Der Neuhausener Gemeinderat hat dem Bauantrag zum Funkmast der Telekom im Ortsteil Schwandorf ein weiteres Mal das Einvernehmen versagt. In der Sitzung am vergangenen Dienstag stimmte neben einem Gemeinderat nur noch Bürgermeisterin Marina Jung dafür, das Einvernehmen zu erteilen. Das Baurechtsamt wird den Bauantrag für den geplanten Standort aber trotzdem genehmigen. Aus seiner Sicht liegen keine rechtlichen Gründe vor, um die Baugenehmigung abzulehnen.

Standortsuche begann bereits 2017

Ein ähnlicher Mobilfunkmast wie dieser in Meßkirch soll in Neuhausen ob Eck aufgestellt werden.
Ein ähnlicher Mobilfunkmast wie dieser in Meßkirch soll in Neuhausen ob Eck aufgestellt werden. | Bild: Sturm, Heinrich

Dass im Ortsteil Schwandorf die Versorgung mit mobilem Internet verbessert werden muss, daran zweifelt keiner der Beteiligten. Der Ortsteil ist ein sogenannter „White Spot“. Die Telekom kommt mit dem geplanten Mast ihrer Verpflichtung nach, solche Lücken in der Versorgung mit mobilem Breitband zu schließen. Bereits 2017 hat sie mit der Standortsuche in Schwandorf begonnen. Damals ließ die Verwaltung die Anfrage der Telekom nach einer geeigneten Fläche der Gemeinde aber offenbar unbeantwortet.

Chance auf Einflussnahme vertan

Damit war auch die Chance vertan, Einfluss auf die Standortwahl zu nehmen. Was damals geschehen ist, lässt sich heute nicht mehr nachvollziehen, auch weil inzwischen eine neue Bürgermeisterin und ein neuer Gemeinderat gewählt sind. Wenn im Prozedere der Standortwahl für einen Funkmast keine Rückmeldung einer angefragten Gemeinde erfolgt, dann wendet sich die Telekom an private Grundstückseigner. So ist es auch in Schwandorf geschehen, wo im Gewann Seewasen ein Grundstück eines privat Eigners gefunden und angemietet wurde. Geplant ist dort nun ein 43 Meter hoher Funkmast.

Bürger fühlen sich übergangen

Erst spät, als die Standortsuche praktisch schon abgeschlossen war, erfuhren der Ortschaftsrat und die Schwandorfer Bürger von dem Vorhaben. Da waren schon alle Entscheidungen getroffen und alle Verträge fixiert. Dass sich die Bürger beim heiklen Thema Mobilfunk übergangen fühlten, äußerte sich auch in der großen Zahl von Besuchern der Ortschaftsratssitzung im vergangenen Dezember. In der Sitzung sprach sich der Schwandorfer Ortschaftsrat dafür aus, dem Gemeinderat zu empfehlen, gegen das Einvernehmen zu stimmen. Der Ortschaftsrat kritisierte außerdem, dass der jetzige Standort für den Mast die Ortsteile Volkertsweiler, Holzach und Hattelmühle nicht mitversorge. Er schlug stattdessen vor, den Mast einige hundert Meter weiter südlich aufzustellen, was aus seiner Sicht die Versorgung für die oben genannten Ortsteile verbessern könnte.

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Der Wunsch nach mehr Beteiligung und Information fand bei der Verwaltung Gehör. Sie lud zur abermaligen Beratung und Abstimmung über den Bauantrag am vergangenen Dienstag Daniel Eger ein, Kommunalbeauftragter Mobilfunk Baden-Württemberg der Deutschen Telekom AG. Eger stellte gegenüber den Gemeinderäten nochmals dar, wie die Entscheidung zur Standortwahl zustande gekommen war. Auch die technischen Aspekte für die Wahl des Standortes wurden erläutert. Eger erklärte auch, dass sich der Bau des Funkmasts um zwei Jahre verzögern würde, wenn man die Standortfrage noch mal neu stellen würde. Dem Argument, dass einige Ortsteile von Schwandorf nicht versorgt würden, hielt er entgegen, dass diese von anderen – ebenfalls geplanten – Funkmasten abgedeckt würden. Da der Schwandorfer Funkmast Teil einer Gesamtplanung sei, könne man ihn auch nicht mehr so leicht verschieben.

Kein Versäumnis von Marina Jung

Bürgermeisterin Marina Jung hätte in so einem Fall den Gemeinderat frühzeitig informiert und in die Überlegungen einbezogen.
Bürgermeisterin Marina Jung hätte in so einem Fall den Gemeinderat frühzeitig informiert und in die Überlegungen einbezogen. | Bild: Sturm, Heinrich

„Wir lehnen nicht das Projekt ab, sondern das Prozedere, meinte Heinz Rebholz, stellvertretender Ortsvorsteher in Schwandorf, der während der Gemeinderatssitzung im Publikum saß. Ähnlich äußerten sich auch Gemeinderäte vor der erneuten Abstimmung. „Eine solche Informationsveranstaltung hätte schon vor zwei Jahren stattfinden sollen. Das Versäumnis sei aber nicht Bürgermeisterin Jung anzulasten, sondern ihrem Vorgänger“, erklärte Gemeinderat Alfred Steppacher. Bürgermeisterin Marina Jung meinte, sie hätte in so einem Fall den Gemeinderat frühzeitig informiert und in die Überlegungen einbezogen.

Gemeinderatsbeschluss wird ersetzt

Das sogenannte „gemeindliche Einvernehmen“ ist ein baurechtlicher Begriff und kommt nur zum Tragen, wenn es sich bei der Baugenehmigungsbehörde und der Gemeinde um zwei verschiedene Behörden handelt. In Neuhausen ob Eck ist das der Fall: Hier ist das Baurechtsamts Tuttlingen als Baugenehmigungsbehörde zuständig. Im Falle des Bauvorhabens eines Funkmasts in Schwandorf sind die rechtlichen Voraussetzungen offenbar alle erfüllt, auch liegt eine Standortbescheinigung der Bundesnetzagentur vor, sodass der Gemeinderat das gemeindliche Einvernehmen eigentlich nicht hätte verweigern dürfen. Deshalb wird mit hoher Wahrscheinlichkeit das Baurechtsamt die Entscheidung des Gemeinderats „ersetzen“, wie es im Gesetzestext heißt und die Baugenehmigung für den Funkmast in der jetzigen Form erteilen. Mit der endgültigen Inbetriebnahme ist erfahrungsgemäß zwei bis drei Jahre nach Genehmigung des Bauantrags zu rechnen.

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