Schon jetzt gehen viele Singener im nahegelegenen Radolfzell einkaufen. Genauer gesagt im dortigen Outlet-Center Seemaxx. Das belegt eine Kundenerhebung vom Oktober 2024, demnach elf Prozent der dortigen Kunden aus den umliegenden größeren Städten Konstanz, Singen und Stockach kommen – und die meisten davon aus Singen. Dass das Seemaxx mit einem anderen Angebot künftig noch mehr Kunden anlocken möchte, stößt daher auf Kritik. Schließlich hat Singen nicht zuletzt mit dem Einkaufszentrum Cano einen großen Schritt getan, um Besucher in die Innenstadt zu locken.
Der Schwerpunkt des Seemaxx lag bislang auf dem Mode- und Sportbereich. Die neuen Sortimente würden jedoch im Grunde die komplette Sortimentspalette einer Innenstadt wie Radolfzell und Singen abbilden. So lautet Kritik in einer Stellungnahme, die im Ausschuss für Stadtplanung, Bauen und Umwelt des Singener Gemeinderats diskutiert wurde. Die Stadt wird als Mittelzentrum frühzeitig beteiligt.
Singener kaufen gern im Seemaxx ein
Innenstadtrelevante Sortimente ins Seemaxx zu verlagern, führe laut Adam Rosol, Abteilungsleiter Stadtplanung in Singen, zu einer Gleichstellung mit der Radolfzeller Innenstadt. Das sei vor allem deshalb problematisch, weil das Einzugsgebiet des Seemaxx weit über die Stadtgrenzen hinausgehe: Der Seemaxx-Betreiber hatte im Vorfeld das Beratungsunternehmen Cima beauftragt, in einem Gutachten die Auswirkungen unter anderem auf die benachbarten Städte zu beurteilen.
Und die im Gutachten erwähnte Kundenerhebung aus Oktober 2024 lässt aufhorchen: „Laut der Abfrage der Postleizahl kommt die größte Anzahl von Kunden aus Singen“, so Rosol.
Weiter heißt es in dem Gutachten zwar, dass es keine erheblichen Auswirkungen auf die Stadt Singen geben werde, weil die Gesamt-Verkaufsfläche nicht erhöht wird. „Bei den kleinen Sortimenten, die dazu kommen sollen, erhöht sich jedoch die Attraktivität des Outlet-Centers“, befürchtet allerdings Rosol. Es bestehe daher die Gefahr, dass sich in Singen die Kaufkraft reduziere.
Starkes Outlet könnte Radolfzell und Singen schaden
„Für uns sind diese Randsortimente, die ins Seemaxx dazu kommen sollen, Sortimente, die eigentlich in der Innenstadt abgebildet werden sollten und nicht in einem Outlet-Center“, fasste der Abteilungsleiter zusammen. Auch die derzeit im Seemaxx gezeigte Kunstausstellung sorge dafür, dass Besucher eher aus der Innenstadt rausgelockt würden. „Das ist eine Entwicklung, wo man nicht einfach so darüber hinwegschauen sollte“, ist er überzeugt.
Das Outlet-Center liegt am nördlichen, äußeren Rand der Innenstadt, und wurde 2016 erweitert. „Damals wurde die Verkaufsfläche erheblich erhöht, um etwa 5000 Quadratmeter“, rief Adam Rosol in der Ausschusssitzung in Erinnerung. Damit habe das Seemaxx eine Verkaufsfläche von 8500 Quadratmetern erreicht.
Jetzt gehe es darum, dass einige Sortimente verkleinert werden und dafür neue Produkte dazu kommen. Aktuell gibt es im Seemaxx Bekleidung für Herren, Damen, Kinder sowie Sport und Freizeit, außerdem Wäsche und Heimtextilien. Neu hinzu kommen sollen die Sortimente Haushaltswaren/Glas, Porzellan, Keramik, Uhren/Schmuck/Accessoires, Spielwaren sowie Parfümerie/Kosmetik mit jeweils einer Verkaufsfläche zwischen 40 und 120 Quadratmetern.
„Regionalplanerisch ist das Seemaxx eigentlich nicht zulässig. Schon die letzten Erweiterungen waren umstritten. Weiteren Sortimentserweiterungen werden wir nicht zustimmen“, sagte Adam Rosol.
Dass das Thema Konfliktpotenzial hat, zeigte sich bereits im Radolfzeller Ausschuss für Planung, Umwelt und Technik. Denn dort wurde Mitte Februar entschieden, ob eine Sortimentsänderung möglich wird oder nicht. Dafür muss nämlich der Bebauungsplan geändert werden, in dem die Zusammensetzung des Sortiments festgeschrieben ist. Letztlich stimmte der Ausschuss bei einer Gegenstimme und drei Enthaltungen für die Aufstellung der Bebauungsplanänderung.
Gemeinderäte wollen ihre Ablehnung festhalten
Gemeinderat Markus Weber (Neue Linie) könne mit dieser Linie mitgehen. „Wir schauen, dass unsere Innenstadt funktioniert, und Radolfzell blutet alles aus“, so Weber. Ob die Stellungnahme Wirkung habe, sei dahingestellt. „Dennoch muss man zu Papier bringen, warum man die Innenstadt schützen will und nicht alles im Seemaxx verlagern will.“

Walafried Schrott (SPD) betonte, dass man mit der Stellungnahme dem Handel in Radolfzell helfe. „Wir können vielleicht denjenigen helfen, die noch versuchen, die Radolfzeller Innenstadt als Händler zu erhalten.“
Der Ausschuss hat die Stellungnahme einstimmig dem Gemeinderat empfohlen. Der Gemeinderat trifft hierzu am Dienstag, 13. Mai, eine Entscheidung.