Es war eine Bahnfahrt mit historischem Charakter, fast wie zur Gründerzeit. Zum ersten Mal fuhr die Museumsbahn SEHR & RS (Stiftung Museumsbahn Stein am Rhein – Etzwilen – Hemishofen – Ramsen und Rielasingen – Singen) am Sonntag in den Hauptbahnhof Singen ein. Dies war der erste personenbefördernde Zug seit über 50 Jahren auf der Strecke Etzwilen-Singen. Mit Volldampf, den für Dampflokomotiven typischen Pfeiftönen und Bremsgeräuschen fuhr mit nur ein paar Minuten Verspätung eine mächtige Schnellzugdampflokomotive der Baureihe 01 mit einem Gewicht von 170 Tonnen in den Hauptbahnhof ein. Das Grünsignal zur Einfahrt in den Bahnhof hätte etwas auf sich warten lassen, deshalb war es zu einer kleinen Verspätung gekommen, erklärte Singens Grünen-Gemeinderat Eberhard Röhm in einer Ansprache am Bahnsteig.

„Wir haben es geschafft“, freute sich Giorgio Behr, der an der Spitze der Museumsbahn steht, über die Sonderfahrt der Museumsbahn. Vor zehn Jahren wäre man zum ersten Mal bis nach Rielasingen gefahren und nun endlich bis nach Singen. Dabei sei bis Freitagnachmittag noch gar nicht klar gewesen, ob das überhaupt legal sei, was sich dann aber in letzter Sekunde zum Guten aufgelöst hätte. Sieben Waggons mit einer beachtlichen Länge von rund 200 Metern, waren an die Dampflok angehängt, besetzt mit reiselustigen Fahrgästen, die sich an die Corona bedingten Sicherheitsregeln halten mussten und gerne den zahlreichen Schaulustigen am Streckenverlauf zuwinkten.
1969 fuhr letzter Personenzug
Bei einer Rundfahrt von und bis Schaffhausen machte die Museumsbahn Halt in Ramsen, Rielasingen und Singen, wo sie jeweils vom Musikverein Ramsen, vom Musikverein Rielasingen-Arlen und vom Blasorchester der Stadt Singen musikalisch empfangen und wieder verabschiedet wurde. Auf der im Jahr 1875 eröffneten Bahnlinie Etzwilen-Singen wurde der Personenverkehr im Jahr 1969 komplett eingestellt. Damals waren die Menschen mehr und mehr auf Bus und Autos umgestiegen.

Der letzte Güterzug war in Rielasingen im Jahr 1996 Richtung Italien abgefahren bis dann im Jahr 2004 die Strecke komplett stillgelegt wurde. Die Strecke Rielasingen-Singen konnte lange Zeit gar nicht befahren werden, da hier ein Gleisstück von rund 80 Metern für den Bau eines Kreisverkehrs entfernt worden war. Erst im letzten Jahr konnte diese Gleislücke wieder geschlossen werden und nun befuhr endlich der erste Zug wieder die komplette Strecke.
Hoffnung auf grünes Licht
Wir sind zuversichtlich, dass wir im nächsten Frühjahr vom Verkehrsministerium in Stuttgart grünes Licht bekommen, dass diese Bahnlinie geeignet ist für einen öffentlichen Nahverkehr“, verriet Ralf Baumert, Bürgermeister von Rielasingen-Worblingen. Dies würde eine enorme Entlastung des Straßenverkehrs mit sich bringen, auch im Hinblick auf die Neueröffnung des Einkaufszentrums Cano in Singen. Vielleicht sei es Traum von ihm und Giorgio Behr, Stiftungsratspräsidenten und Förderer der Museumsbahn, mit modernen Zügen von Singen bis nach Winterthur in der Schweiz fahren zu können, so wie es bereits im Jahr 1875 geplant gewesen sei. Für die Museumsbahn sei Rielasingen ein wichtiger Standort, hier würde man die Liebe zur Museumsbahn beweisen, erklärte Giorgio Behr in seiner kurzen Ansprache am Bahnsteig des historischen Bahnhofes Rielasingen-Arlen.

Auch an den anderen Haltestellen gab es Dankesworte und Glückwünsche zur Premierenfahrt der Museumsbahn. Es sei ein historischer Meilenstein, der einen interessanten Beitrag zum Tourismus-Geschehen in der Region beitragen würde, beglückwünschte Ernst Landolt, Regierungsrat des Kantons Schaffhausen, die Museumsbahn. Ein Bahnhof sei ein Lebensnerv einer Gemeinde, man hätte diesen wohl stilllegen können, aber die Schienen seien geblieben, gratulierte Josef Würms, Gemeinderatspräsident von Ramsen. So viele Menschen wie an diesem Sonntag der Premierenfahrt hätten vermutlich in den letzten 50 Jahren noch nie am Bahnhof in Ramsen gestanden.