Und der Laster bleibt ein treuer Begleiter bis zur Singener Stadtgrenze.

An diesem Punkt ist der wunderschöne Zeitplan des Morgens ohnehin nicht mehr zu retten. Doch dann kommt die Wendel zum Parkhaus. Und die hält eine besondere Überraschung bereit: Eine langsame Baumaschine macht die Entschleunigung komplett. Und auch hier gilt: Ausweichen oder überholen ist sinnlos weil unmöglich. Man muss sich ins Unvermeidliche fügen. Schließlich die Ankunft in der Redaktion: vollkommen entschleunigt – und deswegen total abgehetzt.