Singen „Disziplin, Gemeinschaft, Aktion“ – dieser Schlachtruf in Verbindung mit einer Armbewegung vereint die Schüler, sie erleben ein neues Wir-Gefühl. Mit dem Stück „Die Welle“ zeigte die Theatergruppe Tactlos des Friedrich-Wöhler-Gymnasiums Singen, wie schnell Menschen sich autoritären Strukturen unterwerfen. Das Stück basiert auf dem Experiment eines Geschichtslehrers 1967 in den USA, der beweisen wollte, wie leicht sich Menschen instrumentalisieren lassen. Knapp 60 Jahre später versetzt die Gruppe das Thema unter der Leitung von Nicola Fritsch in die heutige Zeit, in der rechtsextreme Tendenzen in vielen Ländern wieder zunehmen.

Anfangs sind sich die Schüler sicher: „Das kann doch heute nicht mehr passieren, so einfach lassen wir uns nicht manipulieren.“ Andere stehen dem Vorschlag ihrer Lehrerin skeptisch gegenüber: „Da wäre ja die Demokratie in Gefahr und wir würden unsere Freiheit verlieren.“ Doch alle machen mit, sie schätzen die Ordnung, folgen den Regeln und werden Teil der Bewegung, die Stärke und Gemeinschaft vermittelt. Kritische Stimmen werden abgeblockt: „Das ist doch was Gutes, oder? Da kann man was bewirken.“ Die Jugendlichen tauchen immer tiefer ein und die Lehrerin wird von ihrer Macht mitgerissen. Im Lauf des Experiments verändern sich die Schüler. Sie werden fanatisch und aggressiver, überwachen einander und berichten Verstöße. Wer nicht mitmacht, wird gemobbt oder ausgegrenzt, Freundschaften zerbrechen. Zum Schluss gerät das Experiment außer Kontrolle und wird beendet.

Schon vor Jahren hatte die Gruppe mit dem Schreiben begonnen, aufgrund der aktuellen politischen Lage kam das Stück nach dem Buch von Morton Rhue jetzt zur Aufführung. Beim Schultheater der Länder bereits zweifach ausgezeichnet, zog die Gruppe Tactlos mit ihrem engagierten Spiel das Publikum im Gems-Saal erneut in ihren Bann. Mit eigenen Texten, der heutigen Lebenssituation angepasst, vermittelten die Akteure, wie wichtig kritisches Denken und moralische Stärke sind.