Für einige Menschen könnte in Tengen bald ein Traum wahr werden: Leben in den eigenen vier Wänden, und zugleich Teil einer Gemeinschaft sein. Wohnraum erwerben, der vererbt werden kann, ohne sich über Jahrzehnte verschulden zu müssen.

Gemeinderat signalisiert Offenheit

Dies alles soll ein sogenanntes KoDorf ermöglichen, eine neue Wohnform, die nun in der Randenhalle in Tengen vorgestellt wurde. Der Gemeinderat hatte zuvor in nichtöffentlicher Sitzung mehrheitlich Offenheit für dieses Projekt signalisiert, wie Tengens Bürgermeister Marian Schreier erläuterte. Nun wurde das Projekt frühzeitig rund 150 Zuhörern vorgestellt.

Durch das KoDorf soll auch das Schloss Blumenfeld weiter belebt werden. Derzeit findet dort der Summer of Pioneers (Sommer der Pioniere) statt. Rund 20 Kreative und Digitalarbeiter leben im Schloss und arbeiten auch von dort aus. Die neu angedachte Wohnform in Tengen würde von der gleichen Organisation betrieben. Und wenn das neue Dorf in der Tengener Kalkgrube fertig wäre, könnten die KoDorf-Bewohner auch weiterhin das Schloss in Blumenfeld beleben, die Räume zum Arbeiten und auch die Gästezimmer nutzen.

„Anbindung funktioniert“

Auf die Frage, ob solch ein KoDorf abgesondert neben Tengen stehen würde, antwortete der Bürgermeister: „Bisher konnten wir nur theoretisch argumentieren. Jetzt haben wir beim Summer of Pioneers gesehen, dass die Anbindung zur Dorfgemeinschaft funktioniert.“ Das Schloss sei zu einem offenen Ort geworden. Die Pioniere würden auf die Einheimischen zugehen.

Marian Schreier zeigte sich zuversichtlich, dass dies so auch bei einem KoDorf im Sondergebiet Kalkgrube eintreffen werde. Zudem sei der Gemeinschaftsaspekt des KoDorfes für viele reizvoll: „Wer ein Haus in einem Neubaugebiet baut, kennt seine Nachbarn vorher nicht.“ Beim KoDorf wird von Anfang an gemeinsam geplant. Schon lange bevor die Häuser stehen, sei man zusammen auf einem Weg. Das KoDorf stülpe niemandem ein fertiges Konzept über, sondern es entwickle sich nach und nach.

Großes Interesse an KoDorf

Sowohl der Bürgermeister als auch KoDorf-Initiator Frederik Fischer zeigten sich überrascht über die vielen Teilnehmer an der Informationsveranstaltung. Bei der Veranstaltung in der Randenhalle wurden verschiedene Stellwände aufgebaut. Die Bürger konnten darauf ihre Fragen, aber auch ihre Sorgen notieren. An den Stellwänden befand sich auch unter anderem der Architekt Patric Meier und kam mit den Besuchern ins Gespräch.

Zahlreiche Zuhörer in der Randenhalle in Tengen: Das Interesse an den Plänen für eine neue Wohnform im Tengener Sondergebiet Kalkgrube ...
Zahlreiche Zuhörer in der Randenhalle in Tengen: Das Interesse an den Plänen für eine neue Wohnform im Tengener Sondergebiet Kalkgrube war groß. | Bild: Uli Zeller

Die Tengener zeigten sich offen für diese Vorgehensweise und brachten zahlreiche Zettel an. Viele zeigten sich angetan von der Idee eines KoDorfes in Tengen, es gab aber auch kritische Stimmen. Frederik Fischer konnte nach der Veranstaltung von Zuhörern berichten, die auf ihn zugekommen seien und sich interessiert gezeigt hätten, ins geplante KoDorf einzuziehen. Nach der Veranstaltung äußerte ein Teilnehmer, er würde im Sondergebiet Kalkgrube lieber Baugrund für Einfamilienhäuser sehen.

Stadt will Vielfalt des Wohnens fördern

Auf die Frage, ob durch ein solches Projekt in der Kalkgrube nicht den Tengenern Bauplätze für klassische Einfamilienhäuser vorenthalten würden, sagte Bürgermeister Marian Schreier: „Wir sollten das eine tun und das andere nicht lassen. Nicht eine Wohnform ist für alle das Richtige. Wir möchten in der Stadt Tengen diese Vielfalt des Wohnens fördern.“

In den vergangenen Jahren seien in Tengen und seinen Teilorten knapp 50 Bauplätze für Einfamilienhäuser geschaffen worden, weitere Baugebiete seien im Planung. Zudem sollten im KoDorf Kalkgrube auch Plätze für Menschen aus Tengen reserviert werden, so Schreier.

Wohnraum für weniger Geld

Der besondere Reiz des KoDorfes bestehe darin, dass man zu Beginn nur einen Bruchteil des Kapitals aufbringen müsse, das man für ein Haus bezahlt. Statt eines eigenen Hauses würde man ein Wohnrecht erwerben, das man weitervererben könne. Als Ergebnis der Infoveranstaltung werden nun die Fragen der Bürger schriftlich beantwortet und veröffentlicht. Und der Gemeinderat wird wohl noch in diesem Jahr darüber entscheiden, ob das KoDorf in der Tengener Kalkgrube eine Zukunft hat.