Das Schöffengericht Sigmaringen unter Leitung von Amtsrichterin Kristina Selig hat einen 41 Jahre alten, zurzeit arbeitslosen Berufskraftfahrer zu einer Haftstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt. Er wurde für schuldig befunden, eine Frau mehrfach genötigt, beleidigt und ihr nachgestellt zu haben.
Der Angeklagte hatte unter anderem 17 pornografische Fotomontagen mit dem Konterfei der betroffenen Frau, einer Künstlerin, verbreitet. Zudem hatte er Morddrohungen an ihre Lebenspartner verschickt. Die Richterin verlas sämtliche Briefe und Texte, die an die Frau und ihre Agentur gingen, sie waren voller Liebeserklärungen und unflätigen Vorwürfe, inklusive angedrohter Selbstmordabsichten.
Betroffene will in Frieden mit Partner leben
„Das Thema verfolgt uns schon viele Jahre“, sagte die 44-Jährige vor Gericht aus. Als 2007 die Verbindung zu ihrem ersten Partner publik wurde, sei es losgegangen. Beinahe hätte es der Angeklagte geschafft, mit einer Bombendrohung gegen den Veranstalter ihren Auftritt in der Kreutzerstadt zu vermasseln. Den damaligen Strafbefehl hatte der Angeklagte ohne Gerichtsverhandlung akzeptiert. Bei einer Fanreise vor zwei Jahren habe sie versucht, auf den 41-Jährigen im persönlichen Gespräch einzuwirken, erzählte die Frau. Doch er habe ihr gegenüber nur ihre Unversehrtheit versichern wollen, für ihren Partner könne er „nichts garantieren“. Sie äußerte den Wunsch vor Gericht, mit ihrem Partner in Frieden leben zu können: „Es muss ein Ende her!“
Als der Angeklagte von einer weiteren Liaison der Frau aus der Presse erfuhr, ging es ab Mitte 2019 in noch heftigerer Weise los. Ihr aktueller Partner wurde in kürzesten Zeitabständen mit ordinären Verwünschungen und Morddrohungen bedacht. Erst nach einer Hausdurchsuchung der Wohnung des 41-Jährigen ebbten dessen Attacken urplötzlich ab.
Account des verstorbenen Vaters benutzt
Der Angeklagte hatte mehrere Accounts genutzt, um seinen Klarnamen zu verschleiern. So sendete er auch über den Account seines verstorbenen Vaters, der selbst ein Fan der Frau war und der ihn mit 16 Jahren auf die Künstlerin aufmerksam gemacht hatte. 1998 trat der Angeklagte, volljährig geworden, in ihren Fanclub ein. Was seine E-Mails anging, stellte der 41-Jährige die meisten Inhalte völlig in Abrede und versuchte die Spur auf ihm unbekannte Dritte zu lenken. Darauf pochte auch sein Pflichtverteidiger Jürgen Richter, der in seinem Plädoyer einen Freispruch für seinen Mandanten forderte – ohne Erfolg.
Staatsanwalt Michael Schneider sagte, dass der Angeklagte unter einer Realitätsverdrängung leide. Eine Strafaussetzung zur Bewährung sei wegen eines möglichen „Wiederaustickens“ des 41-Jährigen nicht mehr möglich. Darauf hob auch das Urteil des Schöffengerichts ab. Richterin Selig sagte in ihrer Begründung, dass der Angeklagte keinerlei Reue oder Einsicht gezeigt habe. Sollte er keine psychologische Beratung in Anspruch nehmen, sei die Gefahr eines Rückfalls groß.