In der Kreistagssitzung am Montag, 22. Oktober, um 14 Uhr im Landratsamt werden die dort vertretenen Fraktionen final darüber entscheiden, ob eine getrennte Biomüllsammlung eingeführt wird. Neben der in sämtlichen Nachbarkreisen längst etablierten Biotonne soll die Kreisverwaltung beauftragt werden, auch andere Möglichkeiten in einem Hol- oder Bringsystem auszuloten. Ihr Werksausschuss Kreisabfallwirtschaft stimmte vor anderthalb Wochen bei einer Gegenstimme dafür, sich einer gesonderten Biomüllsammlung nicht länger zu widersetzen. Dies auf Druck des Umweltministeriums, das daran erinnerte, dass seit 1. Januar 2015 gesetzlich dazu die Pflicht besteht. Das Ministerium kündigte der Kreisverwaltung an, verwaltungsrechtliche Maßnahmen zu erwägen, sollte Sigmaringen dieser Pflicht nicht nachkommen. Der SÜDKURIER zeigt auf, wie die Entsorgung des Biomülls in drei Nachbarkreisen gehandhabt wird.

- Bodenseekreis: Laut Stefan Stoeßel, Amtsleiter des Abfallwirtschaftsamtes ist die Biotonne flächendeckend in allen 23 Kreisgemeinden zum 1. Januar 1994 eingeführt worden. „Zuvor haben wir 1991 bis 1993 in einigen Gemeinden den Biomüll in Versuchen gesammelt“, erklärt der Amtsleiter. Seither stehen für jeden Haushalt separate Abfallbehälter für den Rest- und Biomüll zur Verfügung. Die Leerung der Bioabfälle erfolgt grundsätzlich vierzehntägig mit einer Ausnahme in Überlingen. Haushalte, die organische Abfälle selbst kompostieren, können Ermäßigungen auf die Abfallgebühren oder sogar eine Befreiung von der Biotonne beantragen. Auf einem Grundstück können sich Haushalte auch zu einer sogenannten Abfallgemeinschaft zusammenschließen und die Abfallbehälter gemeinsam nutzen. Allerdings werden Gründe, wie zuwenig verfügbarer Platz, vom Gesetzgeber als Argument nicht akzeptiert. Dafür gibt es die Behältergemeinschaften unter beengten Verhältnissen. Wer weiterhin kompostieren wolle, könne sich unter bestimmten Voraussetzungen von der Biotonne befreien lassen. Dazu müssten allerdings je im Haushalt lebender Person 25 Quadratmeter Grünfläche nachgewiesen werden. Diese Regelung hat das Umweltbundesamt festgelegt. Befreiungen von der Biotonne würden ausschließlich von den Städten und Gemeinden im Bodenseekreis genehmigt. Benötigt würde dazu eine Grundstücksplan, um den tatsächlichen Nachweis der erforderlichen 25 Quadratmeter erbringen zu können. Die Jahresgebühr ist gestaffelt von 72 bis 126 Euro nach Ein- bis Fünf- und Mehrpersonenhaushalten. Vergünstigungen sind ebenfalls nach zwei- und vierwöchiger Entleerung gestaffelt.
- Landkreis Ravensburg: Dieser hat seit 1. Januar 2016 die Biotonne für Küchen- und Gartenabfälle eingeführt. Die Biotonne hat einen braunen Deckel. Geleert wird alle zwei Wochen. Damit sie dem jeweiligen Haushalt zugeordnet werden kann, ist die Tonne mit einem Chip versehen. Die angeboten Größen sind 40, 60, 120 und 240 Liter. Die Jahresgebühr liegt zwischen 26 und 156 Euro. In der Zeit von 17. September bis 12. Oktober wurden mit der Leerung der Biotonnen auch Beutel mit neuen Filtermatten an die bereitgestellten Biotonnen gehängt, beigefügt war eine Betriebsanleitung für den richtigen Einbau. Die speziellen Filterdeckel seien so konzipiert, dass sie üble Gerüche zurückhalten. Fliegen, Ratten und anderes Ungeziefer würde somit ferngehalten und das Pilzwachstum gehemmt. So bedeute eine Leerung im vierzehntägigen Rhythmus kein Problem, da Geruchsstoffe eingeschlossen bleiben.
- Zollernalbkreis: Dieser vermerkt nicht ohne Stolz, als einer der ersten Landkreise in Baden-Württemberg die Biotonne 1992 flächendeckend eingeführt zu haben. Nach anfänglich starken Steigerungsraten der Biomüllmengen registrierte das Abfallwirtschaftsamt in den Jahren zuletzt einen kontinuierlichen Rückgang. Zugleich stellte die Behörde fest, dass der Restmüll, der mit den grauen Restmülltonnen eingesammelt wird, zu über einem Drittel Biomüll enthält und dazu mit einer verschlechterten Qualität im Vergleich zu den Anfangsjahren. Dabei sei Biomüll viel zu schade, um einfach nur mit dem Restmüll verbrannt zu werden. Nur aus reinem und sauberem Biomüll könne wieder ein hochwertiger Kompost entstehen, wissen die Verantwortlichen. Friedrich Scholte-Reh vom Abfallwirtschaftsamt liefert wertvolle Tipps zum Biomüll. Dass zum Beispiel die Zugabe von Gesteinsmehl oder Algenkalk aus dem Gartenfachhandel die Gerüche und Fliegenmaden verringern würde. Dazu hat der Zollernalbkreis die Broschüre Biomüll „Nix verkomma lassa“ herausgegeben. Sie zeigt auf, weshalb es wichtig ist, den Biomüll sorgfältig von den anderen Abfällen zu trennen.
"Viele Bürger im Kreis sprechen sich explizit für eine Biotonne aus"
Andrea Bogner-Unden ist die gewählte grüne Landtagsabgeordnete und bezieht Stellung zur Biotomüllentsorgungsdebatte im Kreis.
Der grüne Umweltminister Franz Untersteller ist wegen seiner Vorgabe zur getrennten Biomüllsammlung schwer ins Visier von Kritikern aus dem Kreistag geraten...
Die Verpflichtung zur getrennten Sammlung von Biomüll beruht auf einem Bundesgesetz, das von einer CDU-geführten Regierung erlassen wurde. Das Land ist dazu verpflichtet, dieses Gesetz umzusetzen. Der Umweltminister hat dem Landkreis Sigmaringen sehr lange Zeit gelassen, eine geeignete Regelung zu finden. Daher finde ich es schade, dass bei diesem Thema versucht wird, den grünen Umweltminister zum Sündenbock zu machen. Das scheint bei der CDU aktuell leider Methode zu sein.
Was ist für den Kreis besser: ein Hol- oder ein Bringsystem?
Wir sollten lieber gemeinsam überlegen, welche Form der Biomüllentsorgung für unseren Kreis am sinnvollsten ist. Dabei lohnt ein Blick über den Tellerrand: Es gibt mehrere Landkreise, die eine ähnliche ländliche Struktur haben. Da ich es für unwahrscheinlich halte, dass alle anderen Kreistage Baden-Württembergs Fehlentscheidungen getroffen haben und nur Sigmaringen richtig liegt, möchte ich dafür werben, sich anderen Sichtweisen zu öffnen. Dazu gehören ausdrücklich alle fachlichen Aspekte, die das Umweltministerium führt. Das Land verfolgt engagiert seine Ziele für Energiewende und Klimaschutz. Es will den Ausbau der Bioabfallvergärung voran bringen, die eine wesentlich bessere Klimabilanz hat als eine Kompostierung. Ihre Anlagen liefern zusätzlich erneuerbaren Strom und Wärme.
Wie ist denn Ihre Wahrnehmung
zur Biotonne?
Bei meinem Gesprächen mit Bürgern im Kreis Sigmaringen habe ich viele Stimmen gehört, die sich explizit für eine Biotonne aussprechen. Nicht alle haben ein Einfamilienhaus mit eigenem Garten und Kompost, um den anfallenden Biomüll zu verwerten. Angesichts der Tatsache, dass der Landkreis bisher die niedrigsten Müllgebühren landesweit hat, halte ich einen moderaten Anstieg für vertretbar, wenn dadurch alle ihren Biomüll sach- und umweltgerecht entsorgen können.