Seit 2017 kürt das Freilichtmuseum Neuhausen ob Eck in jedem Jahr eines seiner historischen Häuser zum „Haus des Jahres“. In diesem Jahr ist es das „Haus Mennwangen“, das für die Museumsbesucher besonders in Szene gesetzt wird. In diesem Fall mit einer Ausstellung im Objekt und um es herum. Am 12. Mai wurde die Ausstellung mit politischer Prominenz und einem Podiumsgespräch eröffnet, zu sehen ist sie bis zum 3. Oktober.

Ungewöhnlicher Weg für eine solche Ausstellung

Bei herkömmlichen Ausstellungen wird das Ausstellungsobjekt zumeist so restauriert und in Szene gesetzt, dass Schäden und Mängel nicht mehr sichtbar sind. Im Freilichtmuseum Neuhausen sind die Ausstellungsmacher beim Haus Mennwangen einen anderen Weg gegangen. Mit den Schäden wurde ganz offen umgegangen und die Widersprüche des Hauses und seiner Konstruktion ganz bewusst in den Vordergrund gestellt.

Fehlstelle an der Außenfassade des aus dem 17. Jahrhundert stammenden Haus Mennwangen.
Fehlstelle an der Außenfassade des aus dem 17. Jahrhundert stammenden Haus Mennwangen. | Bild: Heinrich Sturm

Das Haus Mennwangen stand ursprünglich – wie es der Name sagt – in Mennwangen, einem Teilort der Gemeinde Deggenhausertal im Bodenseekreis, bis es bis 1994 nach Neuhausen ins Freilichtmuseum „transloziert“ (Versetzen historischer Gebäude) wurde. Bereits an der Außenfassade des aus dem 17. Jahrhundert stammenden Hauses, ist eine der „Fehlstellen“ deutlich zu sehen. Schädlinge haben das Bauholz so stark zerstört, dass es vollständig ersetzt werden musste. Eine der „zerfressenen“ Bohlen haben die Ausstellungsmacher in den Aufsteller vor dem Haus integriert. Dem Erklärtext ist zu entnehmen, dass die Bohle 2021 ersetzt wurde und zwar mit handwerklichen Methoden, die Zimmerleute in der Vergangenheit für solche Fälle genutzt haben.

Die Ausstellung möchte den Besucherinnen und Besuchern Anregung geben, über das eigene altgewohnte selbstverständliche Wohnen ...
Die Ausstellung möchte den Besucherinnen und Besuchern Anregung geben, über das eigene altgewohnte selbstverständliche Wohnen nachzudenken, erklärte Museumsleiter Andreas Weiß. | Bild: Heinrich Sturm

Aber nicht nur mit den „Fehlern“ des Hauses geht die Ausstellung offen um, auch mit seinen Geheimnissen: So ist beispielsweise unklar, warum einer der Räume im Haus gar keine Fenster hat. Von außen ist zu erkennen, dass es wohl mal eine Öffnung gab. Warum diese verschlossen wurde, darüber darf reichlich spekuliert werden. Und das ist wohl auch die Intention der Ausstellungsmacher: der Besucher darf über die insgesamt sieben Fehlstellen und Geheimnisse in der Ausstellung Vermutungen anstellen, spekulieren, Geschichten spinnen und fantasieren. Er ist beteiligt, anstatt mit zahlreichen historischen Fakten „gefüttern“ zu werden.

Zeitzeuge auf dem Podium

Auf dem Podium im Gespräch: der stellvertretende Museumsleiter Christof Heppeler und Zeitzeuge Hubert Steidle.
Auf dem Podium im Gespräch: der stellvertretende Museumsleiter Christof Heppeler und Zeitzeuge Hubert Steidle. | Bild: Heinrich Sturm

Hubert Steidles Großmutter bewohnte lange Jahre das Haus Mennwangen. Und obwohl Steidle es in seiner Kindheit oft besuchte und viel über das Haus weiß, bleiben viele Fragen offen. „Das Haus war immer eine Zeitreise. Es hat immer Ecken und Nischen gehabt, die zu erkunden waren. Das war eine schöne Zeit“, erinnerte sich Steidle. Zwar konnte er das Geheimnis um die Feuerstelle im Haus, deren Rauch offenbar früher wie bei einem Rauchhaus im Raum belassen wurde, nicht lösen. Dafür konnte er aber berichten, dass das Feuermachen im Haus irgendwann vom Schornsteinfeger verboten wurde, weil die Brandgefahr zu groß war. Am Podiumsgespräch, das vom stellvertretenden Museumsleiter Christof Heppeler moderiert wurde, war außerdem Philipp Schäle beteiligt. Wichtig sei es, eine regelmäßige Sichtkontrolle zu machen, sagte der Experte für die Translozierung auf die Frage Heppelers, wie ein Gebäude wie das Haus Mennwangen vor dem Verfall zu schützen sei.

Über das eigene Wohnen nachdenken

Historische Gebäude könnten Antworten auf aktuelle Fragen bieten, meinte Landrat Stefan Bär.
Historische Gebäude könnten Antworten auf aktuelle Fragen bieten, meinte Landrat Stefan Bär. | Bild: Heinrich Sturm

„Eine Aufgabe von Museen ist es, seine Objekte immer wieder neu zu beleuchten und thematisch neu zu entdecken“, sagte der Tuttlinger Landrat Stefan Bär bei der Eröffnung der Ausstellung. Dadurch könnten historische Gebäude Antworten auf aktuelle Fragen bieten und auch Denkanstöße und Anregungen für das Heute geben, meinte der Landrat weiter.

Die Bürgermeisterin von Neuhausen ob Eck Marina Jung lobte die besondere Beziehung zwischen der Gemeinde und ihrem Freilichtmuseum.
Die Bürgermeisterin von Neuhausen ob Eck Marina Jung lobte die besondere Beziehung zwischen der Gemeinde und ihrem Freilichtmuseum. | Bild: Heinrich Sturm

Die Bürgermeisterin von Neuhausen ob Eck Marina Jung lobte die besondere Beziehung zwischen der Gemeinde und dem Freilichtmuseum. Wir sind als Gemeinde Deggenhausertal stolz, dass im Freilichtmuseum ein historischer Mosaikstein unserer Gemeinde einen Platz gefunden hat und dadurch ein Stück Heimatgeschichte vermittelt werden kann, sagte Fabian Meschenmoser, der Bürgermeister der Gemeinde Deggenhausertal. „Die Ausstellung möchte den Besucherinnen und Besuchern Anregung geben, über das eigene altgewohnte selbstverständliche Wohnen in den eigenen vier Wänden nachzudenken“, erklärte Museumsleiter Andreas Weiß.

Der Bürgermeister der Gemeinde Deggenhausertal Fabian Meschenmoser ist stolz, dass das Haus Mennwangen einen Platz in Neuhausen gefunden ...
Der Bürgermeister der Gemeinde Deggenhausertal Fabian Meschenmoser ist stolz, dass das Haus Mennwangen einen Platz in Neuhausen gefunden hat. | Bild: Heinrich Sturm

Nach dem Besuch der Ausstellung durften die Gäste der Eröffnungsfeier den Abend am Haus Mennwangen bei Getränken und Häppchen ausklingen lassen. Bald wird das Museum zur nächsten Eröffnung einladen: Die Ausstellung im Freilichtmuseum „Triumph bleibt im Karton!“ beginnt am 29. Mai. Sie befasst sich mit Werbegrafik der 1950er bis 1970er Jahre aus Stetten am kalten Markt.