Jugendbeteiligung ist ein Schlüssel zur Verwurzelung von Jugendlichen in einem Gemeinwesen. Nur wer mitgestaltet, wird Teil des Gemeinwesens – und sich dafür einsetzen, so heißt die Devise im Landkreis Sigmaringen, die im Wesentlichen über das Modellvorhaben „Land(auf)Schwung“ verknüpft ist. Dieses zielt in erster Linie auf die Entwicklung und Stärkung des ländlichen Raumes ab. Das Modellvorhaben ist auf die Bedürfnisse junger Menschen unter 35 Jahren fokussiert. Die Schulstandorte sollen gesichert, die Attraktivität des Kreises damit herausgestellt werden, um ein Ausbluten durch Abwanderung junger Menschen zu verhindern.
Beteiligungsmodell 14er-Rat
Zwei Zielrichtungen des Bundesprogramms sind darin aufgenommen: die regionale Wertschöpfung und die Daseinsvorsorge. Wie könne die Beteiligung von Jugendlichen aussehen? Darum geht es im Projekt „Jugend, Kultur, Engagement“ – und der Umsetzung der Idee eines 14er-Rates. Dies haben Dietmar Unterricker, Leiter der Kinder- und Jugendagentur ju-max im Landratsamt Sigmaringen, Fachbereich Jugend, und Roland Schönbucher in der Projektleitung Jugendbeteiligung bei einer Fachtagung vorgestellt. „Wir wollen mit Jugendlichen in den Gemeinden in Kontakt kommen, wir wollen ein Beteiligungsmodell für Jugendliche aufbauen und daraus Jugendkultur entwickeln“, sind sich die beiden Macher absolut einig. Für sie ist das Alter von 14 Jahren gut geeignet: Die Jugendlichen haben noch keinen Schulabschluss in Sicht, sie sind noch nicht intensiv in andere Ehrenämter eingebunden. Sie kennen sich im Dorf oder der Gemeinde untereinander, sie haben gemeinsam Kindergarten und Grundschule besucht und sie haben – vom Verein abgesehen – jetzt eher weniger Kontakt durch die verteilten Schulorte.
Als Besonderheiten und Herausforderungen bei der Jugendbeteiligung sieht Unterricker jene Gemeinden ab 600 Einwohnern mit vielen Teilorten an, bei denen es keine weiterführenden Schulen mehr gibt. Durch die Verteilung der Jugendlichen auf mehrere Schulstandorte sei ihre Präsenz am Ort immer kürzer.
Umgesetzt werden soll das Vorhaben, in dem der Bürgermeister oder die Bürgermeisterin die 14-Jährigen dazu einlädt, im 14er Rat mitzumachen. Dann sollen die Jugendlichen in moderierter Form erörtern, was gut und was weniger gut in der Gemeinde läuft und ihre eigenen Ideen dazu entwickeln. Sie ordnen sich einer Projektidee zu und versuchen diese in den nächsten Monaten umzusetzen. Unterstützt werden sie durch eine pädagogische Fachkraft, die das moderiert. Konzipiert werden soll der 14er Rat zunächst auf ein Jahr. Voraussetzung für die Funktionalität eines solchen Jugendrates sei natürlich, dass Bürgermeister und Gemeinderat die Jugendlichen aktiv unterstützen und auch die Offenheit besteht, sich auf den Prozess mit den Jugendlichen und deren Ideen einzulassen. Auch sollte gegen Ende der Laufzeit im Gemeinderat über die Ergebnisse und die Weiterführung mit diesen Jugendlichen diskutiert werden. Projektträger ist das Forum Jugend, Soziales und Prävention.
Unterstützung in Projektphase
In der personellen Umsetzung wird eine Servicestelle beim Landratsamt mit einer Person für die konzeptionelle Arbeit, für die Anleitung der Mitarbeiter, für die Koordination und Abrechnung eingerichtet. Pro Gemeinde soll es für die einjährige Projektphase einen Mitarbeiter vor Ort geben, der beim Landkreis fest angestellt ist. „Wir können gleichzeitig vier Gemeinden bedienen“, kündigt Dietmar Unterricker an. Als Kostenumfang werden 138 000 Euro jährlich für das Gesamtprojekt angesetzt. In der Kostenaufteilung übernimmt „Land(auf)Schwung“ mit 80 Prozent den Löwenanteil, der Landkreis ist mit 20 Prozent dabei.
In der in Zahlen erhobenen Jugendbeteiligung vor anderthalb Jahren variiert die Anzahl der Jugendlichen zwischen vier in Ostrach, sieben in Illmensee, bis zu 25 in Schwenningen und 27 in Scheer und Neufra. In sieben Gemeinden gab es bislang 167 Treffen. Zehn Themen seien erfolgreich umgesetzt worden, 15 weitere in Planung.
14er-Rat und Rechtliches
Grundlage für die Initiatoren sind Paragrafen der Gemeindeordnung in Baden-Württemberg. Sie besagen, dass die Gemeinde bei Planungen und Vorhaben, die Interessen der Heranwachsenden berühren, Kinder in angemessener Weise beteiligen soll und Jugendliche beteiligen muss. Dafür seien von der Gemeinde geeignete Beteiligungsverfahren zu entwickeln. In einem weiteren Paragrafen wird gefordert, dass jungen Menschen die zur Förderung ihrer Entwicklung erforderlichen Angebote der Jugendarbeit zur Verfügung zu stellen sind. Sie sollen von ihnen mitbestimmt und mitgestaltet werden.
Der 14er Rat ist oder soll in zwölf Gemeinden ins Leben gerufen werden und zwar in Illmensee, Scheer, Inzigkofen, Sigmaringendorf, Hettingen, Neufra, Schwenningen, Ostrach, Wald, Krauchenwies, Leibertingen und Veringenstadt. Die Städte Pfullendorf, Sigmaringen und Gammertingen haben ein eigenes Beteiligungsmodell. Mengen ist derzeit in Planung. In Sigmaringendorf könnte das Projekt wieder neu angeschoben werden. (jüw)