Karlheinz Fahlbusch

Das Obertor ist noch immer das Wahrzeichen von Pfullendorf und von weither aus jeder Richtung sichtbar. Auch die Jakobuskirche, das ehemalige Amtsgericht samt Gefängnis und das alte und neue Krankenhaus prägen die Silhouette. Doch auch moderne Industriebauten haben längst dazu geführt, dass das Stadtbild sowohl einen Blick in die Vergangenheit als auch in die Moderne ermöglicht. Und nicht zuletzt ist aus einem Dorf die drittgrößte Stadt im Landkreis Sigmaringen entstanden. Rund 13 500 Einwohner leben hier und viele Menschen haben auch einen Arbeitsplatz in einem der vielen Betriebe.

1959 prägte die Ziegelei Ott die Vorstadt. Sie ist längst verschwunden und ebenso das Bewusstsein, dass die Vorstadt wohl älter ist als ...
1959 prägte die Ziegelei Ott die Vorstadt. Sie ist längst verschwunden und ebenso das Bewusstsein, dass die Vorstadt wohl älter ist als die Kernstadt mit ihrer Stadtmauer. | Bild: Archiv Karlheinz Fahlbusch
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Beurkundung am 2. Juni 1220 in Worms

Seit 800 Jahren darf sich Pfullendorf „Stadt“ nennen, was am 2. Juni 1220 in Worms beurkundet wurde. Bereits am bei einem Reichstag in Frankfurt am Main hatte Staufer-König Friedrich II. Ende April 1220 die Siedlung im Linzgau zur königlich-staufischen Stadt erhoben. Von einer Stadtmauer oder gar Stadttoren war da aber noch nichts zu sehen. In den Geschichtsbüchern geht man davon aus, dass es nach 500 nach Christus die von den Franken hier angesiedelten Alemannen waren, die sich im Oberen Linzgau niederließen.

Alte Ansichten von Pfullendorf Video: Fahlbusch, Karlheinz

Wohl im neunten Jahrhundert wurde dann das Dorf Pfullendorf gegründet, das seinen Namen nach einem Riedgelände mit weitläufigen Wasserflächen ableitete. Es muss wohl sehr sumpfig gewesen sein, daher der Ausdruck „Pfuhl“. Als letzter Rest ist der Stadtsee übrig geblieben. Die Behausungen standen aber keineswegs da, wo sich heute die Innenstadt befindet, sondern auf dem Gebiet der Vorstadt, die sich heute vom Stadtsee bis zum Seepark-Center ausdehnt. Genaugenommen sind also die Vorstädter die wahren Pfullendorfer.

Gründung der Marktsiedlung um 1150/1155

Um etwas 1150/1155 wurde dann oberhalb des heutigen Stadtweihers eine Marktsiedlung gegründet. Auf dem Molassehügel hatte sich Graf Rudolf eine kleine Burg gebaut. Und man ging davon aus, dass der die Siedlung wohl beschützen würde. Gegen ein großes Feuer jedenfalls, das im Jahr 1219 wütete, konnte der Adlige, der eigentlich vom Ramsberg bei Großschönach stammte, aber nichts ausrichten. Als die Flammen erloschen, muss wohl nur noch wenig übrig geblieben sein.

1671 soll die Stadt so ausgesehen haben. Deutlich zu sehen ist die große Wasserfläche, wo sich heute der Stadtpark befindet. Das ...
1671 soll die Stadt so ausgesehen haben. Deutlich zu sehen ist die große Wasserfläche, wo sich heute der Stadtpark befindet. Das Originalgemälde ist verschwunden. Diese Kopie befindet sich in Privatbesitz und wurde von Alois Ebner im Jahr 1989 gefertigt. | Bild: Archiv Karlheinz Fahlbusch

Ortspfarrer Ulrich machte sich deshalb zu einem Bittgang zu König Friedrich II. auf. Irgendwie schaffte es der Gottesmann, dass Friedrich Pfullendorf zur Stadt erhob. Und das war nun ein echtes Konjunkturprogramm. Denn die Handwerker bekamen jetzt viel zu tun. Es mussten vier Stadttore mit Wehrtürmen und eine Stadtmauer errichtet werden. Bezahlen mussten das aber vorwiegend die Bürger. Das ist bis heute so geblieben, denn öffentliche Gebäude werden aus Steuergeldern finanziert. Nachdem die Staufer 1268 in männlicher Linie ausgestorben waren, zog König Rudolf von Habsburg im Jahre 1282 die Stadt unmittelbar an das Reich. Von da an war Pfullendorf eine Reichsstadt und führt noch heute den Reichsadler im Wappen. 1803 kam man dann zum Großherzogtum Baden.

So sieht die Stadt in Richtung Mengen heute aus. Der alte Wasserturm wurde durch ein neues Bauwerk ersetzt und die Wohngebiete haben ...
So sieht die Stadt in Richtung Mengen heute aus. Der alte Wasserturm wurde durch ein neues Bauwerk ersetzt und die Wohngebiete haben sich enorm ausgedehnt. | Bild: Achim Mende/ Archiv Karlheinz Fahlbusch

Stadt bleib von großen Zerstörungen über die Jahrhunderte verschont

Die Kriege der Jahrhunderte forderten in der Stadt vor allem Todesopfer, von großen Zerstörungen blieb man weitgehend verschont. Aber auch so manche positive Entwicklung ging an Pfullendorf vorbei. Zwar gab es seit 1873 einen Bahnanschluss, doch von einer industriellen Entwicklung konnte erst nach dem Zweiten Weltkrieg die Rede sein. „Durch die Industrialisierung seit der Mitte der 1950er Jahre hat sich das ärmliche Ackerbürger- und Handwerkerstädtchen in ein dynamisches und prosperierendes Industrie- und Dienstleistungszentrum verwandelt“, sagt Edwin Weber, Leiter des Kreiskultur- und Archivamtes.

Diese Fliegeraufnahme wurde als Postkarte veröffentlicht und im Jahr 1920 verschickt. Der damalige Wasserturm (ganz oben) stand noch auf ...
Diese Fliegeraufnahme wurde als Postkarte veröffentlicht und im Jahr 1920 verschickt. Der damalige Wasserturm (ganz oben) stand noch auf weiter Flur. | Bild: Archiv Karlheinz Fahlbusch

Karl Rossknecht war das erste Unternehmen, das man als Industriebetrieb bezeichnen könnte. Mit den Alno-Werken für Einbauküchen und dem Schweizer Sanitärhersteller Geberit erfolgten dann weitere Industrieansiedlungen. Heute haben auch die Kramer-Werke ihren Sitz in Pfullendorf.

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Großen Einfluss auf die Stadtentwicklung hatte auch die Bundeswehr. Mit dem Bau der heutigen Staufer-Kaserne wurde 1957 begonnen. Im Gegensatz zu Mengen-Hohentengen und Sigmaringen ist Pfullendorf auch nach der Bundeswehrreform Standort geblieben.

So sah Pfullendorf um 1816 aus. Da standen noch alle vier Stadttore. Das Modell steht im Stadtmuseum im Untergeschoss des 700-jährigen ...
So sah Pfullendorf um 1816 aus. Da standen noch alle vier Stadttore. Das Modell steht im Stadtmuseum im Untergeschoss des 700-jährigen Schober-Hauses. | Bild: Archiv Karlheinz Fahlbusch