SÜDKURIER öffnet Türen in Lautenbach
Einen besonderen Nachmittag erlebten die Teilnehmer der Aktion "SÜDKURIER öffnet Türen", die einen Blick in Werkstätten und Wohngebäude der Lebens- und Arbeitsgemeinschaft Lautenbach werfen konnten. Beim Gang durch Schreinerei, Metallwerkstatt, Gärtnerei und Weberei wurden die Besucher von vielen Mitarbeiter herzlich mit einem "Du" begrüßt und stolz erzählten sie von ihrer Beschäftigung. Die gute Laune und Zufriedenheit steckte an, und so fiel der Abschied mit jedem weiteren Arbeitsplatz genauso herzlich aus.
Werkstattleiter erklärt Arbeitsabläufe
215 Menschen mit Assistenzbedarf arbeiten in Werkstätten und 175 wohnen in Lautenbach. Werkstattleiter Erwin Schäferling führte durch die maschinell gut ausgestattete Schreinerei, in der in Handarbeit die unverwüstlichen Bollerwagen mit dem sinnigen Namen "Holländer" gebaut werden. "Wichtig ist, dass wir die Arbeit so organisieren, dass Jeder, auch schwächere Menschen, daran teilhaben können", erklärte der Handwerksmeister, dass man fast ausschließlich Massivholz verwende, bei dessen Verarbeitung viele Sinne angesprochen würden.
Mit Akribie und Liebe zum Detail erhalten die Holzteile im "Bankraum" per Hand buchstäblich den letzten Schliff. Wie in der Schreinerei wurden die Besucher auch in der Metallwerkstatt mit einem freundlichen "Hallo" begrüßt und die Mitarbeiter erzählten von ihrem Arbeitsplatz.
Weberei ist ein Hort der Ruhe
In zehn Arbeitsschritten entstehen aus der angelieferten Schafswolle, die mehrfach gewaschen und gesäubert wird, Teppiche, Babytragetücher, Fensterbilder oder auch Geschirrtücher. Bis zu 2,5 Meter breit kann so ein Teppich werden, der als Auftragsarbeit erledigt wird, wobei monatlich ein Auftrag für ein solches Unikat in Lautenbach eintrifft, erläuterte Vertriebsleiterin Veronika Treubel. Ein wahrer Renner sind die Babytragetücher, die auch von einigen der bundesweit 120 Babytrageschulen empfohlen werden.

Die eigene Demeter-Landwirtschaft mitsamt der Demeter-Gärtnerei sind gleichzeitig Beschäftigungs-, Ausbildungs- und Versorgungsstätte. So kann die Küche, wo täglich 280 Mittagessen zubereitet werden, mit vielen Eigenprodukten beliefert werden. Dazu gehören auch die Milch der eigenen Kühe und das Schweinefleisch der alten Rasse "Hallesches Hausschwein". Im Laden "Querbeet" werden die eigenen Erzeugnisse sowie zugekaufte Produkte angeboten, um dem Kunden ein vielfältiges Angebot zu bieten.
Hohe Standards für Wohngebäude vorgeschrieben
Beim Besuch eines Wohngebäudes erklärte Vorstandsmitglied Klaus Hilsenbeck, dass Lautenbach sich vor 16 Jahren vom einstigen "Hauselternprinzip" verabschiedete. Damals lebten Menschen mit Behinderung als vollwertige Mitglieder in einer Mitarbeiterfamilie. Heutzutage leben Betreute und Mitarbeiter in Wohngruppen immer noch unter einem Gebäudedach, allerdings in getrennten Wohnungen. Jeder Mensch mit Handicap hat ein eigenes Zimmer, dazu gibt es Gemeinschaftsräume, an die die Mitarbeiterwohnungen angrenzen, sodass eine Betreuung jederzeit gesichert ist. Hilsenbeck verhehlte nicht, dass die baulichen Anforderungen des neuen Landesheimgesetzes wie barrierefreier Wohnraum für die Lebensgemeinschaft eine große finanzielle Herausforderung bedeuteten.

Als die Besucher im großen Versammlungssaal das Porträt von Rudolf Steiner entdeckten, erklärte Hilsenbeck, dass das Leben in Lautenbach, sich, an dessen anthroposophischer Lehre orientiere, die auf dem Dreiklang von Leib, Seele und Geist basiert. "Jeder Mensch hat Entwicklungspotenzial und die Haltung gegenüber dem Mitmenschen ist von Respekt und Wertschätzung geprägt", benannte er als wichtigste Grundpfeiler der Steiner'schen Lehre. Groß war das Bedürfnis der Teilnehmer bei Kaffee und Kuchen im "Kontor" zur Diskussion mit den Verantwortlichen, um noch mehr über diese besondere Welt zu erfahren.